(Zu) viel Geld für den Titel: Das große Geschäft der Privatunis

An der Danube Private University (DPU) in Krems herrscht am Mittwoch großes Schweigen. Zumindest unter den Studierenden. Die Nachricht vom möglichen Ende des Medizin-Masterstudiums hat sich noch nicht bei allen herumgesprochen.
Manchen ist es egal, weil sie kurz vor dem Abschluss stehen: „Wir sind tiefenentspannt, wir sind im letzten Semester“, sagen zwei Studentinnen in einer Pause.
Auskunft geben möchte nur eine so richtig: Marga Wagner-Pischel, Präsidentin der DPU. Nach nur wenigen Minuten des Lokalaugenscheins vor dem Uni-Gebäude wird der KURIER plötzlich und ohne Termin in ihr Büro gebeten.
Dort wird demonstrative Gelassenheit vermittelt: Man sei „natürlich nicht nervös“, sagt Wagner-Pischel. Denn der derzeit laufende Prozess sei formal vollkommen normal.
Der „derzeit laufende Prozess“ – das ist das Warten auf den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts. Nachdem die österreichische Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung (AQ Austria) der Privatuni 2021 die Zulassung für ihren Medizin-Masterstudiengang entzogen hatte, legte die DPU nämlich Berufung ein. Ausgang offen.
Sigmund-Freud-Privatuniversität
Und auch wenn man in Krems so gar nicht damit in Verbindung gebracht werden möchte – ein wenig erinnert die Geschichte doch an jene der Sigmund-Freud-Privatuniversität. Sie hatte 2022 wegen Qualitätsmängeln die Zulassung für den Medizin-Master verloren. Eine aufschiebende Wirkung des Verfahrens lehnte das Bundesverwaltungsgericht ab.
Was ist da los in Österreichs Privatuni-Sektor? Mangelt es ausgerechnet an den teuren privaten Einrichtungen an Qualität? Sind die Absolventinnen und Absolventen am Arbeitsmarkt gefragt – oder dominiert dort der Gedanke, an einer Privatuni studiert, wer es anderswo nicht schafft?
Bewertet wird die Qualität der Studiengänge, wie eingangs schon erwähnt, von der unabhängigen und weisungsfreien Behörde AQ Austria. Das sogenannte Privathochschulgesetz sieht vor, dass sich jede Privatuni in regelmäßigen Abständen einer externen Prüfung unterziehen muss.
Die Gutachten, die dafür angefertigt werden, bleiben meist geheim.
Hat die AQ Austria eine Entscheidung gefällt, muss der Wissenschaftsminister sie genehmigen. Ablehnen darf er sie nur dann, wenn sie „im Widerspruch zu geltenden gesetzlichen Bestimmungen oder nationalen bildungspolitischen Interessen steht“ – so steht es im Gesetz.
Prüfverfahren für Qualitätsstandards
Die Prüfverfahren sollen dazu führen, dass die Qualitätsstandards aller Ausbildungen in Österreich erhalten bleiben, hatten Vertreter des Wissenschaftsministeriums Ende vergangenen Jahres bei einem Hintergrundgespräch erklärt. Dort stellte man den privaten Hochschulen im Großen und Ganzen auch ein durchaus gutes Zeugnis aus.
Die privaten Hochschulen haben in den letzten 20 Jahren gezeigt, dass sie verlässliche Partner für ihre Studierenden, den Hochschulbereich und die breitere Gesellschaft sind.
Grundsätzlich habe sich der Sektor gut etabliert, heißt es auch am Mittwoch aus dem Wissenschaftsministerium. „Die privaten Hochschulen haben in den letzten 20 Jahren gezeigt, dass sie verlässliche Partner für ihre Studierenden, den Hochschulbereich und die breitere Gesellschaft sind.“
In diesen 20 Jahren hat sich einiges getan. Der Markt für private Hochschulbildung ist in Österreich enorm gewachsen. Mit Stand März 2023 gibt es 19 private Hochschulen, davon zwei Privathochschulen und 17 Privatuniversitäten. Von Tirol über St. Pölten bis Seekirchen am Wallersee sprießen sie im ganzen Land aus dem Boden.
Großes Angebot an Studiengängen
Und auch inhaltlich ist das Angebot groß: Vom Bachelor in Event Engineering an der New Design University in St. Pölten, Humanmedizin an der Paracelsus Universität in Salzburg bis hin zu Sport- und Eventmanagement an der Privat-Uni Schloss Seeburg.
Woher kommt die große Nachfrage? Anton Graschopf vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung in Österreich sieht einen Grund für die dynamische Entwicklung – insbesondere im medizinischen Bereich – in den eingeschränkten Studienplätzen im öffentlichen Sektor: „Sie sind ein Ventil für jene, die sich das auch leisten können.“
Zahlungswillig sind derzeit exakt 20.038 Personen, viele davon aus dem Ausland. Von den insgesamt 391.644 Studierenden in Österreich sind das zwar nur fünf Prozent, aber fast doppelt so viele wie vor fünf Jahren.
Teurer Abschluss
Dabei ist ein Abschluss an den privaten Hochschulen meist alles andere als günstig. Allerdings: Die Kosten, die für ein Studium an einer Privatuni pro Semester anfallen, lassen sich nicht seriös im Schnitt beziffern.
Denn während man an der New Design University in Sankt Pölten 3.150 Euro pro Semester zahlt, sind es an der Paracelsus Universität in Salzburg für Humanmedizin 20.000 Euro.
Dass die Preise so weit auseinandergehen, liegt auch daran, dass sich die privaten Unis recht unterschiedlich finanzieren.
Je nach Eigentümerstruktur kommt das Geld aus privaten Mitteln (also z. B. Studiengebühren) und/oder der öffentlichen Hand (z. B. durch Länder und Gemeinden). Vom Bund erhalten private Hochschulen jedenfalls keine Mittel, da im Privathochschulgesetz ein Bundesfinanzierungsverbot festgelegt ist.
Beteiligung an Programmen
Private Hochschulen könnten sich aber an öffentlich ausgeschriebenen Forschungs-, Technologie-, Entwicklungs- und Innovationsprogrammen des Bundes beteiligen, heißt es aus dem Wissenschaftsministerium.
Und nach dem Studium? Zahlen sich die Tausenden Euro für den Titel aus? Oder wirken sich die Schlagzeilen negativ auf das Image der Privatunis aus?
Karl Wöber, Chef der österreichischen Privatuniversitätenkonferenz, sieht keine Gefahr – im Gegenteil: „Die Jobchancen, gerade im Bereich der Medizin, sind für Privatuni-Absolventen besser denn je. In den Spitälern wird händeringend nach Ärztinnen und Ärzten gesucht.“
Österreichs jüngste Einrichtung – die Charlotte-Fresenius-Privatuni in Wien – hat ihre Akkreditierung vergangenen Sommer bekommen. Im Herbst dieses Jahres startet man dort nun mit zwei Bachelorstudiengängen – Betriebswirtschaft und Wirtschaftspsychologie. Den Fokus möchte man vor allem auf Nachhaltigkeit legen.
Ungünstiger Zeitpunkt
Passiert die Eröffnung in Anbetracht der derzeit laufenden Verfahren zweier Privatunis zu einem ungünstigen Zeitpunkt? „Ja, es gibt Gegenwind, aber die Nachhaltigkeitsthemen sind so dringend, da können wir nicht warten, bis sich dieser Sturm wieder gelegt hat“, gibt sich Gründungskanzler Sams überzeugt.
Fixe Plätze bereits vergeben
Derzeit gebe es pro Tag ein bis zwei seriöse Anmeldungen für ein Studium im Herbst. Acht Plätze seien schon fix vergeben. Von einem Studium an einer öffentlichen Wirtschaftsuniversität unterscheide sich das BWL-Studium an der Charlotte Fresenius Uni durch Folgendes: Für knapp 5.000 Euro pro Semester, erzählt Sams, bekomme jeder Studierende einen persönlichen Mentor, einen Vertrauenprofessor und „engste Kontakte zur Wirtschaft“.
Ausgerechnet an der Zusammenarbeit mit dem wohl wichtigsten Kontakt für eine Privatuni mit Medizin-Studiengang scheiterte es an der Danube Private University in Krems. Die Kooperation mit einem Krankenhaus sei ausgelaufen, erzählt die Direktorin Wagner-Pischl.
Man habe bereits neue Kooperationen – gleich mit mehreren Spitälern – gestartet. Das müsse, so die Hoffnung, die Qualitätssicherungsagentur berücksichtigen.
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