Der komplette Akt des Beran A.: Bomben, Exorzismus und Taylor Swift
Die Rede ist sogar von Exorzismus. War der 19-jährige Beran A., der einen Bombenanschlag auf einem der Taylor Swift-Konzerte in Wien geplant haben soll, von einer bösen Macht besessen?
Mensch des Regens
Aussagen aus dem Bekanntenkreis ergeben ein verstörendes Bild.
Wie konnte sich ein harmloser, 2005 in Wien geborenen Junge, derart radikalisieren lassen, dass er vermeintlich einen Massenmord plante?
Erste Antworten darauf gibt der mittlerweile mehrere hundert Seiten dicke Akt, der voll erschütternder Aussagen und Indizien ist. Erst am 2. August, also sechs Tage vor dem ersten Taylor Swift-Konzert im Ernst-Happel-Stadion, war die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) von ausländischen Partnerdiensten vor Beran A., alias „Dujana“ (Mensch des Regens), gewarnt worden.
IS-Treueschwur am 7. Juli
Noch am selben Tag wurde der junge Mann aus Ternitz (NÖ) um 19 Uhr wegen des Verdachts unter Observation gestellt. Zu dem Zeitpunkt war nur bekannt, dass Beran A. am 7. Juli einen Treueschwur auf den Islamischen Staat abgelegt und das Video mit Messern in der Hand auf seinem Instagram-Account gepostet hatte.
"Ich wollte cool sein und damit prahlen“, sagte er im Zuge seines Geständnisses, welches er auf Anraten seines Anwalts Werner Tomanek Tage später wieder zurückzog.
Aufgewachsen in einem "traditionell, albanisch, muslimischen Haushalt“ kam der streng Gläubige öfters mit seinen Eltern in Konflikt, weil diese "immer wieder Sünden begehen“. Er selbst würde "am liebsten in einem Land leben, dass nach der Scharia regiert wird“.
Popstars des Salafismus
Fotos im Akt zeigen Beran A. auf dem Weg zur Pilgerfahrt nach Mekka. Was seine „salafistische Prägung“ anbelangt, nennt der 19-Jährige vor allem zwei prominente Namen. Seine Mentoren Marcel Krass und Ahmad Abul Baraa sind schon lange im Visier des deutschen Verfassungsschutzes. In der Szene gelten sie als Popstars des Salafismus.
Zum geplanten Anschlag machte Beran A. ganz konkrete Angaben. Er denke oft ans Sterben, deshalb sei auch ein Selbstmordanschlag für ihn nahe gelegen. "Wo hätte der Sprengstoff platziert werden sollen“, wollten die Ermittler von ihm wissen. Die Antwort: "In einer Menschenmenge. Ich plante es auf dem Konzert zu machen.“
Seinen mutmaßlichen Komplizen, Luca K. (17) alias Ali, nimmt der Hauptverdächtige in Schutz. Von seinen Freunden und Bekannten sei niemand an den Anschlagsplänen beteiligt gewesen. "Ich warnte Ali sogar, auf das Konzert zu gehen.“ Der 17-jährige hatte als Bühnenbauer bei einer Firma angeheuert, weshalb bei den Ermittlern sofort die Alarmglocken läuteten.
Schwefelsäure und andere Substanzen
Für den Bau des Sprengstoffs fehlte Beran A. nach eigenen Angaben Schwefelsäure. An seinem Arbeitsplatz im Stahlwerk Ternitz war diese gut im Tresor versperrt. Deshalb habe er sich die fehlende Substanz einfach im Lagerhaus gekauft.
Weil er die genaue Örtlichkeit vor dem Stadion nicht auskundschaftete, hatte er keinen exakten Tatplan und wollte "spontan handeln“. "Ein Beispiel wäre, dass ich mich selbst gesprengt hätte, wie der Attentäter beim Ariana Grande Konzert 2017. Ich kenne viele Beispiele von Anschlägen, 2015 Frankreich, 2014 Dänemark“, so Beran A. zur Polizei.
Er habe beim IS nicht um Genehmigung für den Anschlag gefragt. "Das war mir egal“, so der junge Mann.
Den Bombenbau habe er durch Anleitungen aus IS-Videos gelernt. Die Entschärfer fanden im Elternhaus des 19-Jährigen in Ternitz im Kühlschrank neben Milch, Butter und Käse eine 700 Gramm schwere Glasflasche mit TATP-Sprengstoff – außerdem Zünder und andere Utensilien für eine Sprengvorrichtung.
Einen Tag vor dem Anschlag hatte sich Beran A. noch bei einem 15-jährigen Freund erkundigt, wo er eine Zündschnur kaufen könne.
Teufelsaustreibung in der Moschee
Was der Bursche noch zu Protokoll gab, mutet äußerst bizarr an. Im Freundeskreis ging man davon aus, dass der 19-Jährige von Dämonen besessen sei. Ähnlich dem Exorzismus im Christentum habe ein Imam in einer Mosche in Wien-Meidling eine Ruqyah (eine Art Teufelsaustreibung) mit ihm abgehalten.
Dabei habe Beran A. "plötzlich zu schreien begonnen“ und aus seinem Körper seien "sechs böse Jinns“ (Geister) entwichen, so der 15-Jährige. Über das okkulte Geschehen soll es sogar ein Video geben. Beran A. sei jedenfalls als "Radikaler“ bekannt gewesen.
Mit Blaulicht am Auto in Menschenmenge
Schwer einzuordnen ist für die Ermittler noch das Geschehen in der Nacht zum 4. August. Beran A. und Luca K. wurden bereits observiert, als sie mit dem Auto zur Beachparty nach Sigleß (Burgenland) fuhren.
Mitten in einer Menschenmenge vor der Party stellte Beran A. plötzlich ein Blaulicht auf das Autodach und spielte über das Handy ein Folgetonhorn ab. Die Verfassungsschützer glauben, dass es sich um einen Test für den Anschlag handelte und er plante, vor dem Happel-Stadion als ziviles Polizeifahrzeug getarnt in eine Menschenmenge zu rasen.
Nikolaus Rast, der Anwalt von Luca K. (17) bestreitet jegliche Tatbeteiligung seines Mandanten. Er sei in die Anschlagspläne nicht involviert gewesen.
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