Der "langsame Tod" des Lorenz-Böhler-Spitals
Wien wächst. 2027 wird die Bundeshauptstadt zur Zwei-Millionen-Metropole werden. Doch die Zahl der Krankenhausbetten wird sinken – zumindest an einzelnen Standorten.
Treffen wird es allen voran ein besonders prominentes Krankenhaus: Das Lorenz-Böhler-Spital in der Brigittenau, seit vielen Jahrzehnten Synonym für erstklassige Versorgung von Unfallverletzungen. Damit könnte es bald vorbei sein, befürchtet die Belegschaft.
Der Grund: Die AUVA (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt) hat, wie berichtet, vor drei Jahren das Böhler und das Krankenhaus Meidling zu einem Traumazentrum fusioniert. Die Unfallchirurgie soll plangemäß in Meidling gebündelt werden, das Böhler zu „Wiens größer Ambulanz“ umgewandelt werden.
Weiters soll es in dem Spital im 20. Bezirk Beobachtungs-, Pflege- und Remobilisationsbetten geben. Darüber hinaus sollen beide AUVA-Häuser künftig eng mit den Wiener Gemeindespitälern kooperieren.
Die Detailplanung soll bis Ende des Jahres abgeschlossen sein, sagt Richard Gauss, Geschäftsführer des Wiener Gesundheitsfonds, zum KURIER, der seitens der Stadt in der Reform involviert ist.
Heftiger Protest
Gar nicht einverstanden ist die Belegschaft des Böhler-Spitals. Von einem „langsamen Tod“ des Traditionshauses ist intern und gegenüber dem KURIER die Rede. Belege dafür gab es zuletzt viele, beklagen sie: Die Zahl der Intensivbetten wurde von zehn auf sechs reduziert, die Zahl der Anästhesisten halbiert, was eine Versorgung von „frischverletzten Patienten kaum mehr möglich“ mache. Auch geplante Operationen könnten nur mehr „nach monatelangen Wartezeiten“ durchgeführt werden, kritisieren die Mitarbeiter, die eine massive Benachteiligung zugunsten des zweiten Standortes in Meidling orten. Das zeige auch die Sperre des Schockraums, die von Samstag bis Dienstag verordnet wurde. Die Patienten wurden ins UKH Meidling weitergeleitet, heißt es in einem Schreiben, das dem KURIER vorliegt.
Seitens der AUVA verweist man auf personelle Engpässe, die in den vergangenen Monaten aufgrund von Langzeit-Krankenständen und Pensionierungen aufgetreten seien. „Dieser konnte mittlerweile aber behoben werden. Die Versorgung der Patienten war zu jedem Zeitpunkt gewährleistet“, sagt eine Sprecherin. Die während der Corona-Krise verschobenen Operationen würde man nun sukzessive nachholen.
Gleichzeitig verteidigt sie die Umstrukturierung: „Mit dem Traumazentrum Wien geht die AUVA den Weg einer modernen, integrierten Unfallversorgung“, sagt die Sprecherin. „Die Versorgung der Patienten in beiden Häusern wird aufeinander abgestimmt weiterentwickelt.“
Auch seitens der Stadt Wien will man nichts von einem Aus des Böhler-Spitals wissen: „Es ist ein Fixstarter im Wiener Gesundheitswesen, das als bettenführendes Haus erhalten bleiben muss“, betont Gauss. Er will auch keine Indizien dafür erkennen, dass man das seitens der AUVA anders sehen würde.
Aufgaben bündeln
Gleichzeitig betont er die Notwendigkeit von Umstrukturierungen: Die Bündelung bestimmter Aufgaben an einem Standort soll für höhere Fallzahlen, damit einhergehend mehr Routine und letztlich mehr Qualität sorgen.
Dass im Zuge der Neuverteilung der Aufgaben die Bedeutung und die Expertise des renommierten Böhler-Spitals verloren geht, fürchtet er nicht. „Es wäre zu hinterfragen, was an einem akutgeriatrischen Schwerpunkt schlechter sein soll als an einem unfallchirurgischen“, so Gauss. Entscheidend sei vielmehr, dass in Summe die unfallchirurgische Versorgung der Stadt Wien nicht gefährdet sei.
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