Neue Studie zu Hitzeresistenz von Wiens Fiakerpferden
Mitte Februar denkt noch niemand an 35 Grad Außentemperatur. Die Wiener Fiakerpferde, die auch jetzt draußen stehen, werden erst im Frühling, bei den ersten Hitzetagen, wieder in den Fokus der Debatte rücken. Bis dahin interessiert sich fast niemand für sie. Außer eben Touristen – und ein paar Forscherinnen.
Schon seit Jänner steht ein Team der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmed) mehrmals die Woche an den innerstädtischen Fiakerstandplätzen. Im Rahmen der Dissertation von Tierärztin Carina Krcal werden 50 ausgewählte Fiakerpferde auf ihre Hitzeanpassungsfähigkeit hin untersucht.
„Wir wollen wissen, wie es den Pferden mit der Hitze geht und ab wann die Temperatur zu einer relevanten Mehrbelastung wird“, sagt Krcal. Grundsätzlich gehe es dabei um individuelle Faktoren, also welche Pferde besonders gut und welche eher schlecht mit der Hitze umgehen können. „Daraus können wir Schlüsse für die künftige Auswahl der Pferderassen ziehen.“
Untersuchungen zwei Mal in der Woche
Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Ein ganzes Jahr lang, bis Ende Dezember, werden laufend die Daten der Pferde erhoben. Circa zwei Mal in der Woche finden Untersuchungen statt. Zuerst im Stall und anschließend – noch am gleichen Tag – im Fiakergespann auf der Straße. Nach den ausführlichen Untersuchungen im Stall werden die Tests auf der Straße möglichst zügig durchgeführt. „Wir wollen die Tiere nicht unnötig stressen, die Fahrer nicht zu lange aufhalten und nicht zu viele Blicke von neugierigen Touristen auf uns ziehen“, sagt Krcal.
In nur zwei bis vier Minuten werden deshalb unter anderem die Atmung, der Puls, die Körpertemperatur, die Menge an Schweiß sowie die Sonneneinstrahlung auf das Gebiss des Zaumzeugs, also wie heiß das Metall wird, erhoben. Welche Strecke das Pferd zuvor zurückgelegt hat und wie lange es bereits am Standplatz steht, wird ebenfalls erfragt.
In Wien gilt ein Hitzefahrverbot für Fiaker ab 35 Grad Celsius. Aus der Opposition sowie von Tierschutzorganisationen wurde wiederholt gefordert, das Fahrverbot bereits ab 30 Grad zu verhängen. Jährlich im Sommer entspannen sich darüber hitzige Diskussionen.
19 Fiakerbetriebe mit rund 1.200 Arbeitsplätzen und 324 Fiakerpferden gab es im Jahr 2023 in Wien. Seit Jänner führt ein Team der Vetmed eine Hitzestudie durch. Ein ganzes Jahr lang werden dafür 50 Pferde untersucht. Mit der von der Stadt versprochenen Studie hängt das aber nicht zusammen
Daten wie die Fassadentemperatur und die Außentemperatur werden nebenbei gemessen. Damit sich das alles in kürzester Zeit ausgeht, wird Krcal von zahlreichen Studierenden unterstützt, die aus den erhobenen Daten ihre Diplomarbeiten verfassen. Zum Verhalten von Pferden im Gespann in der Stadt zum Beispiel.
Zusammenarbeit mit den Betrieben
Informiert sind aber auch die Kutscher. Mit zwei Betrieben, Fiaker Paul und Fiaker Chytracek, besteht eine Zusammenarbeit. Die Tage der Datenerhebung werden deshalb mit den Betrieben abgestimmt. „Die Pferde sind nicht die ganze Woche auf der Straße. Wir müssen also genau planen, wann wir welches Pferd untersuchen, damit alle circa gleich oft drankommen“, sagt Krcal. An welchen Tagen die Tests durchgeführt werden, hänge aber auch von der Temperatur ab. Wenn es in einer Woche einen besonders heißen Tag gibt, wird an dem Tag jedenfalls gemessen – auch im Februar schon.
Dass nicht punktuell, sondern über einen längeren Zeitraum, etwa einem Jahr, hinweg gemessen wird, sei wichtig. Sprich: Es müssen auch Daten von den Monaten gesammelt werden, in denen die Pferde nicht in der Hitze arbeiten. „Wir brauchen gute Basiswerte.
Wir müssen wissen, was für die Pferde normal ist, sonst können wir nicht sagen, was abnormal ist“, sagt Theresia Licka, Pferdesportmedizinerin der Vetmed. Und da werden einige Daten zusammenkommen. Allein von Jänner bis Mitte Februar wurden schon 180 Datensätze gesammelt. Einen ersten Zwischenbericht soll es – wenn alles klappt – im Sommer geben. Der Endbericht folgt Anfang 2025. Finanziert wird das Projekt durch Forschungsguthaben, die Licka angesammelt hat. Die Stadt ist daran derzeit nicht beteiligt.
Stadteigene Studie
Diese plant – als Resultat der Debatten vom Vorjahr um ein Hitzefahrverbot für Fiaker ab 30 Grad – eine eigene Studie in Zusammenarbeit mit dem Bund und der Vetmed. Der Titel: „Pferdenutzung in Zeiten des Klimawandels“. Derzeit werde dafür, im Zuge einer Diplomarbeit, der Stand der Forschung erhoben, heißt es von der MA 60 (Veterinäramt und Tierschutz).
Außerdem werde aktuell die Finanzierung für die auf diese Literaturarbeit basierende Studie geklärt. Der Studienbeginn ist für das erste Quartal 2024 geplant. Zweieinhalb Jahre soll die Studie anschließend dauern, so die MA 60. Mit der Studie von Krcal und Licka würden weder die Diplomarbeit noch die geplante Studie der Stadt zusammenhängen, heißt es dazu vonseiten der Vetmed.
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