Althangrund: "Bizarr, dass diese Bauhöhen enstehen können sollen"

Die Architekten Richard Manahl und Bettina Götz
Warum die Wettbewerbs-Gewinner von Artec Architekten die 126-Meter-Höhenfenster am Franz-Josefs-Bahnhof nicht ausnutzen

Der Realisierungswettbewerb für den neuen Stadtteil über dem Franz-Josefs-Bahnhof ist abgeschlossen: Das Siegerprojekt für den nördlichen Bereich bleibt unter 60 Metern Höhe und stammt vom österreichischen Architekturbüro Artec Architekten.  Bettina Götz und Richard Manahl über ihren Entwurf und die Polarisierung von Hochhäusern.

KURIER: Im Vorfeld des Wettbewerbs kursierte die Sorge, dass bis zu 126 Meter hohe Türme entstehen könnten. Wie haben Sie diesen Punkt gelöst?

Richard Manahl: Der Althangrund liegt in der historischen Stadt, nur drei Minuten vom Palais Lichtenstein entfernt und in einem Meer von gründerzeitlichen Bauten. Wir beginnen in unserem Entwurf nach der gründerzeitlichen Bauhöhe auf ca. 25 Metern zu terrassieren. Dazwischen entsteht Raum für einen öffentlichen Hochpark, der historisch getrennte Bezirksteile verbindet. Die maximale Bauhöhe ist 54 Meter, das ist nach unserer Meinung hier noch stadtverträglich. (Anm.: Der höchste Gebäudeabschluss des gesamten Areals von 58 Metern liegt künftig im südlichen Teil, am generalsanierten Bank-Austria-Gebäude) 

Bürgerinitiativen haben ja eine Zerstörung des Stadtbildes befürchtet.

Manahl: Das Volumen unseres Terrassenhauses ist horizontal und nicht vertikal angeordnet. Dadurch entsteht nicht das, was Türme ausmacht, nämlich: eine Vertikale, die aus der Masse der Bebauung herauskommt. Von der historischen Stadt, vom nahegelegenen Palais Liechtenstein fügen sich die Gebäude so in die Silhouette von Kahlen- und Bisamberg. Für uns war extrem wichtig, dass im Stadtraum zurückgestaffelt wird und die Höhe so von der Straße aus nicht wahrzunehmen ist.

Bettina Götz: Der Ausgangspunkt vom Entwurf war, die Wohnqualität der Anrainer zu erhalten. Uns war wichtig, den Lichteinfall für die Bewohner der Althanstraße und Nordbergstraße nicht zu beeinträchtigen. Das ginge mit einem Turm nicht.

Warum polarisieren Hochhäuser so?

Manahl: Hochhäuser in Wien sind nicht prinzipiell etwas Schlechtes. Sie sind aber nur dort sinnvoll, wo als Voraussetzung ein hochrangiger Verkehrsknotenpunkt und eine hohe Bebauungsdichte schon da sind. Für weitere Verdichtung gibt es dann nur noch den Weg in die Höhe. Nicht unbedingt sinnvoll war daher der Hochhausbau am Wienerberg. Fehl am Platz sind sie dort, wo sie aus einer alten, historisch gewachsenen Baustruktur unvermittelt hochgehen.

Wie etwa auch am Heumarkt?

Götz: Der Heumarkt definiert eine wichtige Leerstelle am Rand des sehr dicht bebauten ersten Bezirks, im Übergang zum Stadtpark und dem dritten Bezirk - notwendige „Luft“ in der städtebaulichen Struktur also. Eine zusätzliche Verdichtung an dieser Stelle ist städtebaulich unserer Meinung nach nicht richtig. 

Investoren rechtfertigen Hochhäuser gerne damit, nötigen Wohnraum zu schaffen. Sind Hochhäuser ein probates Mittel gegen die Wohnungsknappheit?

Manahl: Sie sind kein Allheilmittel, aber eine Möglichkeit. Wir haben etwa an der Triester Straße für die GPA-WBV ein Wohnhochhaus mit drei Geschossen Gewerbenutzung im Sockel geplant. Das Haus ist seit der Dachgleiche voll, es gibt seither keinen Leerstand. 

Die Architektenkammer monierte im Jänner, dass der Stopp der Flächenwidmung durch Vizebürgermeisterin Vassilakou am Althangrund einer unzulässigen Änderung der Wettbewerbsvorgaben gleichkommt. Inwiefern war der Schritt ein Problem für Sie?

Manahl: Das war für uns kein Problem. Wir fanden es bizarr, dass diese an dieser Stelle entstehen können sollen und haben einen Weg gesucht, wie man mit diesen Flächen und Baumassen an diesem Ort verträglich umgehen kann. Wenn das nicht gegangen wäre, hätten wir unseren Wettbewerbsprojekt nicht abgegeben.

Götz: Es hat zwar diese Höhenfenster gegeben, aber mit der Möglichkeit, dass man sie nicht einhalten muss. Ein anonymer Architektur-Wettbewerb ist immer ein gewisses Risiko, und unseres war halt noch ein bisschen höher, weil wir von den Höhenfenstern abgegangen sind.

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