Wie wir früher an der Adria Urlaub machten: "Gepflegte Biere" und ein Bad im Sand

Abbazia (Opatija) war bereits um die Jahrhundertwende ein prominenter Kurort.
Ein kleines Wiener Museum erzählt über die Zeit, in der Österreich noch eine Seemacht war – etwa über Urlaub am Meer um die Jahrhundertwende. Eine Zeitreise an den Sehnsuchtsort Adria.

Wenn jemand eine Reise tut ... so führt diese im Sommer oft ans Meer. Was man danach erzählen kann? Im Idealfall von Sonne, frischem Grillfisch oder einem kühlen Bier am Strand. Auch wenn die Realität – Handtuch an Handtuch, Schirm an Schirm – die Gemütlichkeit mitunter etwas beeinträchtigt.

Doch wie gestaltete sich Urlaub am Meer um die Jahrhundertwende, lange vor dem Massentourismus?

Fährt man heute auf Adria-Urlaub, kann man sich kaum vorstellen, dass weite Teile dieser Küste einst zu Österreich gehörten. Immerhin war Österreich-Ungarn bis 1918 eine bedeutende Seemacht. Tatsächlich gibt es in Wien heute noch ein „K.u.K.-Kriegsmarinearchiv“: Ein kleines Museum, gelegen in einem Innenhof in der Schwarzspanierstraße in Wien-Alsergrund, das von rund 80 ehrenamtlichen Vereinsmitgliedern betrieben wird.

Ein nostalgischer Blick zurück

Einer von ihnen ist Fotohistoriker Thomas Zimmel: Seit etwa zehn Jahren sammelt er Fotos und Korrespondenzkarten von Adria-Reisen um 1900. Den KURIER ließ er Einblick in seine Kollektion nehmen. Diese zeigt: Wir urlauben heute ganz anders als früher.

So richtig eingesetzt habe der Tourismus in Richtung Adria um 1880, erzählt Zimmel. „Damals allerdings vorwiegend in der kalten Jahreszeit.“ 

Die Flucht vor dem kalten Winter

Wer es sich leisten konnte, floh vor den harten österreichischen Wintern ins mildere Klima der Adria. „Viele haben dort überwintert und blieben drei oder vier Monate“, beschreibt Zimmel. „Natürlich war das damals sehr elitär. Das konnte sich nicht jeder leisten, nur Adelige und die obere Bürgerschicht.“

Um 1900 etablierte sich schließlich eine zweite Urlaubssaison – der Sommer. Nach Vorbildern wie in Nizza oder Monte Carlo entstand in Opatija, damals Abbazia genannt, ein mondänes Seebad (siehe Titelbild). Die Südbahngesellschaft, die Erholungssuchende auch auf den Semmering brachte, wurde 1873 verlängert und fuhr fortan bis zur Adria. Abbazia wuchs zum Kurort von Weltrang heran. Der Hochadel genoss hier den Sommer und der Kaiser ernannte Abbazia zum ersten heilklimatischen Kurort an der österreichischen Adriaküste.

Urlaub ist die beste Medizin

Stichwort Kur: Urlaub wurde früher eng mit Kuranstalten und Heilung assoziiert. „Grado etwa war sehr bekannt für seine Lungenheilanstalt für Kinder“, erzählt Zimmel.

Wie wir früher an der Adria Urlaub machten: "Gepflegte Biere" und ein Bad im Sand

Auch der lange, flache Strand machte Grado zum beliebten Urlaubsziel.

Doch es gab nicht nur Luft-, sondern beispielsweise auch Sandbäder: „Dort wurde man bis zur Nase im warmen Sand eingebuddelt. Das sollte gut gegen Rheuma sein“, so Zimmel weiter.

Grado war übrigens auch aus einem anderen Grund sehr beliebt: „Man darf nicht vergessen, dass viele Menschen damals noch nicht schwimmen konnten“, erklärt Zimmel. Grado mit seinem langen Strand und dem flach abfallenden Wasser war also geradezu ideal für einen Badetag am Meer.

Kein Sonnenbad, sondern promenieren

Auch so ein Urlaubstag gestaltete sich anno dazumal anders als heute: Ein bis zwei Stunden habe man in der Regel in der Badeanstalt verbracht, den ganzen Tag am Strand zu verweilen war unüblich. Stattdessen habe man den Rest des Tages in eleganter Kleidung promeniert, beschreibt Zimmel. „Diese Urlaubsaufenthalte waren immer auch gesellschaftliche Ereignisse.“

Wie wir früher an der Adria Urlaub machten: "Gepflegte Biere" und ein Bad im Sand

Wichtig war, im Urlaub auch zu promenieren, wie etwa hier in Grado.

Und auch die regionale Küche, heute für viele durchaus ein Anreiz etwa für eine Reise nach Italien, wusste man einst nicht so sehr zu schätzen. „Damit hat man lange gefremdelt“, sagt Zimmel und lacht. Die Hotels in den Urlaubsorten warben daher mit „Wiener Küche“ oder mit „gepflegten Bieren“ um ihre Kundschaft.

Freilich fand das Reisen damals in ganz anderen Dimensionen statt als heute, von Massentourismus konnte keine Rede sein. 

Der Tourismus eröffnete neue Perspektiven

Der Tourismus war für die Einheimischen noch kein Ärgernis, vielmehr eröffnete er neue Perspektiven: „Zahlreiche Menschen in Dalmatien lebten damals von Wein, Schiffbau oder Fischfang“, beschreibt Zimmel. Doch im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde die Schifffahrt professioneller und effizienter, kleine Fischer und Schiffbauer konnten da nicht mithalten. „Man sucht also eine neue Einnahmequelle – der Tourismus war eine“, so Zimmel.

Im Fischerdorf Fažana etwa wurde eine Sardinenfabrik kurzerhand zur Badeanstalt umgebaut. In der gesamten Region, zum Beispiel in und um Portorož und Pola (heute Pula), entstanden Bäder und Hotels sowie Schiffsanlegestellen. Sehr beliebt beim Wiener Hof war etwa die Insel Brioni (Brijuni).

Wie wir früher an der Adria Urlaub machten: "Gepflegte Biere" und ein Bad im Sand

Brioni war vor allem beliebt beim Wiener Hof.

Doch infolge des Verlusts der österreichischen Gebiete am Meer und der Weltwirtschaftskrise kam der Tourismus in den 1920er-Jahren nach und nach zum Erliegen

„Eigentlich ist er erst in den 1960er-Jahren wieder so richtig angesprungen. Dann fuhren die Menschen mit ihrem VW-Käfer nach Grado, Caorle oder Lignano“, beschreibt Zimmel. Da wurde der Urlaub also langsam zu dem, wie wir ihn heute kennen.

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