Vorarlberger Landtagswahl 2024: Was im Ländle am Spiel steht

Vorarlberger Landtagswahl 2024: Was im Ländle am Spiel steht
271.881 Bürger sind heute aufgerufen, im westlichsten Bundesland ihre Stimme abzugeben. Wie das Ländle tickt und was am Spiel steht.

"All dra" also "immer am machen": So sehen sich die Vorarlberger gerne. Und so werden sie auch von außen gesehen. Den Bürgern des westlichsten Bundeslandes Österreichs wird gemeinhin Fleiß zugesprochen, der mit einer gehörigen Portion Pragmatismus und Gelassenheit gewürzt ist.

Alemannisch ist also nicht nur die Mundart hinter dem Arlberg, sondern sind gemäß Klischee und Selbstbild auch die wesentlichen Charakterzüge der Menschen, die hier zwischen Bodensee, Bergen und Rhein leben. "All dra": Das erwarten sich die Bürger auch von ihren Politikern, denen sie heute gewissermaßen das Zeugnis ausstellen.

Um 13 Uhr wird schon wieder zugesperrt

Und das erledigen die Vorarlberger bei der Landtagswahl - wie traditionell üblich - im Eiltempo. Die ersten Wahllokale in den insgesamt 96 Gemeinden öffnen um 6.45 Uhr. Um 13 Uhr schließen bereits die letzten wieder. Und derart "lang" kann auch nur in 19 Gemeinden gewählt werden - darunter vier Städte.

Vorarlberger Landtagswahl 2024: Was im Ländle am Spiel steht

Das Bundesland tickt urbaner, als aus der Ferne vielleicht vermutet. Im Rheintal, dessen Ortschaften praktisch zu einer großen Stadt zusammengewachsen sind, leben etwa 250.000 Menschen. Und damit fast zwei Drittel der rund 411.000 Einwohner. Der Ballungsraum ist damit die dicht besiedeltste Region Österreichs nach Wien.

Mit dem Bodensee haben die Vorarlberger ihr eigenes kleines Meer vor der Tür - freier Zugang zum Ufer inklusive; gesetzlich garantiert. Im Süden Richtung Schweiz und im Westen Richtung Tirol türmen sich die Bergwelten auf. Am Arlberg geht es in eines der berühmtesten Skigebiete der Welt, das zudem als die Wiege des Sports gilt.

Breit aufgestellt

Der Tourismus spielt wie in allen Bundesländern Westösterreichs eine tragende Rolle. Aber wirtschaftlich ist Vorarlberg breit aufgestellt. Hier finden sich mehrere Industriebetriebe, die im internationalen Spitzenfeld agieren. Dazu kommt kreative Handwerkskunst, die Tradition mit Moderne zu verbinden weiß - etwa im Holzbau.

Man begreift sich als Teil eines um den Bodensee konzentrierten Wirtschaftsraums mit den Nachbarn Schweiz, Liechtenstein und Deutschland. Am Sonntag wird darüber entschieden, wer das Bundesland in den künftigen fünf Jahren regieren soll bzw. welche Mandatsmehrheiten zur Bildung einer Koalition möglich sind.

Seit 2014 regiert Landeshauptmann Markus Wallner - wie alle seine Vorgänger ÖVP und seit 13 Jahren im Amt - mit den Grünen. Auf den Tag genau vor fünf Jahren erzielten beide Parteien bei der Landtagswahl ein leichtes Plus. Die ÖVP kam auf 43,5 Prozent, die Grünen auf 18,9 Prozent

2/3-Mehrheit

Das ergab in Summe eine 2/3-Mehrheit im Landtag mit 24 von 36 Mandaten. Was davon übrig bleibt, wird sich aufgrund des frühen Wahlschlusses schon am frühen Nachmittag abzeichnen. Um 14.30 Uhr wird eine Hochrechnung von Foresight für APA und ORF erwartet. Zu diesem Zeitpunkt sollten bereits etwa zehn Prozent der Stimmen ausgezählt sein.

Mit einem vorläufigen Endergebnis wird um etwa 18 Uhr gerechnet. Es enthält bereits den größten Teil der Wahlkarten. Bei der Nationalratswahl vor zwei Wochen waren die 2019 bei den Landtagswahlen auf 13,9 Prozent (-9,5 Prozent) abgestürzten Freiheitlichen in Vorarlberg mit 28 Prozent der ÖVP (30 Prozent) dicht auf den Fersen

Hochburg für mehrere Parteien

Mit Spannung wird erwartet, ob das Rennen auf Landesebene erneut so knapp wird oder gar von der FPÖ gedreht werden kann. Die ÖVP war seit 1945 immer die Nummer eins. Vorarlberg gilt somit als schwarzes Kernland.

Im Österreich-Vergleich ist es aber auch Hochburg für FPÖ, Grüne und Neos. Die Blauen erzielten 1999 mit 27,4 Prozent ihr bestes Ergebnis in Vorarlberg und erreichten 2009 und 2014 ähnliche Höhen. Man kennt aber auch dramatische Abstürze: So etwa 2004 und eben 2019 - beide Male im Gefolge bundespolitischer Turbulenzen.

Seit 2009 sitzt die FPÖ in Opposition. Zuvor arbeitete die ÖVP aber über Jahrzehnte mit der FPÖ zusammen, selbst wenn sie aufgrund ihrer eigenen Mandatsstärke mitunter in diesem Zeitraum teilweise keinen Partner gebraucht hätte. Schwarz-Blau wäre in Vorarlberg also kein Neuland.

Die letzte grüne Bastion

2014 nahm Landeshauptmann Wallner die Grünen in die Regierung, nachdem ein Jahr zuvor in Tirol erstmals Schwarz-Grün abseits einer Proporzregierung geformt wurde. Inzwischen ist Vorarlberg die letzte Landesregierung, in der die Grünen noch vertreten sind.

Sowohl das Rekordergebnis von 18,9 Prozent wie auch der damit getoppte Wert von 17,1 Prozent fünf Jahre zuvor, sind Spitzenergebnisse im Vergleich der grünen Landesorganisationen. Nur in Salzburg gelang es der Öko-Partei einmal mit 20,2 Prozent besser bei einer Landtagswahl abzuschneiden.

Für die Neos ist Vorarlberg, der Heimat des kürzlich ausgetretenen Parteigründers Matthias Strolz, ebenfalls ein besonders Pflaster. Ein Jahr nachdem Einzug in den Nationalrat schafften die Pinken 2014 auf Anhieb den Sprung in den Landtag. Der gelang 2019 erneut; mit 8,5 Prozent. Das ist das beste pinke Bundesländer-Ergebnis auf dieser Ebene.

Am Spielfeldrand

Die SPÖ spielte in der Vergangenheit in Vorarlberg nie eine nennenswerte Rolle in der Landespolitik. Von 1979 an, wo man auf 29 Prozent kam, ging es für die Roten bei Landtagswahlen kontinuierlich abwärts. Die Talfahrt endete 2014 schließlich unter der 10-Prozent-Marke bei 8,8 Prozent.

Das erste Plus seit Jahrzehnten konnten die Sozialdemokraten vor fünf Jahren erreichen, wo sie aber auch nicht über 9,5 Prozent hinauskamen. Sie wollen nun - wie auch FPÖ, Grüne und Neos - in der kommenden Landesregierung vertreten sein. An der ÖVP führt, ungeachtet ihres genauen Ergebnisses am heutigen Sonntag, kein Weg vorbei

Neben den Landtagsparteien stehen noch vier weitere Listen auf dem Stimmzettel. Vor ihnen baut sich eine zu überspringende Fünf-Prozent-Hürde auf, die für die Kleinen nur schwer zu nehmen sein dürfte - darunter die KPÖ, die das letzte Mal 1989 angetreten ist und noch nie ein Mandat in Vorarlberg erringen konnte. 

Daneben stehen noch die Wahlbündnisse „Xi-HaK-Gilt“, ANDRS und WIR am Stimmzettel.

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