Die vergessenen Heldinnen des Busboykotts

Rosa Parks und Martin Luther King jr. avancierten zu Ikonen der Bürgerrechtsbewegung - doch jene Frauen, die den Busboykott organisierten, gerieten in Vergessenheit.

Eine ältere Frau, die abends mit dem Bus von der Arbeit nach Hause fährt und zu müde ist, um aufzustehen – lange hielt sich dieses Bild von Rosa Parks, das sie in ihrer Autobiografie revidierte: Sie blieb damals sitzen, weil sie es einfach satt hatte.

Die US-amerikanische Bürgerrechtlerin und Philosophin Angela Davis bezeichnet im KURIER-Gespräch Parks als "trainierte Organisatorin" . Tatsache ist, die 42-jährige Näherin Rosa Parks war auch Bürosekretärin in der NAACP-Ortsgruppe in Montgomery. Vier Monate vor ihrem Protest nahm sie an einem Workshop an der Highlander Folk School in Monteagle, Tennessee teil. Dort wurde sie für die Vorbereitung eines gewaltfreien Kampf gegen die Rassentrennung geschult sowie ungerechte Gesetze nicht mehr einfach hinzunehmen. Ob ihr Widerstand spontan entstand, oder sie sich bewusst in den Bereich für "Weiße" setzte, ist ungeklärt.
Die vergessenen Heldinnen des Busboykotts
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Weniger bekannt, aber umso bedeutsamer war die Englisch-ProfessorinJo Ann Robinson vom Alabama State College. Angela Davis kritisiert, dass ihr Name in der Geschichte meist nicht erwähnt wird. "Dank ihrer Arbeit und jener der Studentinnen und Frauen des Woman’s Political Council wurde der Boykott überhaupt erst organisiert." In der Nacht als Parks verhaftet wurde, ging sie nicht ins Bett: Robinson arbeitete mit zwei Studentinnen an Flugblättern, die sie händisch druckten und von denen sie am nächsten Tag 35.000 Stücke verteilten. Sie riefen damit die Bevölkerung auf, zu Fuß zu gehen oder Fahrgemeinschaften zu gründen. Robinson, die auch der Frauenorganisation "Women’s Political Council" vorstand, war bereits 1949 von einem Busfahrer beleidigt und gedemütigt worden.

Die Rolle der Frauen und dass sie den Boykott anführten, wird in der Geschichtsschreibung oft ausgelassen, kritisiert Angela Davis. "Es waren ja vor allem schwarze Frauen, die zuvor immer mit öffentlichen Bussen fuhren. Von ihren ärmlichen Vierteln zu den Orten, wo sie angestellt waren. Sie haben damals in Kauf genommen, ihre Jobs zu verlieren. Die Zukunft und etwas zu verändern war ihnen damals wichtiger. Diese Frauen haben damals den Wandel gebracht, heute sind sie vergessen."

Die vergessenen Heldinnen des Busboykotts
Wikimedia commons E.D.Nixon
Unmittelbar nach ihrer Verhaftung wandte sich Rosa Parks an den 56-jährigenE.D. Nixon, einen frühen Bürgerrechtsaktivist und erfahrenen NAACP-Organisator. Er verpfändete sein Haus, um die Kaution für Parks zu stellen. Via Telefon verständigte er Freunde und Bekannte von dem Vorfall. Nixon war ehemaliger Funktionär der „Brotherhood of Sleeping Car Porters“, der größten Gewerkschaft schwarzer Arbeiter in den USA. Seine Kontakte reichten auch in viele andere Bundesstaaten, wo er Unterstützer mobilisierte.
Nixon war es auch, der auf den 26-jährigen BaptistenpfarrerMartin Luther Kingjr. aufmerksam wurde. Während der Boykott vorbereitet wurde, lud er den neu zugezogenen King ein, auf einer Kundgebung zu sprechen. Später sagte Nixon: "Ich wusste immer, dass dieser Kampf eines Tages einen Punkt erreichen würde, an dem redegewandtere Leute wichtige Aufgaben übernehmen mussten, wenn wir Erfolg haben sollten."

Am 5.12.1955 sprach Martin Luther King bei einer Veranstaltung 7000 Zuhörern in der Holt Street Baptist Church. Er hatte nur 20 Minuten Redezeit – und überzeugte alle: "Wenn wir falsch liegen, liegt das Oberste Gericht dieser Nation falsch. Wenn wir falsch liegen, liegt die Verfassung der Vereinigten Staaten falsch. Wenn wir falsch liegen, liegt Gott der Allmächtige falsch. Wenn wir falsch liegen, war Jesus von Nazareth nur ein utopischer Träumer, der niemals auf Erden gewandelt ist“. King wurde in Folge zum Vorsitzenden, der an diesem Tag gegründeten, "Montgomery Improvement Association" (MIA). Und später zum berühmtesten schwarzen Bürgerrechtler.

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