Pfandpflicht: Aufstand der Würstelstandler gegen Gewessler
Es geht um die Wurst. Besser gesagt: nicht nur um die Wurst, sondern auch um die Flasche und die Dose.
Denn ab 2025 gilt in Österreich ein Einwegpfand – und dieses sorgt unter Würstelstandbetreibern für Unmut. Daher wurde am Dienstag vor dem Kult-Würstelstand „Zum scharfen René“ auf dem Schwarzenbergplatz protestiert.
„Schauen Sie sich das an. Das ist zu 97 Prozent Luft“, sagt Sepp Bitzinger. Er hält einen großen Plastiksack, gefüllt mit leeren Plastikflaschen, in die Höhe. Seit Jahrzehnten ist Bitzinger bekannt für seine Würstelstände bei der Albertina und im Prater. Dass er dort künftig Pfandflaschen und -dosen einsammeln soll, schmeckt ihm aber gar nicht. „Luft kreuz und quer durch die Stadt zu transportieren ist doch Schwachsinn“, ärgert er sich.
Doch was genau ist überhaupt geplant?
Ab Jänner 2025 werden aufgrund eines neuen Pfandsystems für Einweggetränkeflaschen und -dosen je 25 Cent fällig. Die neue Regelung sieht zudem vor, dass Gastrobetriebe jede Flaschen- und Dosengröße, die sie selbst verkaufen, auch wieder zurücknehmen. So auch Würstelstände – die jedoch allerhand Probleme auf sich zukommen sehen: Der Aufwand sei zu groß, der Stauraum zu klein, heißt es.
Die Würstelstände haben nicht genügend Stauraum
„Für uns ist das ein riesiges logistisches Problem“, betont René Kachlir, Betreiber des „Scharfen René“. Hunderte Flaschen und Dosen würden pro Tag und Nacht zurückgegeben. „Wo sollen wir das alles lagern?“, so Kachlir. Zumal das neue System vorsieht, dass Dosen und Flaschen vor der Rückgabe nicht zusammengedrückt werden dürfen. Immerhin verfüge kaum ein Würstelstand über nennenswerten Stauraum.
Um die Dringlichkeit zu illustrieren, haben die Standler auf dem Gehsteig neben dem „Scharfen René“ einen Bereich von 86 mal 208 Zentimetern markiert: Dort sieht man, wie viel Raum Paletten sowie Säcke voller Dosen und Flaschen einnehmen.
„Wenn das wirklich so kommt, bräuchten wir den dreifachen Stauraum. Ich weiß nicht, wo ich den hernehmen soll“, sagt Vera Tondl von „Leo Würstelstand“ am Währinger Gürtel. Seit drei Generationen, also seit 95 Jahren, werde der Würstelstand bereits von ihrer Familie betrieben. Man habe schon Vieles kommen und gehen sehen. Sie erinnere sich etwa noch gut an die Einführung der Pet-Flaschen: „Seit damals verkaufen wir mehr Getränke, da es praktisch ist, dass man diese einfach mitnehmen kann.“
Zuletzt habe man aber vor allem beobachtet, dass die Teuerung den Kunden zusetze: „Am Monatsersten gönnen sie sich noch eine teurere Portion. Ab dem 20. merken wir, dass die Leute sparen müssen.“ Nun sei zu befürchten, dass durch das Pfandsystem erneut die Preise steigen.
Ob die Kunden schon über das neue System Bescheid wissen? „Freilich“, erwidert Matthias Schosztarich, der einen Würstelstand beim Prater führt. „Es werden schon Wetten abgeschlossen, ob das klappen wird.“
Die Würstelstandler richten einen offenen Brief an die Ministerin
In einem offenen Brief fordert der Verein der Wiener Würstelstände die zuständige Ministerin Leonore Gewessler nun um eine Ausnahmeregelung: Betriebe mit einer Verkaufsfläche unter 25 Quadratmetern sollten von der Rücknahmepflicht ausgenommen werden. Unterstützung erhalten sie vom Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband Wien.
„Locker über 1.000 Betriebe in Wien“ würden von dieser Ausnahme profitieren, so Präsident Marko Fischer. Zu den 143 Würstelständen kämen nämlich noch um die 700 Imbissbuden, die Kebab oder Nudeln verkaufen, sowie die Kantinen diverser Sportvereine.
„Wir hoffen, dass die Vernunft siegt“, sagt Bitzinger. Ob er sich vorstellen könnte, sich mit Kebabständen zu solidarisieren? „Wir ziehen alle an einem Strang. Und Wien war ja immer schon multikulti“, antwortet er und lacht.
Pfandsystem sei "ein Meilenstein"
Aus dem Klimaschutzministerium heißt es indes, man habe das Pfandsystem unter Einbindung aller Beteiligten entwickelt – auch mit Vertretern kleiner Geschäfte. Immerhin könne niemand bei einem Würstelstand seine gesammelten leeren Flaschen zurückgeben, „sondern nur die ein oder zwei Dosen, die vor Ort konsumiert werden“. Das Pfandsystem sei ein „Meilenstein“ zum Schutz von Natur und Umwelt.
Kachlir wiederum betont: „Wir sind nicht gegen Umweltschutz. Und wir sind kompromissbereit.“ Doch die geplante Regelung werde in der Praxis nicht funktionieren. „Es gibt schließlich überall Supermärkte. Was wäre dabei, wenn die das Leergut einfach zurücknehmen?“
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