Währing: Für immer auf Sommerfrische
„Bei genauer Betrachtung der Straßenfront fallen die Fenster auf, doch sonst bleibt wenig zu entdecken. Geht man jedoch wenige Schritte zur Seite, erschließt sich die abgestufte Seitenfront und die Öffnung der Villa Richtung Garten.“
So unspektakulär beschreibt Autorin Marie-Theres Arnbom in ihrem kürzlich erschienen Buch „Die Villen von Pötzleinsdorf“ eines der Meisterwerke von Adolf Loos: die Loos-Villa in der Starkfriedgasse Nummer 19.
Heute residiert dort der israelische Botschafter. Erbaut wurde die Villa in den Jahren 1927 bis 1928 – im Auftrag der Kunsthandwerkerin Anny Wottitz und des Textilunternehmers Hans Moller.
Das Ehepaar reihte sich mit dem Bau des Terrassenhauses in eine Tradition ein: Zu dieser Zeit war es für Städter seit längerem Trend, sich in dem Weinbauort Pötzleinsdorf – heute Teil von Währing – niederzulassen.
Wer es sich leisten konnte, der erstand dort ein Grundstück und baute eine Villa – um der schlechten Großstadtluft zu entfliehen. Entweder nur für die Sommerfrische. Oder gar das ganze Jahr lang. Etwas von dieser Dynamik ist dem 18. Bezirk bis heute geblieben.
Gekommen, um zu bleiben
Zwar gibt es in Währing längst nicht mehr nur Weingärten und Villen, sondern auch dicht verbaute Grätzel mit Gemeindebauten und Zinshäusern. Aber: Der 18. Bezirk ist vergleichsweise ruhig (mancherorts sogar verschlafen). Er gilt als sicherer Stadtteil – mit guten Schulen, feudalen Botschaften und schmucken Parks.
Hierher flüchtet man vor dem Trubel der Innenstadtbezirke – um sich im gut bürgerlichen Umfeld niederzulassen (und vielleicht sogar eine Familie zu gründen).
Vorausgesetzt, man hat das nötige Kleingeld: Währing ist – was Mietwohnungen betrifft – der viertteuerste Bezirk.
Allen anderen bleibt die Rolle als Zaungast: Kein anderer Bezirk eignet sich besser, um bei einem Spaziergang hübsche Anwesen – und mit ihnen ein Stück Wiener Architekturgeschichte – zu bestaunen. (Tipp: Routen sind im eingangs erwähnten Buch zu finden.) Und an Schauobjekten fehlt es in Währing definitiv nicht.
Ringstraßen-Chic
Am Hang gegenüber der Loos-Villa, in der Schafberggasse 15, befindet sich etwa die imposante Villa Gartner. Sie wurde ab dem Jahr 1905 von einem Architekten erbaut, der sich auch an prominenterer Stelle ins Stadtbild eingeschrieben hat: Jakob Gartner.
Er entwarf mehrere Prachtbauten in der Innenstadt und entlang des Rings – zum Beispiel jenes repräsentative Gebäude am Stubentor, in dem heute das Café Prückel untergebracht ist.
Noch bekannter als jene in Pötzleinsdorf sind die Villen im Cottageviertel: Ab dem 1870ern wurde die sogenannte Türkenschanze mit herrschaftlichen Ein- und Zweifamilienhäusern (den Cottages) bebaut – und zwar ganz bewusst.
Gartengründe für das Bürgertum
Die treibende Kraft dahinter war der Cottageverein, ihn gibt es bis heute. Von einer Initiative um den renommierten Architekten Heinrich von Ferstel (er entwarf etwa das Universitätsgebäude am Ring und die Votivkirche) gegründet, hatte der Verein zwei Ziele.
Erstens: dem Bürgertum Ersatz für die schwindenden Gartengründe in den inneren Bezirken zu bieten. Und zweitens: eine Alternative zu den damals entstehenden teuren Zinspalästen zu schaffen.
Das Konzept kam an. Im Cottageviertel siedelten sich viele Promis an. Darunter: der Dramatiker Arthur Schnitzler in der Sternwartestraße 71 und der Schriftsteller Felix Salten in der Cottagegasse 37.
(Der Verein Wiener Spaziergänge führt am Sonntag um 11 Uhr übrigens durch das Grätzel. Treffpunkt ist an der Kreuzung von Gymnasium- und Sternwartestraße, 18 Euro pro Person).
Teures Pflaster
In Pötzleinsdorf ist man von den Villen inzwischen auf geförderte Wohnbauten umgeschwenkt: Auf der Pötzleinsdorfer Höhe baut eine Genossenschaft aktuell 71 Mietwohnungen – es sind die ersten geförderten Wohnungen in Währing seit 35 Jahren.
Die lange Pause hat damit zu tun, dass gemeinnützige Bauträger dort kaum günstige Grundstücke finden. Entsprechend hoch ist jetzt die Nachfrage: Die Warteliste ist bereits voll.
Schmetterlinge kaufen
In Währing befindet sich Wiens einziges Fachgeschäft für Insektenkunde. In der Dittesgasse 11 kann man in Schaukästen fein säuberlich aufgespießte Schmetterlinge, schillernde Käfer und exotische Raupen bewundern – oder kaufen.
In die Sterne schauen
Die Universitätssternwarte wurde im Jahr 1755 gegründet und war damals die erste ihrer Art im deutschsprachigen Raum. 1874 übersiedelte sie vom 1. Bezirk nach Währing auf die Türkenschanze. Einmal pro Monat finden dort Führungen statt (Infos unter 01 4277 53841) .
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