USA

"Nie gedacht, einen schwarzen Präsidenten zu erleben"

Reverend Ransom, Weggefährte von Martin Luther King, über Bürgerrechte, den Bus-Boykott und Obama.

Vor zwei Jahren konnte der KURIER die Gelegenheit wahrnehmen, Elbert Ransom, ein Urgestein der US-Bürgerrechtsbewegung, zum Gespräch zu treffen. Im Interview erzählte er über die Ereignisse seit Dezember 1955, über Martin Luther King und Rosa Parks.

KURIER: Reverend Ransom, wie lernten Sie Martin Luther King Jr. kennen?

Elbert Ransom: Ich bin 1954 nach Alabama gekommen, auf das State College für Schwarze. Mein Gesangslehrer kannte King und machte uns bekannt. King war selbst neu in der Stadt Montgomery und wurde dort Pastor in der Baptistenkirche.

Wie begann Ihr Engagement?

Begonnen hat es mit Rosa Parks: Am 1. Dezember 1955 weigerte sie sich, in einem für Schwarze und Weiße getrennten Bus aufzustehen. Sie wurde verhaftet. Und das war der erste Schritt zu einer neuen Gesellschaft.

Was passierte dann?

Die Nachricht ihrer Verhaftung verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Wir trafen uns alle und kamen überein, einen Antrag an die Stadtväter zu stellen. Wir zahlten zehn Dollar Kaution für Rosa; und unsere Treffen gingen weiter. Irgendwann brauchten wir einen Sprecher, ein Gesicht. Das war klar Martin Luther King, auch wenn er sich zunächst geweigert hat. Und wir beschlossen, am 5. Dezember die Busse zu boykottieren.

Wie verlief der Tag?

In der Früh fuhren noch Schwarze mit und als ich das sah, verlor ich sofort alle Hoffnung. Aber nach und nach wurden sie weniger, und schließlich fuhr keiner mehr mit. Als die Busse in die Garage zurückbeordert wurden, war das für uns ein großer Sieg. Denn wir wussten, uns könnten Schläge drohen, Jobverlust oder Gefängnis. Damals war es durchaus möglich, dass ein Schwarzer aus dem Gefängnis nie mehr zurückkehrte.

Wieso dauerte der Boykott dann so lange?

Er dauerte ein Jahr. Wir beschlossen, ihn zu wiederholen, bis sie auf unsere Forderungen eingingen. Und die Stadt ließ sich allerlei Tricks einfallen, doch wir ließen uns nicht beirren. Auch viele Weiße waren dabei. Es war – wie King sagte – eine menschliche Unternehmung. Und dann beschloss das Oberste Gericht endlich, die Rassentrennung in den Bussen aufzuheben.

Hatten Sie jemals Angst?

Naja, wissen Sie, mein Cousin Medgar Evers wurde erschossen, weil er Bürgerrechtler war. Aber ich hatte trotzdem keine Angst, ich war eben jung. King und die anderen waren sehr stark und zögerten nicht. Wir hatten auch eine gute Zeit, haben viel gelacht.

Sind Sie zufrieden mit der heutigen Situation?

Wissen Sie, das Ergebnis unserer Arbeit sehe ich in meiner Heimatstadt. Die Kinder gehen dort gemeinsam zur Schule, die haben keine Zeit für diese Probleme. Und das liebe ich. Sie sind alle zusammen, auch wenn sie dabei nur auf ihre Handys schauen. Aber wir haben noch einen langen Weg vor uns. Der Schlüssel heißt Bildung. Stellen Sie sich vor, ich hätte niemals gedacht, dass ich je einen schwarzen Präsidenten erleben würde. Obama ist Teil der Errungenschaften von damals, der lebende Beweis: Gebt ihnen die Möglichkeit und sie machen etwas daraus. Obama ist auch speziell: Er hat Klischees, die seine Gegner erwartet haben, nicht erfüllt.

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