Boeing-Pannenflieger: Das wäre eine mögliche Lösung des Problems

Neue Probleme mit der MAX8?
Allerdings gibt es erste Hinweise, dass auch der Autopilot Fehler haben könnte. Entschädigungsforderungen gegen Boeing.

In den USA hat es zwei weitere Vorfälle mit jenem umstrittenen MCAS-System gegeben, das im Verdacht steht, bei den Boeing-737-MAX8-Abstürzen in Indonesien und Äthiopien mit insgesamt 346 Toten eine Rolle gespielt zu haben. Die genauen Orte des Geschehens sind laut AP unbekannt, in einem Fall meldete der Pilot laut einem NASA-Report aber auch Probleme mit der Geschwindigkeit - wie der Pilot kurz vor dem Absturz bei Addis Abeba.

In beiden Fällen versuchte das System offenbar "aggressiv" die Nase des Flugzeugs nach unten zu drücken. Die US-Luftfahrtbehörde FAA, die den Pannenflieger weiter als "flugtauglich" ansieht, wollte dazu nichts sagen. US-Medienberichte zufolge warnten mehrere Piloten schon vor Monaten vor einem "kriminell unzureichenden Flughandbuch".

Southwest-Airlines, die 31 der MAX-Flugzeuge besitzt, hat jedenfalls bereits teilweise aufgerüstet mit einem System, das derartige Probleme minimieren soll. So wurden verbesserte "Angle-of-Attack-Anzeigen" eingebaut, dessen Meldungen über ein spezielles Display direkt an den Piloten gemeldet werden.

Im Prinzip ist dies ein weiteres Sicherheitssystem, das die genaue Fluglage des Jets anzeigt. Die Piloten haben somit ein zusätzliches Rettungsnetz und gehen nicht verloren, wenn das MCAS verrückt spielt. Doch das alles hat einen Haken.

So funktioniert das MCAS-System im Detail:

Denn um dieses "Rettungsnetz" nutzen und einbauen zu können müssen teure Zusatzsysteme installiert werden. Dies ist für Fluglinien in den USA leichter finanzierbar als für jene in Afrika, Asien oder der Südsee. Während Southwest als Folge des Indonesien-Absturzes seit Dezember entsprechend aufrüstet, müssen die anderen Fluglinien nun auf ein Software-Update warten. Vom KURIER befragte Luftfahrtexperten zweifeln aber daran, ob das so einfach geht. Flugzeugsysteme sind derartig komplex heutzutage, das jede Änderung auch Auswirkungen auf anderen Systeme hat.

Ein generelles Deaktivieren von MCAS scheint zwar für den Laien die logische Variante zu sien, allerdings würde die MAX-Serie damit die Zulassung verlieren. Denn MCAS sorgt in der Zeit von kurz nach dem Start und dem Einschalten des Autopiloten für die richtige Trimmung - das heißt, dass die Nase weder zu tief noch zu hoch ist. Deshalb kam es vermutlich genau in der Startphase zu den Problemen. Während der Lion-Air-Pilot noch elf Minuten dagegen ankämpfte, kam es bei Ethopian Airlines sehr rasch zum Absturz.

Noch problematischer könnte es aber sogar sein, wenn die Berichte der Piloten im NASA-Report so stimmen. Denn das Stabilitätsprogramm MCAS wird eigentlich deaktiviert, wenn der Autopilot eingeschaltet wird. Offenbar begannen die Probleme aber erst mit der Aktvierung des Autopiloten auf rund 400 Metern Höhe (als MCAS eigentlich deaktiv sein sollte). Allem könnte also ein weit schwerwiegenderer Fehler zugrundeliegen als bisher bekannt, vielleicht hätte dann selbst eine Abschaltung des MCAS überhaupt keine Auswirkung mehr gehabt. Harte Fakten dazu werden erst die derzeit unter Hochdruck laufenden Untersuchungen liefern.

Fest steht, dass der Pilot der Ethopian-Maschine nach dem Absturz der Lion Air ein spezielles Training absolviert hat. Er wusste vermutlich sehr gut Bescheid, wie man MCAS händisch abschaltet. Ob er es tatsächlich getan hat, ist aber noch unklar. Ein Augenzeuge berichtete, dass der Jet nach vorne und hinten schwankte und dann plötzlich kopfüber nach untern schoss.

Ein Grundproblem bleibt

Ein weiteres Problem, das nun deulich aufgezeigt wird: Die 737 hat ihren Namen noch von einem 1965 konstruierten Flugzeug. Allerdings hat die nun vierte Generation (MAX) mit der ersten so gar nichts mehr gemeinsam. Doch durch das Weiterlaufenlassen des Namens ersparen sich die Hersteller sehr viele Tests. Das ist allerdings ein Problem der gesamten Industrie, auch der Konkurrent Airbus hat den A320 nun in der vierten Generation (namens Neo).

Boeing hofft jedenfalls auf ein Update innerhalb der nächsten zwei oder drei Wochen. Normalerweise müssen solche Neuerungen aber oft Monate unter verschiedensten Bedingungen getestet werden. Ob das Boeing hinbekommt, ist noch offen.

Möglich wäre auch, dass die US-Luftfahrtbehörde eine entsprechende Aufrüstung anordnet. Dann müssten eventuell die Airlines und Fluggäste die Rechnung für alle Probleme bezahlen. Vorerst geht aber das große "Grounden" weiter, am Mittwoch erteilten etwa auch Thailand, Hongkong, Indien, Ägypten, die Türkei oder der Libanon ein vorläufiges Flugverbot. Europa hatte bereits am Dienstagabend zu dieser Maßnahme gegriffen, Deutschland hat dies vorerst auf drei Monate befristet.

Die stark betroffene Norwegian Air fordert von Boeing nun einen Ersatz auf Kosten des Herstellers. In Österreich erklärte Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ), selbst ein Pilot, dass er "nicht in dieses Flugzeug einsteigen würde".

Boeing-Pannenflieger: Das wäre eine mögliche Lösung des Problems

Statement der US-Luftfahrtbehörde: "Keine Systemprobleme"

In den USA gibt es bereits erste Pläne für eine Senatsanhörung. Die Republikaner wollen diese einberufen. "Alle Flieger sollten am Boden bleiben, bis die Ursachen der jüngsten Abstürze und die Flugtauglichkeit geklärt sind", twitterte etwa der republikanische Senator Mitt Romney. Auch die Demokraten erhöhen den Druck.

Die Gewerkschaft APFA, die die über 27.000 Flugbegleiter von American Airlines vertritt, forderte die größte US-Fluggesellschaft zu diesem Schritt auf. Auch die Gewerkschaft der Transportarbeiter (TWU), in der unter anderem die Flugbegleiter von Southwest Airlines organisiert sind, verlangte ein Startverbot.

Die US-Luftfahrtbehörde gab mittlerweile bekannt, dass es bei der Untersuchung des Absturzes in Äthiopien bisher keine Hinweise auf einen Systemfehler gibt. Wie berichtet, ist derzeit eine Theorie, dass ein Vogelschlag einen wichtigen Sensor beschädigt haben könnte. In einer Kettenreaktion könnte deshalb das System verrückt gespielt haben.

Nur noch bei sechs Airlines im Einsatz

Insgesamt gibt es mittlerweile nur noch sechs Fluglinien, die den enstprechenden Boeing-Typ betreiben, in den USA fliegen derzeit American Airlines, Southwest Airlines und United Airlines mit Maschinen dieses Typs. Zwei kanadische und eine karabische Airline setzen weiterhin darauf.

Laut n-tv wird hinter den Kulissen bereits um die Auswertung der Flugschreiber gerungen. Äthiopien will ihn demnach in Großbritannien auswerten lassen, Boeing möchte das lieber in den USA durchführen lassen. Eine Entscheidung darüber soll im Laufe dieser Woche fallen.

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