Städtetourismus: "Die nächsten Monate werden zäh"
"In einem Lockdown ein Hotel zu eröffnen ist natürlich für viele schwer zu verstehen", gibt Stefan Willensdorfer zu. "Aber das ist ja ein langfristiges Projekt und lange vor Corona geplant."
Heute, Freitag, sperrt das Vier-Sterne-Haus mit 229 Hotelzimmern und 187 Studentenapartments auf, dem brachliegenden Tourismus zum Trotz. Die deutsche „Intercity“-Kette fasst mit dem Hotel nahe dem Hauptbahnhof erstmals in der steirischen Landeshauptstadt Fuß.
Ohne klassische Touristen
Schon ab 2018 geplant und heuer neu errichtet, muss die Eröffnung ohne große Feier auskommen - und ohne klassische Touristen. "Uns haben Leute angerufen und gefragt, ob das Datum ernst gemeint ist“, beschreibt Hotelmanager Willendorfs. "Aber das ist ernst. Natürlich werden wir in der nächsten Zeit nicht den großen Umsatz machen, durch den Lockdown ist die Auslastung natürlich entsprechend.“ Für Geschäftsreisende stehe man aber schon offen. "Für den Neustart nach dem Lockdown sind wir dann gut gerüstet."
"Einfach mausetot"
Auf diesen Neustart hoffen auch die anderen Hoteliers in Graz sowie Graz Tourismus-Geschäftsführer Dieter Hardt-Stremayr. Die bisherige Jahresbilanz ist wegen der Pandemie und der Reisebeschränkungen düster, auch wenn Graz verglichen mit anderen Städten mit seinem Nächtigungsminus von bisher 47,2 Prozent noch etwas besser da steht.
"Aber zahlenmäßig können wir den Städtetourismus heuer abschreiben“, kommentiert Hardt-Stremayr. "Im Sommer konnten wir in Graz zum Beispiel noch den klassischen Städtetouristen aus Österreich fangen. Aber Kongresse und Seminare kannst du damit nicht kompensieren. Und das internationale Geschäft ist einfach mausetot.“
Bis zu minus 96 Prozent
Startete Graz noch im Jänner und Februar mit einem Plus - etwa dank der Eislauf-WM - , folgten Monate mit einem Minus von bis zu 96 Prozent. In absoluten Zahlen wirkt das noch viel drastischer: Im Mai 2019 gab es in Graz 112.338 Übernachtungen im Mai 2020 waren es 9.652. Innsbruck sackte im selben Monat ebenfalls auf 7.771 Nächtigungen ab - im Mai 2019 waren es 144.462.
Prognosen für einen Aufschwung wagt der Grazer Tourismus-Chef nicht mehr. "Den November können wir kicken, für den Dezember habe ich sehr überschaubare Hoffnungen“, überlegt Hardt-Stremayr. "Annähernd in die Spur zurückkommen werden wir im März oder April. Die nächsten Monate werden mehr als zäh."
Und trotz Pandemie wird auch weiterhin an Stadthotels gebaut. In Innsbruck entsteht etwa gerade der Pema-Turm 3 neben dem Bahnhof, in dem nach der Eröffnung im Jahr 2022 die Hotelkette Motel One mit rund 240 Betten einziehen soll.
Einen Steinwurf entfernt, wird gerade Platz für das neue Stadtquartier Raiqa geschaffen, in dem auch ein Radisson Red Hotel mit 161 Zimmern geplant ist. Ein Sprecher der Gruppe zeigt sich auf Anfrage erfreut, dass die Entwicklung "trotz der aktuellen Pandemiesituation ohne zeitliche Verzögerung vorangeht“.
Blick nach vorne
Trotz der Krise sei man für die Zukunft optimistisch. Am Entwicklungsplan – zu dem auch zwei neue Hotels in Wien gehören – werde weiter festgehalten. Die Hotelgruppe habe 2020 mehr als 40 Vertragsunterzeichnungen von Hotels bestätigt.
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