UVP für Ausbau Kraftwerk Kaunertal startet: Tiwag-Fokus auf Stromspeicherung

UVP für Ausbau Kraftwerk Kaunertal startet: Tiwag-Fokus auf Stromspeicherung
Die umstrittene Flutung des Platzertals würde nur "geringfügig mehr Strom" bringen, sagt Tiwag-Bauvorstand Alexander Speckle. Aber die Zeiten hätten sich geändert.
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Am Montag hat Tirols Landesenergieversorger Tiwag kurzfristig zu einer Pressekonferenz eingeladen. Dabei erklärte Bauvorstand Alexander Speckle: "Wir haben am Vormittag das Projekt Pumpspeicher Versetz eingereicht." Dahinter steht die Erweiterung des Kraftwerks Kaunertal und der Bau eines neuen Stausees im Platzertal.

Zwischen diesem und dem bestehenden, 600 Meter tiefer liegenden, Speicher Gepatsch soll nach den Plänen des Unternehmens in Zukunft Wasser je nach Bedarf hin- und hergepumpt werden. So könne man "sehr flexibel Strom speichern bzw. generieren, wenn er benötigt wird", so Speckle. 

UVP für Ausbau Kraftwerk Kaunertal startet: Tiwag-Fokus auf Stromspeicherung

Tiwag-Vorstand Alexander Speckle

Als das Tiwag-Vorhaben 2011 erstmals konkrete Formen annahm, war die Erweiterung noch als riesiger zusätzlicher Stromerzeuger geplant. Dazu wären aber auch Wasserableitungen aus dem Ötztal notwendig gewesen. Acht Jahre wurde mit der Gemeinde Sölden über die Nutzung gestritten, am Ende behielt die Tiwag die Oberhand.

Umkehrschwung der Tiwag

Nach massiven Widerständen aus der Region - und auf Druck von ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle - hat die Tiwag aber vor einem Jahr eingelenkt. Sie verzichtet, zumindest vorerst, auf das Ötztaler Wasser. Speckle will aber nicht ausschließen, dass man diese Pläne wieder aus der Schublade holt.

Vorerst wurde aber nach einer Überarbeitung des Projekts aber nur der sogenannten Projektteil I bei den Behörden eingereicht - also der Bau eines Speichers im Platzertal und des Pumpspeicherkraftwerks Versetz. Damit würde "nur gerinfügug mehr Strom erzeugt", erklärte der Tiwag-Vorstand auf Nachfrage.

Aber auch in dieser Variante sei das Vorhaben, in das die Tiwag 1,6 Milliarden Euro investieren will, trotzdem wirtschaftlich: "Es rechnet sich in der Form, in der wir es eingereicht haben." Statt auf Stromproduktion lege man nun "den Fokus auf die große Batterie", die durch die Erweiterung entstehen würde. 

Auffangen von Überkapazitäten

Die Energiewirtschaft habe sich durch den Ausbau von Windkraft und Photovoltaik in den vergangenen drei Jahren "dramatisch verändert", erklärt Speckle: "Dieses Projekt ist von europäischem Interesse." Es gehe um Versorgungssicherheit und Netzstabilität. So könne man etwa untertags Sonnenstrom speichern und abends wieder ins Netz speisen.

Die Gegner - etwa der WWF, Global 2000 oder die Alpenvereine von Österreich und Deutschland - sehen durch das Vorhaben aber in erster Linie das noch von Infrastruktur weitestgehend unberührte Platzertal mit seinen hochalpinen Moorflächen von Zerstörung bedroht

Gewarnt wird auch vor möglichen Naturgefahren, die aus dem Klimawandel resultieren und für den bereits bestehenden Gepatschspeicher und den darunter lebenden Menschen zur Bedrohung werden könnten. Eine Erweiterung des Kraftwerks könne das Risiko noch verschärfen.

Bedenken werden zurückgewiesen

"Dieses Projekt ist völlig aktualisiert", hielt Speckle den Bedenken entgegen. Das gelte auch für die Auswirkungen des Klimawandels, versicherte Tiwag-Abteilungsleiter Johann Neuner: "Wir gehen immer von worst-case-Szenarien aus." 

Naturschützer warnen, das durch das Auftauen von Permafrost labile Steinmassen in den Gepatschspeicher oder in möglicherweise aus Gletscherschmelze weiter hinten im Kaunertal entstehende Seen stürzen und so eine Sturzflut auslösen könnten.

Einkalkuliert sei auch bei beiden Stauseen, dass die "Gletscher früher oder später alle abschmelzen werden", so Tiwag-Vorstand Speckle. Aber auch ohne das in der Folge fehlende Schmelzwasser sei die Wirtschaftlichkeit nicht gefährdet: "Wir haben genau ausgerechnet, was das für die Wasserfracht ausmacht."

Fehlendes Gletscherwasser

Beim Gepatschspeicher etwa würde sich der Jahresabfluss letztlich ohne Gletscherwasser um 15 Prozent reduzieren. Im Gegenzug werde aber im Zuge des Klimawandels der Niederschlag geringfügig zunehmen. "Wir haben die Wirtschaftlichkeit auf dieses Zukunftsszenario ausgelegt."

Bis eine etwaige Erweiterung des Kraftwerks Kaunertal realisiert wird, wird aber noch viel Wasser von Tirols Bergen und den Inn hinunter fließen. Sollte es einen positiven Bescheid geben, sind Beschwerden und damit der weitere Instanzenzug in dem Verfahren vorprogrammiert

"Wir rechnen nicht mit einem Baubeginn vor 2029", erklärte Neuner. Die Umsetzung soll bis 2034 erfolgen. In den kommenden Monaten steht zunächst aber beim Land Tirol die Vollständigkeitsprüfung an. 9.000 Seiten und 440 Pläne wurden von der Tiwag für ihr größtes Kraftwerksprojekt am Montag vorgelegt. 

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