Neue Virologie-Chefin in Innsbruck: "Die nächste Pandemie kommt bestimmt"
Fünf Jahre nach Ausbruch der Corona-Pandemie ist Wolfgang Fleischhacker, Rektor der Med-Uni Innsbruck, überzeugt, dass man "die Bedeutung einer guten Virologie nicht mehr herausstreichen muss". Und stellte am Dienstag Gisa Gerold, die das Institut am 1. November von Dorothee von Laer übernommen hat, bei einer Pressekonferenz vor.
Fleischhacker meinte launig: "Wir haben in Österreich geschätzte 8 Millionen Virologieexperten." Die tatsächlichen Experten, sprich studierte Wissenschafter, waren freilich während der Pandemie mitunter mit Hass konfrontiert. "Wir dürfen uns nicht wegducken", sagt Gerold dazu. Die Aufklärung der Öffentlichkeit liege ihr am Herzen, betont sie.
Professur-Start in blau-schwarzen Zeiten
Diese sei "in Zeiten von sozialen Medien nicht einfacher geworden, aber umso wichtiger." Der Start von Gerolds Professur fällt mitten in blau-schwarze Koalitionsverhandlungen, die FPÖ-Chef Herbert Kickl ins Bundeskanzleramt befördern könnten. Der hatte bekanntlich seine ganze eigene, wissenschaftsskeptische, Sicht auf Pandemie und Impfung.
Hat die Virologin also Sorgen, dass eine FPÖ-geführte Bundesregierung die Forschung in ihrem Bereich erschweren könnte? "Das ist eine Problematik, die nicht nur Österreich betrifft. Da kann man sich in ganz Europa und in der ganzen Welt umschauen", sagt die neue Direktorin des Instituts für Virologie in Innsbruck.
Aktuell sei man aber "in einer komfortablen Situation, in der wir gut forschen können. Und ich hoffe, dass das weiterhin so bleibt. Denn schlussendlich geht es um die Gesundheit aller."
Rektor hofft auf Minister, der auf Evidenz hört
Fleischhacker sieht nach erst kürzlich abgeschlossenen Budgetverhandlungen die finanzielle Lage der Universitäten für die nächsten drei Jahre "mehr als abgesichert."
Mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen gilt es aus Sicht des Rektors, diese Gespräche abzuwarten und zu schauen, wie eine neue Konstellation dann aussieht. "Für uns Universitäten wird entscheidend sein, wer mit den Agenden Wissenschaft, Forschung und Bildung betraut wird", betont Fleischhacker.
Er wünscht sich jedenfalls Gesprächspartner, "die auf wissenschaftliche Evidenz und ExpertInnen auch hören".
Gerold ist eine solche Expertin. Nach dem Studium der Biochemie in Tübingen und ihrer Promotion am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin wechselte die Deutsche an die Rockefeller Universität in New York, wo sie im renommierten Labor für Virologie des späteren Nobelpreisträger Charles M. Rice gearbeitet hat.
Nicht in Sicherheit wiegen
Für sie steht fest: "Die nächste Pandemie kommt bestimmt." Bei der letzten sei man dadurch, dass so schnell Impfstoffe zur Verfügung gestellt werden konnten, "recht gut weggekommen". Man dürfe aber nicht meinen, dass bei der nächsten Pandemie "über Nacht Impfstoffe hergestellt werden", warnt sie auf Nachfrage.
Fleischhacker betont, dass man gerade in der pandemiefreien Zeit vorbereitend arbeiten müsse. Die Pandemievorsorge ist einer der Forschungsschwerpunkte von Gerold. Gemeinsam mit ihrem Team arbeitet sie intensiv an der Erforschung des Dengue-Virus und des Chikungunya-Virus (CHIKV).
Beide Erreger waren bisher vor allem in tropischen und subtropischen Regionen verbreitet, dringen aber zunehmend nach Europa vor.
Insgesamt zeigt sich, dass sich die Abstände zwischen Virenausbrüchen verkürzen, so die Wissenschafterin. Sie würden inzwischen alle fünf bis zehn Jahre erfolgen. Auch wenn nicht jeder Ausbruch in einer Pandemie mündet, wie Gerold betont. "Niemand auf der Welt kann sagen, welches Virus als nächstes kommt."
Vogelgrippe im Fokus
Aktuell steht im Fokus der Überwachung die Vogelgrippe, die weltweit in Tierbeständen auftritt. Besondere Aufmerksamkeit erlangte kürzlich eine Übertragung auf Milchvieh in den USA – ein Szenario, das auch in Europa nicht ausgeschlossen werden kann.
„Es gibt derzeit keine Evidenz für eine Übertragung auf Nutztiere in Europa, doch die theoretische Möglichkeit besteht, insbesondere bei Kontakt zwischen Vögeln und Nutztieren", erklärt die Virologin. Gemeinsam mit ihrem Team will sie unter anderem erforschen, "wie Viren von Tieren auf Menschen übertragen werden."
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