So richtig eingesetzt habe der Tourismus in Richtung Adria um 1880, erzählt Zimmel. „Damals allerdings vorwiegend in der kalten Jahreszeit.“
Die Flucht vor dem kalten Winter
Wer es sich leisten konnte, floh vor den harten österreichischen Wintern ins mildere Klima der Adria. „Viele haben dort überwintert und blieben drei oder vier Monate“, beschreibt Zimmel. „Natürlich war das damals sehr elitär. Das konnte sich nicht jeder leisten, nur Adelige und die obere Bürgerschicht.“
Um 1900 etablierte sich schließlich eine zweite Urlaubssaison – der Sommer. Nach Vorbildern wie in Nizza oder Monte Carlo entstand in Opatija, damals Abbazia genannt, ein mondänes Seebad (siehe Titelbild). Die Südbahngesellschaft, die Erholungssuchende auch auf den Semmering brachte, wurde 1873 verlängert und fuhr fortan bis zur Adria. Abbazia wuchs zum Kurort von Weltrang heran. Der Hochadel genoss hier den Sommer und der Kaiser ernannte Abbazia zum ersten heilklimatischen Kurort an der österreichischen Adriaküste.
Urlaub ist die beste Medizin
Stichwort Kur: Urlaub wurde früher eng mit Kuranstalten und Heilung assoziiert. „Grado etwa war sehr bekannt für seine Lungenheilanstalt für Kinder“, erzählt Zimmel.
Doch es gab nicht nur Luft-, sondern beispielsweise auch Sandbäder: „Dort wurde man bis zur Nase im warmen Sand eingebuddelt. Das sollte gut gegen Rheuma sein“, so Zimmel weiter.
Grado war übrigens auch aus einem anderen Grund sehr beliebt: „Man darf nicht vergessen, dass viele Menschen damals noch nicht schwimmen konnten“, erklärt Zimmel. Grado mit seinem langen Strand und dem flach abfallenden Wasser war also geradezu ideal für einen Badetag am Meer.
Kein Sonnenbad, sondern promenieren
Auch so ein Urlaubstag gestaltete sich anno dazumal anders als heute: Ein bis zwei Stunden habe man in der Regel in der Badeanstalt verbracht, den ganzen Tag am Strand zu verweilen war unüblich. Stattdessen habe man den Rest des Tages in eleganter Kleidung promeniert, beschreibt Zimmel. „Diese Urlaubsaufenthalte waren immer auch gesellschaftliche Ereignisse.“
Und auch die regionale Küche, heute für viele durchaus ein Anreiz etwa für eine Reise nach Italien, wusste man einst nicht so sehr zu schätzen. „Damit hat man lange gefremdelt“, sagt Zimmel und lacht. Die Hotels in den Urlaubsorten warben daher mit „Wiener Küche“ oder mit „gepflegten Bieren“ um ihre Kundschaft.
Freilich fand das Reisen damals in ganz anderen Dimensionen statt als heute, von Massentourismus konnte keine Rede sein.
Der Tourismus eröffnete neue Perspektiven
Der Tourismus war für die Einheimischen noch kein Ärgernis, vielmehr eröffnete er neue Perspektiven: „Zahlreiche Menschen in Dalmatien lebten damals von Wein, Schiffbau oder Fischfang“, beschreibt Zimmel. Doch im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde die Schifffahrt professioneller und effizienter, kleine Fischer und Schiffbauer konnten da nicht mithalten. „Man sucht also eine neue Einnahmequelle – der Tourismus war eine“, so Zimmel.
Im Fischerdorf Fažana etwa wurde eine Sardinenfabrik kurzerhand zur Badeanstalt umgebaut. In der gesamten Region, zum Beispiel in und um Portorož und Pola (heute Pula), entstanden Bäder und Hotels sowie Schiffsanlegestellen. Sehr beliebt beim Wiener Hof war etwa die Insel Brioni (Brijuni).
Doch infolge des Verlusts der österreichischen Gebiete am Meer und der Weltwirtschaftskrise kam der Tourismus in den 1920er-Jahren nach und nach zum Erliegen.
„Eigentlich ist er erst in den 1960er-Jahren wieder so richtig angesprungen. Dann fuhren die Menschen mit ihrem VW-Käfer nach Grado, Caorle oder Lignano“, beschreibt Zimmel. Da wurde der Urlaub also langsam zu dem, wie wir ihn heute kennen.
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