Boeing: Jeder Monat Flugverbot kostet zwei Millarden Euro

Boeing: Jeder Monat Flugverbot kostet zwei Millarden Euro
Flugschreiber ausgerechnet in das Heimtland des Boeing-Konkurrenten gebracht: Das erste Foto zeigt den enormen Aufprall.

Ausgerechnet Experten aus Frankreich, also aus dem Heimatland von Boeing-Hauptkonkurrent Airbus, werden nun die Ursache des Absturzes der Boeing 737-MAX8 in Äthiopien ermitteln. Der Stimmenrekorder und der Flugdatenschreiber seien nach Paris gebracht worden, teilte die betroffene Fluggesellschaft Ethiopian Airlines am Donnerstag mit. Sie würden im Laufe des Tages der französischen Behörde zur Aufklärung von Flugunfällen BEA ausgehändigt. Alleine diese Entscheidung zeigt einen enormen Vertrauensverlust gegenüber den USA und ihren Behörden.

Der Hersteller Boeing, der eine Untersuchungen in den USA haben wollte, konnte sich mit seinen Wünschen offenbar nicht durchsetzen. Der erste Plan von Ethopian Airlines, die Untersuchungen in Deutschland durchzuführen, scheiterten an der dort fehlenden Software für das neue Modell.

Der schwer beschädigte Flugschreiber:

Boeing: Jeder Monat Flugverbot kostet zwei Millarden Euro

Mittlerweile sind alle 371 Flugzeuge am Boden, der letzte landete am Mittwochabend in Halifax (Kanada). Bis diese wieder abheben können, wird es Monate dauern, wie der KURIER berichtet hat. Am Donnerstag wurde dies auch von den zuständigen Behörden bestätigt.

Vieles deutet derzeit weiterhin daraufhin, dass es schwere Probleme mit der Software gibt - dabei ist nicht mehr nur das Stabilitätsprogramm MCAS, sondern auch der Autopilot im Visier. Denn sowohl in Indonesien (Lion-Air im Oktober) als auch in Äthiopien geriet das Flugzeug kurz nach dem Start in Turbulenzen - in jener Phase, in der die Piloten den Autopiloten einschalten.

Angeblich "neue Erkenntnisse", die nun auch in den USA zum Flugverbot geführt haben, geben noch Rätsel auf. In Luftfahrtkreisen ist darüber bisher nichts bekannt. Die äthiopischen Radardaten liegen seit Sonntag vor, der Flugschreiber ist noch nicht einmal geöffnet. Die US-Luftfahrtbehörde FAA beruft sich auf Satellitendaten, deren Auswertung gerade in so einem aufsehenerregenden Fall allerdings normalerweise auch keine vier Tage dauern sollte.

Jener äthiopische Pilot, der in Addis Abeba am Steuerknüppel saß, hatte ein spezielles Training durchlaufen, das nach dem Lion-Air-Absturz angeordnet wurde. Er hätte also wissen müssen, wie man das MCAS abdrehen hätte können. Vielleicht hat dies aber nichts genutzt?

Weltweit warten Fluglinien, Behörden und nicht zuletzt der US-Flugzeughersteller selbst auf Aufklärung und Informationen, ob und wann die 737 MAX-Maschinen wieder fliegen dürfen. Denn jeder Tag, an dem die Flugzeuge nicht eingesetzt werden können, verursacht bei den Airlines Kosten, weil sie Ersatzflugzeuge einsetzen und Piloten und Flugbegleiter umdisponieren müssen. Allein die deutsche TUI-Fly rechnet mit Kosten von drei Millionen Euro pro Tag.

Milliardenumsatz jeden Monat

Boeing produziert 52 Flugzeuge im Monat, der Löwenanteil davon wohl das betroffene Modell. Eine genaue Zahl wollte Boeing nicht nennen. Die fertig produzierten Flugzeuge müssen nun erstmal bei Boeing gelagert werden. Analysten schätzen, dass das Flugverbot den US-Konzern jeden Monat 1,8 bis 2,5 Milliarden Dollar an Umsatz kosten könnte, auch wenn der sich vermutlich nur verschiebt.

Unter Druck gerät aber vor allem der Boeing-Konzern, der weiter von der Sicherheit der 737 MAX überzeugt ist. Der Mittelstreckenflieger ist die neueste Modell-Generation von Boeings Verkaufschlager 737 und bei Airlines prinzipiell sehr beliebt. Mehr als 5000 Bestellungen hat Boeing eingesammelt, aber knapp vierhundert sind erst ausgeliefert.

Diese Auslieferungen sind nun gestoppt. Keine Fluglinie wird die Jets annehmen, so lange diese nicht fliegen dürfen. Erste Airlinechefs überlegen bereits ein Stornieren des Auftrags. Für Boeing wird die Sache zu einem Desaster, das am Ende Milliarden Euro kosten dürfte.

Inzwischen wurden mehrere Angehörige zur Absturzstelle gebracht und eine kleiner Trauerfeier abgehalten. Offenbar haben sich dabei viele über mangelnde Information beklagt. Auch beim Zielflughafen in Nairobi wurden viele Verwandte nach dem Unfall stundenlang im Ungewissen gehalten.

In Österreich reagierte nun nach mehrtägiger Nachdenkpause auch das Innenministerium. Mit Verspätung wird jetzt doch ein Team entsandt, das bei der Identifizierung der österreichischen Opfer helfen soll.

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