Erst vor wenigen Tagen hat der Fall eines erschossenen Wolfes, der bei Tulln in NÖ in die Donau geworfen wurde, für Schlagzeilen gesorgt. Wie es beim NÖ Landeskriminalamt heißt, gibt es in dem Fall bisher wenige Hinweise. Wie Polizeisprecher Johann Baumschlager erklärt, ist der zweijährige Wolfsrüde durch ein Projektil mit großer Wahrscheinlichkeit aus einem Jagdgewehr getötet worden. Die polizeilichen Ermittlungen konzentrieren sich daher auf ein „schwarzes Schaf“ innerhalb der Jägerschaft.
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Die Tierschutzorganisationen forderten deshalb eine strengere Ahndung von Wildtierkriminalität, um Täterinnen und Täter stärker abzuschrecken. „Die illegale Verfolgung ist ein großes Problem für den heimischen Artenschutz - und kann gerade die Bestände seltener Arten bedrohen“, warnten neben Wolf-Petre auch Matthias Schmidt, Greifvogelexperte von BirdLife Österreich. Sie gehen außerdem von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele Opfer gar nicht entdeckt werden - auch deshalb, weil die Kriminellen die getöteten Tiere meist verschwinden lassen.
Wie der WWF und BirdLife am Mittwoch Bilanz zogen, haben die Tierschutzorganisationen von 2016 bis 2022 insgesamt 203 tote oder verletzte Wildvögel aus 36 Arten als Opfer von Wildtierkriminalität festgestellt. Darunter sind vor allem Greifvögel, wobei im Verhältnis zu ihren kleinen Beständen am häufigsten Rotmilane, Seeadler und Kaiseradler tot aufgefunden wurden. „Bei den besenderten See- und Kaiseradlern waren illegale Tötungen sogar die häufigste Todesursache“, sagte Schmidt.
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Von den gut 350 Meldungen mit Verdacht auf illegale Verfolgung bei Wildvögeln erhärteten sich mehr als 150 Fälle - wobei ein Fall mehrere Opfer betreffen kann. „Mit 45 Prozent machten Abschüsse den größten Anteil aus, gefolgt von Vergiftungen mit rund 25 Prozent“, sagte Schmidt.
Etwa ein Fünftel der registrierten Tathandlungen erfolgte mittels Fallenfang und bei jedem zehnten Fall kamen sogar mehrere Verfolgungsmethoden kombiniert zum Einsatz.
Alois war so etwas wie das Paradebeispiel des Greifvogelschutzes in Mitteleuropa. Ein prächtiger Kaiseradler, der in der Eulen- und Greifvogelstation Haringsee im nö. Marchfeld aufgepäppelt und 2019 mit einem Sender wieder in die Freiheit entlassen wurde.
Er lieferte aufschlussreiche Daten über das Flugverhalten, die Territorien und Gewohnheiten der majestätischen Könige der Lüfte.
Tier vom Himmel geschossen
Und dann der Schock. Wie die Telemetriedaten des Senders zeigten, fiel Alois am 19. März kurz nach 8 Uhr Früh in Gunskirchen in OÖ wie ein Stein vom Himmel. „Er dürfte auf einem Feld abgeschossen worden sein. Der Sender wurde an einer anderen Stelle in die Traun geworfen“, berichtet Matthias Schmidt von der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich. Von dort liefert er heute noch vom Grund des Flusses die Temperaturdaten des Wassers. Trotz Suchaktionen und Ermittlungen der Polizei wurde der Kadaver des Adlers bis heute nirgends gefunden.
Gift-Fall vor dem Gericht
Wie schwer es um die Strafverfolgung in Fällen von Wildtierkriminalität bestellt ist, zeigt ein Fall aus Niederösterreich. Ein damals 70-jähriger Jäger war im Sommer 2020 am Landesgericht Krems zu sechs Monaten bedingter Haft und einer Geldstrafe von 1.800 Euro verurteilt worden, weil er in Waidhofen a. d. Thaya mehrere Tiere vergiftet haben soll. Der Waldviertler soll dazu mit Carbofuran versetzte Köder ausgelegt haben. Mehrere Kadaver vergifteter Wildtiere wurden in der Tiefkühltruhe des Mannes sichergestellt.
Er soll einen Seeadler, einen Mäusebussard, einen Steinmarder sowie einen Fuchs umgebracht haben. Der Verurteilte ging in Berufung und das Urteil wurde in 2. Instanz aufgehoben. Auch für die ermittelnden Beamten des NÖ Landeskriminalamtes war die Justizentscheidung "ein Schlag ins Gesicht".
Die Naturschutzorganisationen setzen in Sachen Wilderei und Wildtierkriminalität auf verstärkte Maßnahmen zur Sensibilisierung. Dies scheint auch Früchte zu tragen. In den vergangenen beiden Jahren wurde ein Anstieg der Meldungen verzeichnet.
Bis zu drei Jahre Gefängnis
Unter Wildtierkriminalität versteht man die illegale Entnahme oder Schädigung von geschützten Wildtieren und damit in Verbindung stehende Tathandlungen. Dabei kann es sich einerseits um Verwaltungsübertretungen nach dem Jagd- oder Naturschutzgesetz handeln, andererseits können auch Vergehen nach dem Strafgesetzbuch vorliegen. Je nach Vergehen können diese mit Geld- oder Haftstrafen von bis zu drei Jahren geahndet werden.
Die häufigsten Formen von Wildtierkriminalität in Österreich sind Vergiftungen, Abschüsse oder der Fang mit Fallen. Dabei kommen auch verschiedene illegale Geräte zum Einsatz, wie zum Beispiel Tellereisen, Habichtfangkörbe, Reusen und Ähnliches, die zu erheblichem Tierleid führen können. Die Zahl der Fälle ist trotz einer leichten Abnahme seit dem letzten Bericht von 2020 besorgniserregend hoch.
Sollten tote oder verletzte Greifvögel oder streng geschützte Säugetiere ohne klar erkennbare Todesursache gefunden werden, raten WWF und BirdLife die Fälle umgehend zu melden. Die BirdCrime-Hotline lautet +43 660 869 23 27 / WWF-Hotline: +43 676 444 66 12.
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