Krebsenrichter und heilige Ruh’: Wien hat wieder ein Marktamtsmuseum
Wienerischer hätte die jüngste Museumsöffnung in Wien wohl kaum sein können. Nicht weil der Bürgermeister die Eröffnungsworte sprach und auch nicht, weil der Dompfarrer etwas segnete, sondern weil Wien zwar kein Märktemuseum hat, dafür jetzt eines für das Marktamt. Es nennt sich: das Marktamtsmuseum.
Verwunderlich sei das allerdings nicht: „Das Marktamt ist die älteste Dienststelle Wiens“, sagt Alexander Hengl, Sprecher des Marktamts – und neuerdings auch Museumsdirektor. Seit 1839 gibt es in Wien so etwas wie ein Marktamt.
Gegründet wurde es vom damaligen Wiener Bürgermeister, der die Strafgelder aus etwaigen Kontrollen selbst einheben wollte – anstatt sie dem Kaiser zu überlassen. Wichtigste Aufgabe des Marktamts war damals vor allem, abzuschätzen, ob die Bevölkerung mit dem, was an Lebensmitteln vorrätig in der Stadt ist, versorgt werden kann (oder eine Hungersnot droht) und sicherzugehen, dass die Qualität der Lebensmittel auch passt.
Lebensmittelinspektoren wie heute gab es früher auch. Nur hießen sie Marktrichter, Fleischbeschauer, Krebsenrichter. Letztere etwa waren ausschließlich dazu da, die Qualität der Donaukrebse zu begutachten (zumindest bis die große Krebsenpest 1875 die Donaukrebse ausrottete).
Seit Anfang des Sommers hat das Marktamtsmuseum nun geöffnet. Am Floridsdorfer Schlingermarkt hat man ein ehemaliges Geschäft zum Museum umgebaut. Und zwar recht langwierig. Denn zuerst verzögerte die Pandemie die Umbauten, dann ein Wasserschaden und dann auch noch ein Riss im Boden.
Erdäpfeln und Rasseln
Mittlerweile empfängt das Museum aber gerne Gäste (nach Voranmeldung, Eintritt frei). Und während es auf den ersten Blick vielleicht nicht mit den spannendsten Exponaten aller Zeiten aufwarten kann (dafür mit einer Ausstellung sämtlicher Krankheiten, die Erdäpfel so haben können), ist es doch überraschend interessant, wie und mit welchen Geräten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Marktamts so arbeiten.
Ausgestellt ist beispielsweise nicht nur ein Alkoholmessgerät (Stichwort: Weinskandal), sondern auch eine Babyrassel mit spitzen Metallteilen (und die das Marktamt in den 1980er-Jahren aus dem Verkehr gezogen hat).
Am interessantesten sind allerdings die Anekdoten, die Marktamtssprecher Hengl bei der Führung erzählt. Zum Beispiel die vom Naschmarkt. Der fand ursprünglich auf der Freyung im 1. Bezirk statt und wurde erst später in die Nähe seines jetzigen Standorts, nämlich ins Freihausviertel, verlegt.
Die Umsiedelung veranlassten die Mönche des Schottenstiftes. Das allzu lebhafte Markttreiben war ihnen zu laut geworden – auf der Freyung wollten die Mönche ihre Ruhe zurückhaben. Die heilige Ruhe.
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