Prominent vertreten ist – nomen est omen – der Wienerberg: Mit seinen 240 Metern ist er keine imposante Erhebung, nichtsdestotrotz erzählt seine Geschichte auch viel über die Geschichte der Stadt. Markant und bekannt ist die Spinnerin am Kreuz: Einst soll hier eine junge Frau an einem Spinnrad auf die Heimkehr ihres Mannes, der Kreuzfahrer war, gewartet haben.
Prägend für das Stadtbild
Weniger bekannt ist, dass auf dem Wienerberg auch Hinrichtungen stattfanden: Weithin sichtbar baumelten die Delinquenten hier am Galgen. Als später an der Stelle der Gemeindebau George-Washington-Hof errichtet wurde, stieß man bei den Aushubarbeiten übrigens auf deren Skelette.
Ebenso ist der Name Wienerberg ein Synonym für die Ziegelwerke, in denen die sogenannten „Ziegelböhmen“ im 19. Jahrhundert schufteten. „Auch insofern ist er für das Stadtbild prägend: Rund zwei Drittel der Stadt bestehen wohl aus Ziegeln vom Wienerberg“, fügt Marschik hinzu.
Einst hieß er Schweinsberg
Apropos Namen: Auch über sie gibt es einiges zu erzählen. So hieß der Leopoldsberg früher einmal Kahlenberg. Der Kahlenberg wiederum war einst als Schweins- oder Sauberg bekannt. Als Jan Sobieski mit seinem Heer 1683 die Osmanen vertrieb, hieß er aber schon Kahlenberg. Man stelle sich vor: „Dass das Heer vom Sauberg herabstürmte, hätte sich in den Geschichtsbüchern nicht so gut gemacht“, sagt Marschik und lacht.
Manche Namen sind leicht erklärbar: So wurde am Heuberg früher Heu eingebracht, am Wolfersberg lebten einst Wölfe. Und der Rote Berg verdankt seinen Namen der eisenhaltigen Erde.
Doch der Grüne Berg – einst schmale Gasse, heute graue Durchzugsstraße – trägt seinen Namen nicht aufgrund von üppigem Grün: Benannt ist er nach Josef Freiherr zu Grünberg, der dort um 1790 die ersten Häuser erbaute. „Viele unserer Berge sind nach ihren wohlhabenden Besitzern benannt. Das sagt auch etwas über Wien, seine Titelsucht und die Untertänigkeit gegenüber Mächtigen aus“, fügt der Historiker hinzu.
Ein prominentes Freibad
Ein Beispiel dafür ist auch das Krapfenwaldl: Der ungewöhnliche Name des 354-Meter-Hügels geht auf Kriegsrat Franz Josef Krapf zurück, der sich hier im 18. Jahrhundert ein Waldhaus erbaute. Heute ist der Name Synonym für ein prominentes Freibad: 1923 wurde das „Luft- und Sonnenbad Krapfenwaldl“ eröffnet. Es bot nicht nur eine schöne Aussicht auf die Stadt: Bereits in den 1930ern gab es hier einen Nacktbadeplatz, 1979 war es das erste Oben-ohne-Bad Wiens.
Beliebtes Ausflugsziel wurden die Wiener Berge freilich vor allem aufgrund ihrer Ausflugsgasthäuser: etwa das Häuserl am Roan, das Häuserl am Stoan oder der bei der High Society beliebte Cobenzl.
Das „unmissverständliche Symbol“, das Wien zur Bergstadt mache, sei aber die Höhenstraße, schreiben die Autoren. „Wer braucht die, um irgendwohin zu kommen? Kein Mensch“, sagt Marschik. „Man wollte damals vor allem demonstrieren, zu welchen technischen Leistungen man imstande war.“
Der Unmut der Autofahrer
Die Straße wurde vor allem für Wohlhabende mit Automobilen errichtet. „Gerüchte besagen, dass am Eröffnungswochenende 1935 zwei Drittel aller in Wien zugelassenen Autos hinaufgefahren sind“, erzählt der Historiker. Für Unmut sorgten übrigens die Arbeiter, die die Höhenstraße mit Fahrrädern bezwangen: „Über die haben sich die Autofahrer maßlos aufgeregt.“
Und für alle, die immer noch bezweifeln, dass Wien eine Bergstadt ist: Es gibt hier sogar Pinzgauer Bergziegen. Und zwar auf dem „Beag aus Mist“, wie er auf Wienerisch heißt: Die Mülldeponie Rautenweg, gleichzeitig die größte Deponie Österreichs, ist mit 190 Metern die höchste Erhebung der Donaustadt. Freilich wurden die Ziegen hier nur angesiedelt: Seit 1993 sind sie als natürliche Rasenmäher auf dem „Beag“ im Einsatz.
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