Wie die Arbeit in einem Entwicklungshilfeprojekt das Leben verändern kann

Sarah Svoboda mit ihren Schützlingen in der Fundación Don Bosco in Ambato (Ecuador).
Sarah Svoboda erzählt über sieben Monate, die sie in Ecuador verbrachte. Und was es vor einem Auslandsaufenthalt zu beachten gilt.

„Aufregend, lehrreich, bereichernd, extrem schön“ – wenn Sarah Svoboda über ihre Zeit bei einem Entwicklungshilfe-Projekt in Ecuador erzählt, ist ihre Begeisterung spürbar. Im Alter von 19 Jahren ging die Niederösterreicherin für sieben Monate nach Lateinamerika. Ein großer Schritt, der ihr Leben prägen sollte.

Der KURIER hörte sich um, wie verschiedene Seiten von der Entwicklungszusammenarbeit profitieren können – und was es zu beachten gilt.

Österreich ist ein Land, in dem viel freiwillige Arbeit geleistet wird. Laut einer Erhebung der Statistik Austria aus 2022 engagieren sich 3,7 Millionen Österreicher ab 15 Jahren freiwillig: etwa bei der Rettung, im Kulturverein, in der Nachbarschaftshilfe oder eben im Ausland.

So wie Sarah Svoboda: Über „Volontariat bewegt“ (eine Initiative der österreichischen Entwicklungsorganisation "Jugend Eine Welt" und den "Salesianern Don Boscos") ging sie 2019 nach Ambato, eine Provinzhauptstadt südlich der Hauptstadt Quito. 

Neue Seiten des Lebens kennenlernen

„Wir haben mit Kindern aus armen Familien gelernt, ihnen bei den Hausübungen geholfen, mit ihnen gespielt und gegessen“, beschreibt Svoboda. 

Sie beherrsche nun nicht nur sehr gut Spanisch, sondern habe auch eine „ganz andere Lebensrealität“ kennengelernt: „Zum Beispiel, dass sich Kinder nicht einmal ein Federpennal leisten können. Oder dass warmes Wasser ein Luxus ist.“ Und: "Es stärkt das Selbstvertrauen. Man wird offener, spontaner, mutiger."

Aktuell ist die Lage in Ecuador angespannt

Zentrales Thema ist freilich die Sicherheit: Ecuador machte in Europa zuletzt aufgrund ausufernder Gewalt Schlagzeilen. Im Jänner kam es gar in einem TV-Studio live auf Sendung zu einer Geiselnahme. 

Während ihres Einsatzes 2019 sei die Situation weniger angespannt gewesen, erzählt Svoboda. „Wir haben gewusst, wo wir nicht allein oder bei Nacht unterwegs sein sollten. Daher hat es keine Probleme gegeben.“

Was Schwester Narciza über ihr Heimatland erzählt

Eine, die über die aktuelle Situation erzählen kann, ist Schwester Madre Narciza, die 1998 das Don-Bosco-Zentrum in Ambato gründete. 

Im Mai besuchte sie Österreich, um ehemalige Volontäre und ihre Förderpartner zu treffen – da konnte der KURIER mit ihr über ihr Heimatland sprechen: „Wir leben in einer schwierigen Zeit. Es gibt viel Gewalt, auch wegen des Drogenhandels“, erzählt sie. 

Klopapier verkaufen, um zu überleben

Vor allem in Städten wie Guayaquil und Esmeraldas sei die Lage angespannt. In Ambato sei es „schwierig, wenn auch nicht so schlimm wie an der Küste“. In Ambato machen den Menschen vor allem Armut und Arbeitslosigkeit zu schaffen: „Die Männer verkaufen auf der Straße Klopapier oder Zahnpasta, um überleben zu können.“

Wie die Arbeit in einem Entwicklungshilfeprojekt das Leben verändern kann

Der KURIER im Gespräch mit Schwester Madre Narciza aus Ecuador und Reinhard Heiserer, Geschäftsführer von "Jugend Eine Welt".

Oft müsse sie Eltern überzeugen, ihre Kinder nicht auch zum Geldverdienen auf die Straße, sondern besser in die Schule zu schicken. In der Fundación Don Bosco achte man darauf, dass die Kinder den Unterricht besuchen und Hausübungen machen. „Und wir geben ihnen ein Mittagsessen. Für viele die einzige Mahlzeit am Tag“, sagt Señora Narciza. 

Wie die Arbeit in einem Entwicklungshilfeprojekt das Leben verändern kann

Kinder aus armen Familien und auch Straßenkinder werden in der Fundación Don Bosco in Ambato versorgt. Viele bekommen hier die einzige Mahlzeit ihres Tages. 

Freiwillige in Österreich: Rund 3,7 Millionen Menschen in Österreich engagieren sich freiwillig. Die Bandbreite ist groß: Dazu zählt institutionalisierte Freiwilligenarbeit, etwa in Vereinen und Organisationen, aber auch informelle Arbeit (etwa Nachbarschaftshilfe).

„Jugend eine Welt“: ist eine österreichische Entwicklungsorganisation, die sich weltweit für benachteiligte Kinder und Jugendliche einsetzt. Über die Initiative „Volontariat bewegt“ gingen bereits 760 Menschen in andere Länder, um freiwillig in der Entwicklungszusammenarbeit tätig zu sein. Für einen Einsatz müssen die Freiwilligen rund 4.000 Euro bezahlen: Darin enthalten sind Flug, Versicherung, Kost und Logis sowie alle weiteren Projektkosten. (Dieser Betrag ist nachwirkend erstattbar, wenn Fundraising betrieben wird.) Während des Einsatzes kann man weiter Familienbeihilfe beziehen, die Freiwilligen erhalten auch ein kleines Taschengeld. Info: www.jugendeinewelt.at/freiwilligeneinsaetze

Spendenmöglichkeit: Jugend Eine Welt-Spendenkonto, Raiffeisen Landesbank Tirol, IBAN: AT66 3600 0000 0002 4000, BIC: RZTIAT22. Spenden sind steuerlich absetzbar.

Wie wichtig die Volontäre für sie sind? „Sie sind eine ausgezeichnete Hilfe“, erwidert sie und lacht herzlich. „Aber es ist auch für sie gut: Sie lernen die Sprache, sie werden Teil einer neuen Kultur.“ Sorge um die Sicherheit müsse man nicht haben, auch aktuell seien zwei Volontäre aus Österreich vor Ort. „Sie sind bei uns gut untergebracht.“

Einer, der seit Jahrzehnten Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit hat, ist Reinhard Heiserer, Geschäftsführer von „Jugend Eine Welt“. 760 Freiwillige gingen über die von seiner Organisation mitgetragene Initiative „Volontariat bewegt“ bereits ins Ausland, etwa nach Ecuador, Mexiko, Indien oder Ghana. 

Was es vor einem Volontariat im Ausland zu beachten gilt

„Wichtig ist, die jungen Menschen gut vorzubereiten“, betont er. Mitbringen solle man neben Lebenserfahrung zumindest Grundkenntnisse der Sprache, alles weitere vermittle man in Kursen vor der Abreise. 

Das Alter spiele keine Rolle: „Erwachsene gehen mit unserem ,Senior Experts'-Programm oft im Rahmen eines Sabbaticals oder in der Pension in ein anderes Land.“ Eine besondere Erfahrung sei es aber für die Jungen: „Sie machen dort Erfahrungen, die ihnen in Österreich nie möglich wären. Sie gehen als Jugendliche hin und kommen als Erwachsene zurück. Und bei vielen hat die Auslandserfahrung auch Auswirkungen auf die spätere Berufswahl“, so Heiserer.

So auch Sarah Svoboda: Sie studiert Wirtschaftspädagogik und möchte weiter mit jungen Menschen arbeiten.

Kommentare