So sehen Österreichs Notfallpläne für Erdbeben aus
Das bislang letzte schwere Beben erlebte Österreich 1972. Im Epizentrum Seebenstein (NÖ) zitterte die Erde mit einer Stärke von 5,3 auf der Richter-Skala. Todesopfer waren nicht zu beklagen.
Das fünfsekündige Beben reichte jedoch aus, um in Wien schwere Gebäudeschäden und über 400 Feuerwehreinsätze zu verursachen. Hunderte Schornsteine wurden zerstört, an der Universität Wien stürzte die Balustrade hinab.
Ein katastrophales Beben wie in der Türkei und Syrien wäre in Österreich aber nicht möglich: "Dazu liegen wir zu weit von den Grenzen der tektonischen Platten entfernt“, erklärt Seismologe Anton Vogelmann von Geosphere Austria (ehemals ZAMG). Die größte Beben-Wahrscheinlichkeit liegt laut dem Experten im südlichen Wiener Becken, im Mur-/Mürztal und im Inntal.
"Fast unzerstörbar"
Registriert wurde das Beben in Syrien aber auch hierzulande, wie Florian Seidl vom Verbund erklärt. Das Energieunternehmen betreibt mehrere Speicherkraftwerke in ganz Österreich, wie etwa den Stausee Kaprun in Salzburg oder das Pumpspeicherkraftwerk Malta Oberstufe. "Die sensiblen Instrumente haben das Beben registriert, es bestand aber kein Handlungs-Bedarf", schildert Seidl.
Auf Stauseen können Erdbeben katastrophale Auswirkungen haben. Genau deswegen sind deren Mauern "nahezu unzerstörbar", wie Sprecherin Ingun Metelko erklärt: "Staumauern gehören zu den stabilsten Bauwerken, die es in Österreich gibt." Die Staudämme gehören außerdem zu den am besten kontrollierten, wie Metelko betont. Die Dämme und ihre eingebauten Sensoren, die laut Verbund auch Erdbeben erkennen können, würden kontinuierlich überprüft.
- Stärke 1-2: nur durch Instrumente nachzuweisen
- Stärke 3: nur in der Nähe des Epizentrums zu spüren
- Stärke 4-5: 30 Kilometer um das Zentrum spürbar, leichte Schäden
- Stärke 6: mäßiges Beben, Tote und schwere Schäden in dicht besiedelten Regionen
- Stärke 7: starkes Beben, oft katastrophale Folgen und Todesopfer
- Stärke 8: Großbeben mit vielen Opfern und schweren Verwüstungen
Eine Frage von Minuten
Kommt es zu einem Erdbeben, erfolgt die Koordination nicht landesweit, sondern lokal in den Bundesländern. In Wien ist die Gruppe Sofortmaßnahmen für das Krisenmanagement der Stadt zuständig. Innerhalb von 30 bis maximal 60 Minuten findet ein Treffen aller beteiligten Organisationen, Einsatzkräfte und Dienststellen statt. "Noch davor gehen erste Alarmierungen bei den Blaulichtorganisationen ein. Polizei, Rettung, Militärkommando und auch die Wiener Linien klären jeweils ab, wie viele Einsatzkräfte sie zur Verfügung stellen könnten", schildert Sprecher Kurt Wurscher. Die Bevölkerung wird über Sirenen, Radio, Medien und die Einsatzkräfte informiert.
Reichen die Kräfte vor Ort nicht aus, können größere Einheiten und Spezialkräfte für Such- und Rettungsmaßnahmen in wenigen Stunden mobilisiert werden. Gleiches gilt für das Bundesheer. Bei den Katastrophenschutzbehörden werden für die Zusammenarbeit sogenannte Einsatzstäbe gebildet. "Das Innenministerium würde auch einen Ausschuss aus Ministerien, Ländern und Einsatzorganisationen einrichten. Dort könnte auch rasch ein Call Center für die Vermisstensuche organisiert werden", erklärt Ressortsprecher Patrick Maierhofer.
Vertrauensgrundsatz
"Statistisch kommt es in Österreich alle 70 Jahre zu einem verhältnismäßig schweren Erdbeben. Die allermeisten Gebäude würden nicht einstürzen“, ist Seismologe Vogelmann sicher. Das gilt auch für historische Bauten und Gründerzeithäuser, wie Michael Wally von der MA 37 (Statik) erklärt. Da sie das Beben von 1972 unbeschadet überstanden haben, gilt der "Vertrauensgrundsatz". Das Beben ist daher eine Art Maßstab dafür, dass Altbauten auch bei einem erneuten Beben nicht einstürzen würden.
"Neubauten und Hochhäuser sind natürlich noch erdbebensicherer als Altbauten. In den 2000er Jahren wurden die Erdbebennormen europaweit vereinheitlicht", sagt Wally. Davor wurden bei Bauten Normen für horizontale Windkräfte, aber keine Erdbeben miteinberechnet.
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