"Billa Pflanzilla" eröffnet in Wien: Schlange stehen für den veganen Supermarkt
Essen wie ein Gorilla. Wer diesem Anspruch gerecht werden will, findet jetzt eine neue Anlaufstelle im Einkaufszentrum „Gerngross“ auf der Mariahilfer Straße. Ganz richtig liegt, wer da an Blätter, Kräuter und Früchte denkt, nicht – ganz falsch aber auch nicht. Der Ernährungsplan des Primaten beruht vor allem auf einem Prinzip: Er ist vegan. Nicht umsonst ist der Gorilla der Namensgeber für die neue vegane Billa-Filiale „Billa Pflanzilla“.
Zufällig stößt man auf das kleine Geschäft im ersten Untergeschoß des Einkaufszentrums aber eher nicht. Hinter dem bereits bestehenden „Billa Plus“ ist der neue Laden leicht zu übersehen – oder gleicht eher einer kleineren Abteilung der größeren Filiale.
Aber das scheint die Kundinnen und Kunden, die sich am Donnerstag schon eine Stunde vor Ladenöffnung in einer Warteschlange eingefunden haben, nicht zu stören. Sie wissen schließlich, wofür sie da sind. „Ernährung und Nachhaltigkeit sind für mich sehr wichtig. Jetzt will ich mir den neuen Supermarkt ansehen“, sagt Isabelle, die erste in der Warteschlange. Um die 40 Leute haben sich hinter ihr angestellt.
Veganes Schokokipferl
Der Masse folgend geht es dann die wenigen Stufen hinab zur neuen „Billa-Filiale“ und zwischen die Regale mit Hafermilch und veganen Snacks. Reihum ist die Begeisterung spürbar. Produkte werden in die Hand genommen, betrachtet, wieder ins Regal gestellt. Kunden mit vollbepackten Armen zwängen sich durch die engen Flure. Ein Mitarbeiter verteilt weiße Einkaufskörbe mit dem gelben Logo der Supermarktkette. Und mittendrin steht eine kleine Theke, auf der der Bäcker Bernd Hartner und sein Mitarbeiter Christian Schwartz Kostproben ihrer Schokokipferl, Nussschnecken und Mohnstrudel verteilen.
Seit 1999 bäckt der Unternehmer aus dem Bezirk Hollabrunn vegan. „Mein Bruder hat vor 23 Jahren verkündet, dass er jetzt vegan leben wird und meine Produkte nicht mehr isst“, sagt Hartner. „Und weil ich nicht damit leben konnte, dass er meine Waren nicht mehr isst, habe ich begonnen, vegan zu backen.“
Zu Beginn habe es noch zwei Schienen des Sortiments gegeben: einmal Schokokipferl klassisch, einmal vegan. Einmal Nussschnecke klassisch, einmal vegan. Die Kunden hätten die veganen Varianten aber zunehmend bevorzugt, weshalb die klassischen Varianten gewichen seien, sagt Mitarbeiter Christian Schwartz. Dem Anspruch des Bäckers, dass die veganen Backwaren den klassischen in nichts nachstehen sollen, werden die Produkte tatsächlich gerecht. Dem Schokokipferl ist sein Veganer-Dasein überhaupt nicht anzumerken.
Fleischloses Fleisch
Neben den Backwaren beeindruckt vor allem die Fleischauswahl – die fleischlose Fleischauswahl natürlich. Aufschnitte, Würste, Hartwürste und sogar Fleischaufstriche stehen im Kühlregal.
Einen Gang weiter kann man sich seine eigene vegane Schokocreme abfüllen. Oben kommen die Haselnüsse und die veganen Schokodrops in die Nusspresse. Unten fließt die stark nach Haselnuss schmeckende Creme wieder heraus. Bier und Müsli gibt es ebenfalls zum selbst Abfüllen.
Einige Kuriositäten – zumindest gemessen an herkömmlichen Supermärkten – finden sich auch in der Obst- und Gemüseabteilung. Statt auf Plastikverpackungen setzt man auf Produkte zum selbst Abpacken: Vogerlsalat und Rucola gibt es lose. Mit einer Greifzange entscheiden Kunden selbst über die Menge. Und zwischen den Klassikern wie Radieschen und Paprika findet sich so manche Rarität: schwarze Trüffelerdäpfel aus Frankreich etwa.
Mehr als ein Trend
Der Schlange an der Kassa zufolge kommt das Konzept gut an. Zwei bis drei Produkte folgen fast jedem Kunden nach Hause. Marleen etwa kauft vegane Gyoza, einen Eierersatz und eine Kakao-Guarana-Mischung. Seit elf Jahren lebt sie vegan. Gefehlt habe ihr in ihrer Ernährung bisher nichts, sagt sie. Einige Extra-Schmankerl habe sie im Sortiment aber doch gefunden. „Für Anfänger kann so ein Geschäft den Umstieg deutlich erleichtern, da es viele Ersatzprodukte bietet.“ Außerdem müsse man hier nicht jedes Produkt auf seine Inhaltsstoffe prüfen, sondern könne darauf vertrauen, dass alles vegan ist, sagt sie.
„Wir wissen mittlerweile, dass der Genuss rein pflanzlicher Lebensmittel kein Trend mehr ist, sondern eine Entwicklung in der Gesellschaft“, sagt Verena Wiederkehr, Leiterin des pflanzlichen Sortiments bei „Billa“.
Die ersten Kundinnen und Kunden, die mit ihren gebrandeten Jute-Sackerln aus dem Geschäft strömen, scheinen ihr recht zu geben. Ob einem Gorilla das Sortiment aber ebenfalls zusagen würde, bleibt fraglich.
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