Was die Wiener Neos von ihren Salzburger Kollegen lernen können
Der deutlich kleinere Partner zu sein in einer Koalition mit einer Partei, die seit Jahrzehnten ans Regieren gewöhnt ist und das Land dominiert. Wenn die Wiener Neos wissen wollen, wie sich das anfühlt, fragen sie Andrea Klambauer. Die 43-Jährige ist seit Juni 2018 Österreichs erste Neos-Landesrätin und sitzt für die Pinken mit ÖVP und Grünen in der Salzburger Landesregierung.
Den Anruf aus Wien hat man in Salzburg schon entgegengenommen. „Ich bin in ständigem Austausch mit Christoph Wiederkehr“, sagt die gebürtige Wienerin Klambauer über den Chef der Wiener Neos, einen gebürtigen Salzburger. Wenn Wiederkehr die Koalitionsgespräche mit der SPÖ erfolgreich abschließt, sitzt er wie Klambauer einem übermächtigen Koalitionspartner gegenüber.
Schellhorn will abtreten
Der prominente Neos-Nationalratsabgeordnete und Hotelier Sepp Schellhorn hat sich Mitte Oktober noch einmal zum Salzburger Landessprecher wählen lassen. Er kündigte aber gleichzeitig an, sich in rund einem Jahr aus dieser Funktion zurückziehen zu wollen.
Klambauer soll nachfolgen
Seine Wunschkandidatin als Nachfolgerin und auch Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2023 ist Landesrätin Andrea Klambauer. Die 43-Jährige ist jetzt schon Schellhorns Stellvertreterin.
In Salzburg sind zwar auch die Grünen mit in der Regierung. Ob ein oder zwei Partner, das sei nicht entscheidend, sagt Klambauer. „Ich bin in der Landesregierung nur eine von sieben. Dennoch ist es wichtig, dass man sich auf Augenhöhe begegnet. So eine Regierung funktioniert nur gemeinsam“, sagt sie.
Diese Lektion dürfte Wiederkehr schon gelernt haben. „Mir geht es um eine Begegnung auf Augenhöhe“, sagte er diese Woche im KURIER-Interview.
Fokus auf Kindergärten
Wie tun sich die Pinken in ihrer ersten Landesregierung – genau zur Halbzeit der Legislaturperiode? Das Agieren auf Augenhöhe ist jedenfalls keine leichte Übung, speziell was den übermächtigen Teil der Dreier-Konstellation betrifft. Es gab unbestreitbare Erfolge, vor allem bei Neos-Schwerpunktthemen.
Wenn Gegenwind bläst – oder es um unangenehme Entscheidungen geht –, kommen die unterschiedlichen Zugänge recht schnell zum Vorschein. „Es ist wichtig, dass man Leuchttürme selbst umsetzt“, sagt Klambauer.
Im Bereich Elementarbildung ist das bei einem Thema gelungen, das die Neos auch in Wien als Schwerpunkt definiert haben: Es gibt mehr Betreuungsplätze und bessere Öffnungszeiten der Kindergärten, das Budget wurde von 57 Millionen Euro für 2018 auf 74 Millionen Euro für 2021 angehoben. Beim Gemeindethema Kindergärten hat Klambauer auch den richtigen Umgang mit einem sagenumwobenen ÖVP-Machtzentrum gelernt.
„Es gibt nicht ,die ÖVP-Bürgermeister‘. Wenn man ohne Vorurteil den Menschen begegnet, gibt es viele, mit denen man gut zusammenarbeiten kann“, sagt die Landesrätin.
Baustelle Außenauftritt
Im Bildungsbereich traten aber sowohl im Frühjahr als auch im Herbst nur schlecht kaschierte Auffassungsunterschiede zwischen ÖVP und Neos zutage. Und zwar was die Corona-bedingte Schließung von Bildungseinrichtungen betrifft. Im Wohnbau-Ressort betreibt Klambauer Mangelverwaltung. Die Ziele an neugebauten Wohnungen werden regelmäßig verfehlt, die ÖVP lässt den Geldhahn zugedreht.
Mit einem Mietensenkungsprogramm durch Umschuldung erreichte die Neos-Landesrätin immerhin eine spürbare Erleichterung für aktuelle Bewohner geförderter Mietwohnungen.
Und dann gibt es in Klambauers Ressort noch das Thema Frauenhäuser.
Klambauer entschloss sich, die Schutzeinrichtungen für Frauen neu auszuschreiben. Die Ausschreibung läuft aktuell gegen die lauten Proteste der bisherigen Betreiberinnen und der Opposition. Von den Regierungspartnern bekamen die Neos in diesem Prozess keinerlei Unterstützung. Nicht nur deshalb beauftragte die Partei im Zuge des Prozesses eine PR-Agentur. Zum Verhältnis Klein gegen Groß sagt Klambauer: „Schwieriger wird es im Außenauftritt. Das sind wir noch am Lernen.“
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