Terrorverdacht: Wie gefährlich ist Lorenz K.?

Verdächtiger: Lorenz K.
Faktencheck: Ein 17- und ein 12-Jähriger unter Terrorverdacht – wie gefährlich waren die Verdächtigen wirklich?

Wie gefährlich ist Lorenz K.? Wie konkret waren seine angeblichen Anschlagspläne in Wien tatsächlich? Gab es eine Bombe? Und wieso wussten zwei Medien schon vor der Festnahme Bescheid?

Vier Tage, nachdem der 17-jährige Lorenz K. in Wien-Favoriten von der Cobra überwältigt wurde, sind viele Fragen weiter unklar. Die Polizei und das Innenministerium geben sich kryptisch. Im Justizministerium wird betont, dass es für die Verhängung der U-Haft gereicht habe. Damit sei klar, dass "etwas dran sei". Innenminister Wolfgang Sobotka sprach davon, dass ein möglicher Anschlag "im Planungsstadium war". Der KURIER-Faktencheck mit den neuen Details zum Fall:

Welche Beweise gibt es für einen Anschlag?

Offenbar hat Lorenz K. diesen in einem Chat angekündigt. Doch selbst Konrad Kogler, Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, meint, dass dort "viel geredet" werde. Der Verdächtige habe aber "viel kommuniziert und sich das eine oder andere überlegt". Laut Koglers Angaben stand der Austro-Albaner im Kontakt mit extremistischen Kreisen – ob er dort nur Zuhörer war oder ein ernsthaftes Mitglied, sei vorerst unklar.

Gibt es Komplizen und neue Festnahmen?

Am Sonntag wurde ein 12-jähriger Bursch im Zuge einer Hausdurchsuchung in Wien-Meidling näher befragt. Er soll eine Art Fan von K. gewesen sein. Ein weiterer möglicher Komplize (21) wurde in Neuss im deutschen Nordrhein-Westfalen festgenommen. Dort war der 17-Jährige erst im Dezember zwei Wochen auf Besuch. Offenbar stammen die Hinweise auf seine möglichen Mittäter vom Verdächtigen selbst. Dieser verhält sich laut Kogler "kooperativ". Die Rede ist davon, dass es ein größeres Kommunikationsnetzwerk gibt, dass nun überprüft wird.

Wie kam man auf die Spur von Lorenz K.?

Das Bundesamt für Verfassungsschutz bekam Hinweise eines ausländischen Geheimdienstes und einer Polizeibehörde, wonach in Österreich zwischen 15. und 30. Jänner ein Anschlag geplant sei – allerdings noch ohne konkreten Namen und genauem Ziel, wie man im Innenministerium betont. Dies sei erst durch die Ermittlungen geklärt worden.

Wo ist die angebliche Bombe?

Bisher ist nicht bekannt, dass Sprengstoff gefunden wurde. Angeblich soll es Sprengversuche in Deutschland mit dem Komplizen gegeben habe. Beweise dafür stehen aus.

Welche Verbindungen gibt es zum IS?

Laut Sobotka hat Lorenz K. in den Vernehmungen ein "Bekenntnis zum Islamischen Staat abgelegt", er sei "nicht nur ein harmloser Tatverdächtiger".

Gelten noch verstärkte Sicherheitsvorkehrungen?

Laut Wiens Vizepolizeipräsidenten Karl Mahrer sollte man "nicht ängstlich, aber wachsam sein". Die Sicherheitsvorkehrungen werden bis zum Ende der Ermittlungen aufrecht erhalten.

Hat die Vorinformation von zwei Medien Folgen?

Laut Innenministerium waren die Kronen Zeitung und der ORF vorab durch undichte Stellen informiert worden. Ressortchef Wolfgang Sobotka zeigte sich verärgert, dass dadurch "Menschenleben gefährdet" werden. Da am Freitag aber ein Schreiben an alle Polizeiinspektionen ging, wussten zu diesem Zeitpunkt mindestens 1000 Personen über die Bedrohungslage Bescheid. Beim ORF wird betont, dass man erst berichtete, als das Innenministerium dies offiziell verlautbarte. Die Krone berichtete hingegen vorab. Dies wird von Insidern des Sicherheitsapparates sehr kritisch gesehen. Denn es wäre den Ermittlern lieber gewesen, die Hintermänner ohne mediale Vorwarnung auszuforschen. Offiziell wird betont, es habe die Untersuchungen nicht behindert. Ob es Ermittlungen in dieser Causa gibt, werde "derzeit analysiert".

Passt der Hauptverdächtige in das Terrorschema?

Quer durch alle Anschläge in Europa, von Paris über Brüssel bis Berlin, zieht es sich wie ein roter Faden: Die Täter sind meist junge Personen, die zunächst kleinkriminell werden und wenig Zukunftshoffnung haben. So werden sie zu leichter Beute für radikale Prediger. Auch K. soll Kontakt zu extremistischen Kreisen gehabt haben. Die Religion spielt meist eine untergeordnete Rolle, die wenigsten der Terroristen haben Ahnung, was tatsächlich im Koran steht. Feststeht, dass sich Lorenz K. den Kampfnamen "Abou Chacker" gegeben hat – benannt nach einem Clan, der in Berlin mit der Organisierten Kriminalität in Verbindung gebracht wird. Die Großfamilie soll weite Teile des Rotlichts, des Drogenhandels und der Schutzgelderpressungen beherrschen. Dass Lorenz K. einen 12-Jährigen mit in einen möglichen Terroranschlag einbezieht, wäre international nicht ungewöhnlich. "Für Österreich wäre dieses Phänomen aber neu", sagt der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit.

Wie viele Gefährder und Terroristen gibt es?

Laut Justizministerium sind 53 Personen in Österreich wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung inhaftiert. Inklusive der Syrien-Heimkehrer dürfte es in Österreich einige Hundert Personen geben, die man als Gefährder bezeichnen kann.

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