Illegale Handys im Häfn
Bereits kurz nachdem der 16-jährige Häftling aus dem Spital getürmt war, begann er seine Flucht mittels Online-Storys über seinen Instagram-Account öffentlich zur Schau zu stellen. Wie Fotos und Videos zusammen mit Mithäftlingen aus dem Jugendgefängnis in Gerasdorf zeigen, dürfte der Afghane bereits in der Haft Zugang zu einem illegalen Handy gehabt haben. Der Social-Media-Account von ihm und einigen anderen Insassen legt dies nahe.
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Wie man auch im Justizministerium immer wieder zähneknirschend eingestehen muss, gehören illegale Handys und Drogen mittlerweile zum Alltag im Vollzug. "Das Einschmuggeln ist eine bekannte Herausforderung und trifft die Strafvollzugsverwaltungen weltweit", heißt es dazu aus dem Büro von Justizministerin Alma Zadić (Grüne). "Die Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel von inhaftierten Personen stellt ein internationales Phänomen dar, dem im österreichischen Strafvollzug im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten mit einem Fächer an Maßnahmen sowie mittels behördenübergreifendem Austausch begegnet wird", erklärt eine Justizsprecherin.
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Was der 16-Jährige allerdings seit Montag in sozialen Netzwerken verbreitet, hat auch für den Justizapparat eine völlig neue Dimension erreicht. In Handschellen dokumentiert der Afghane ganz offen seinen Drogenkonsum. Was der getürmte Häftling von der Polizei hält, demonstriert er mit dem bekannten Mittelfinger-Emoji.
"Es gleicht einer Verhöhnung der Behörden und unseres Systems", sieht FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz ein "peinliches Justiz- und Polizeiversagen". Dass Häftlinge den Apparat derart ausnutzen und alle Verantwortlichen öffentlich brüskieren, zeige die Schwächen des Innen- und Justizressorts.
TV-Berichte gepostet
Obwohl der getürmte Häftling auch am Dienstag noch fleißig Zeitungs- und TV-Berichte von seiner Flucht auf seinem Instagram-Account teilte, blieb sein Aufenthaltsort unentdeckt.
Für das Innenministerium ist der Fall beispielgebend, weshalb die ÖVP seit geraumer Zeit auf die Überwachung von Messengerdiensten drängt. "Die Sache zeigt einmal mehr, dass bei der Überwachung von Messengerdiensten ein riesige Lücke für die Polizei besteht. Der Flüchtige verwendet offenbar derartige Kommunikationskanäle, ohne dass für die Polizei die Möglichkeit zum Mitlesen besteht", erklärt ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker.
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Gerade was die Überwachung extremistischer Gefährder anlangt, fordern Polizei und die ÖVP schon länger die Befugnis zur Überwachung von verschlüsselten Chats. Die FPÖ (die einst unter Innenminister Herbert Kickl den Bundestrojaner einführen wollte, Anm.) lehnt so eine generelle Befugnis ab.
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Es brauche ein klares Regulativ, damit es nicht in einer "Massenüberwachung der Bevölkerung" ausarte, so Schnedlitz. Der flüchtige Gefangene habe nicht verschlüsselt operiert, sondern seine Flucht ganz offen zur Schau gestellt.
Im Jänner wäre der 16-Jährige übrigens planmäßig aus der Haft entlassen worden.
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