Boeing-Absturz: Stimmrekorder werden ausgewertet
Nach dem Absturz der Boeing 737 MAX 8 ist der US-Flugzeughersteller auf Ursachensuche für das Unglück, bei dem 157 Menschen ums Leben kamen. Was genau und ob letztlich die Steuerungssoftware MCAS für den Absturz verantwortlich war, sollen die Auswertungen von Stimmaufzeichnungsgerät und Flugdatenschreiber ergeben. Die Auswertung der Flugschreiber lässt Boeing in Frankreich vornehmen und nicht im Herstellerland USA, was viele als ein Indiz des Misstrauens werten.
Mit der technischen Arbeit am Stimmrekorder wurde bereits begonnen, man arbeite weiter an der Untersuchung des Flugdatenschreibers, teilte die französische Luftsicherheitsbehörde (BEA) mit. Bestätigt hat sich, dass der Pilot kurz nach dem Start einen Notruf an den Tower absetzte: "Break, break, erbitte Rückflug."
Boeing arbeitet derzeit fieberhaft an der Modernisierung der möglicherweise fehlerhaften Software. Innerhalb der nächsten zehn Tage soll das Update abgeschlossen sein, die darauffolgende Installation für das sogenannte Trimmsystem MCAS soll dann nur noch zwei Stunden dauern.
Mit der Überarbeitung der Software soll bereits vor dem jüngsten Unglück begonnen worden sein. Das MCAS-System soll bei dem Absturz am vergangenen Sonntag eine Rolle gespielt haben, da das System offenbar zu "aggressiv" eingegriffen hat. Auch die im Oktober auf ähnliche Weise abgestürzte 737 Max der Lion Air in Indonesien dürfte durch einen Fehler im MCAS-System ausgelöst worden sein.
Beide Maschinen waren kurz nach dem Abflug abgestürzt. MCAS soll an sich verhindern, dass der Schub der Triebwerke im Steigflug derart stark wird, dass sich die Maschine nicht mehr gerade ausrichten lässt. Die Nase des Flugzeugs soll dabei weder zu hoch noch zu tief steigen. Beide Unglücksmaschinen waren nach dem Start mit äußerst unregelmäßiger Flugkurve und -geschwindigkeit aufgestiegen, sanken anschließend unkontrolliert ab und schlugen steil auf dem Boden auf.
Ob es Boeing gelingt, mit dem Software-Update den Fehler endgültig zu beheben, bleibt ungewiss. Vor wenigen Tagen vom KURIER befragte Luftfahrtexperten zweifeln daran. Flugzeugsysteme sind heutzutage derart komplex, das jede Änderung auch Auswirkungen auf anderen Systeme hat. Auch müssten Neuerungen für gewöhnlich mehrere Monate unter verschiedensten Bedingungen getestet werden.
Darin liegt auch eines der Hauptprobleme der Flugbranche. Die 737 hat ihren Namen noch von dem 1965 konstruierten Modell, mit dem die nun vierte Generation (MAX) aber so gar nichts mehr gemeinsam hat. Die Hersteller versuchen sich jedoch durch das Weiterlaufenlassen des Namens viele langwierige wie teure Tests zu ersparen. Auch Konkurrent Airbus hat den A320 bereits in der vierten Generation (namens Neo).
Für Boeing ist der Absturz ein schwerer Imageschaden, der den Konzern teuer zu stehen kommen könnte, ist doch die 737 MAX8 der Verkaufsschlager des Konzerns. Seit 2017 erhielt Boeing über 5.100 Bestellungen für das Modell, 350 Maschinen lieferte der Konzern bisher aus. Der Billigflieger Norwegian Air Shuttle, der 18 Maschinen des Unglücksmodells besitzt, meldete bereits Entschädigungsforderungen an.
Rund um den Globus muss die 737 MAX am Boden bleiben, auch verzichtet Boeing auf die Auslieferung fertiger Flugzeuge. So müssen die Maschinen vorerst bei Boeing zwischengeparkt werden. Über 50 Maschinen baut der US-Flugzeugbauer im Schnitt pro Monat. Analysten schätzen, dass das Flugverbot den US-Konzern jeden Monat 1,8 bis 2,5 Milliarden Dollar an Umsatz kosten könnte, auch wenn der sich vermutlich nur verschiebt.
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