Situation in Spitälern: "Kampf um OP-Slots" wegen Personalnot

Situation in Spitälern: "Kampf um OP-Slots" wegen Personalnot
ÖGKV-Präsidentin Potzmann: Der Mangel in der Pflege betrifft alle Gesundheitsbereiche. Langfristig werden bessere Arbeitsbedingungen gefordert.

Wegen des Personalmangels in den heimischen Spitälern hat der Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) am Freitag rasch bessere Gehälter gefordert. "Wir werden höhere Löhne zahlen müssen, um hier das Schlimmste einmal abzufangen und dann brauchen wir natürlich mittelfristig und längerfristige Maßnahmen", sagte ÖGKV-Präsidentin Elisabeth Potzmann am Freitag im Ö1-"Morgenjournal". Der Mangel in der Pflege betreffe im Unterschied zu jenem bei Ärzten alle Gesundheitsbereiche.

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"Wenn wir in die jüngere Vergangenheit zurücksehen, sehen wir, was passiert, wenn es krisenhafte Geschehen gibt. Da wird Geld in die Hand genommen, da wird gesagt, 'koste es, was es wolle'. Wir sehen das auch im Zusammenhang mit der Ärzteschaft. Hier gibt es ein Commitment dafür, dass man höhere Gehälter bezahlen muss, um sie zu behalten", sagte Potzmann. "Wir sehen dieses Commitment im Zusammenhang mit der Pflege nicht", kritisierte sie.

Rahmenbedingungen verbessern

"Es sind natürlich die Rahmenbedingungen, die wir verbessern müssen, damit wir die Kolleginnen auch halten, langfristig. Wir müssen schauen, dass wir zu einer Dienstplansicherheit kommen, dass das Leben wieder planbar ist für die Kolleginnen, sie nicht ständig damit rechnen müssen zu Hause angerufen zu werden", erläuterte die ÖGKV-Präsidentin zu den weiteren Maßnahmen neben der Forderung, schnell mehr Lohn zu zahlen. "Aber es ist natürlich auch eine Gehaltsfrage", betonte sie.

Am Vortag hatte der Krankenpflegeverband mit der Meldung aufhorchen lassen, die Notfallversorgung in Österreich sei "nicht mehr gesichert" und laut einer Pflegerin seien bereits zwei Patienten in einer Notfallambulanz unbemerkt verstorben, weil diese so lange auf die Versorgung warten mussten. "Natürlich sterben im Krankenhaus Menschen und vielleicht wären diese zwei Personen auch gestorben, wenn Maßnahmen gesetzt worden wären", erläuterte Potzmann dazu im ORF-Radio. "Was aber neu ist, ist, dass wir die Maßnahmen gar nicht mehr einleiten können rechtzeitig oder auch nur feststellen können abschließend, warum die Patienten hier sind."

"Richtig ist, dass wir in den Spitälern ein Problem haben", hatte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Donnerstagabend zur Situation des Pflegepersonals in der "Zeit im Bild 2" bestätigt. Politisch zuständig für die Krankenhäuser seien aber die Landeshauptleute und die Bundesländer. Er habe die Hand ausgestreckt im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen und sei "gerne bereit, dort zu unterstützen, alle Partner an den Tisch zu holen, auch die Sozialversicherung, und gemeinsam Reformschritte im Gesundheitswesen hinzubekommen."

Zum Stichtag 14. April sind in Wien 807 Spitalsbetten gesperrt gewesen. Diese Zahl gab der Wiener Gesundheitsverbund (WIGEV) auf APA-Anfrage bekannt. Die Patientenanwaltschaft spricht von einem aktuell normalen Aufkommen an Beschwerden. Die Ärztekammer übte am Freitag Kritik. „Die Lage in Wien ist genauso katastrophal wie in den Bundesländern“, so Kurien-Obmann Stefan Ferenci.

Den gesperrten Betten stünden 5.300 systemisierte Betten gegenüber, sowie 873 nicht besetzte Betten. Bei den Bettensperren handle es sich zudem um eine durchaus übliche Maßnahme. „Sie sind immer eine Momentaufnahme und das Betten-Management einer Klinik ein dynamischer Prozess“, hieß es. Gründe hierfür seien Sanierungen, technische Wartungen oder personelle Gründe wie Krankenstände. In den Wiener Spitälern arbeiten rund 13.000 Personen in der Pflege, sowie 3.500 im ärztlichen Bereich. Laut WIGEV sind im Bereich der Pflege rund 550 Dienstposten sowie 140 Ärzte-Dienstposten zu besetzen.

Die Personalsituation in Kärntens Krankenanstalten ist „durchaus angespannt“ - allerdings seien weder Versorgung noch Notfallversorgung gefährdet, hieß es am Freitag auf APA-Anfrage vom Kärntner Krankenanstaltenbetreiber Kabeg. Der Höhepunkt des Personalmangels vor eineinhalb Jahren sei überschritten, und auch mit den stärksten Coronawellen sei die aktuelle Situation in Kärnten nicht zu vergleichen.

Historischer Höchststand

In den Spitälern in Niederösterreich gibt es aktuell trotz eines historischen Höchststands bei ärztlichen und pflegerischen Mitarbeitern Herausforderungen personeller Natur. Diese seien vor allem an einzelnen Standorten sowie tageszeitabhängig gegeben, sagte Gottfried Feiertag von der Gesundheitsgewerkschaft in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) zur APA.

Beschäftigt sind in den Kliniken nach Angaben der Landesgesundheitsagentur (LGA) 22.500 Menschen. Aufgrund Personalmangels gesperrt sind nach Angaben der LGA vom Freitag 248 von 7.614 Betten. Die entsprechende Quote beträgt also 3,26 Prozent. „Sowohl der Betrieb als auch die Notfallversorgung sind in den NÖ Kliniken gesichert“, wurde betont.

Die Situation in burgenländischen Krankenanstalten ist laut Angaben der Gesundheit Burgenland (vormals KRAGES) und der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt vergleichsweise entspannt. In den vier Häusern der Gesundheit Burgenland seien alle Bettenstationen in Betrieb, die Versorgung „selbstverständlich ohne Einschränkungen aufrecht“, hieß es zur APA.

Die Situation in Salzburgs Spitälern bezeichnete Gesundheitsreferent LHStv. Christian Stöckl (ÖVP) am Freitag im APA-Gespräch als angespannt, die Versorgung der Patientinnen und Patienten wie auch die Notfallversorgung sei aber sichergestellt. Die Arbeit in den Krankenhäusern nehme zu, deshalb seien immer mehr Stellen erforderlich. „Es wird von Jahr zu Jahr mehr Personal eingestellt. Die Problematik ist, wir können leider nicht alle Stellen besetzen“, sagte Stöckl.

Personalnot in Oberösterreich

Knapp zehn Prozent der Betten in Oberösterreichs Spitälern sind aktuell gesperrt, das sind in Zahlen ausgedrückt 720 von 7.927 Betten. Der Grund: Personalnot, hieß es sowohl bei den Ordensspitälern und der OÖ. Gesundheitsholding, zu der die Regionalkrankenhäuser und das Linzer Uniklinikum (KUK) gehören. Allein 363 Stellen - von Reinigungskraft bis zum medizinischen Personal - seien aktuell bei den OÖ. Gesundheitsholding-Kliniken ausgeschrieben, so eine Pressesprecherin.

Schon vor der Pandemie habe „in den oberösterreichischen Krankenhäusern nachweislich 20 Prozent zu wenige Beschäftigte gearbeitet“, sagt Helmut Freudenthaler, Betriebsratsvorsitzender des Med-Campus, mit rund 5.500 Beschäftigten der größte Teil vom KUK. Aktuell würden Zeitguthaben und unverbrauchbare Urlaubstage den Personalmangel belegen. Was das nun für das Pflege- und medizinisches Personal bedeute, formuliert er so: „Von der Aufnahme bis zur Entlassung eines Patienten herrscht für das Personal Stress“.

Nicht selten landen Patienten wegen belegter Abteilungen auf „irgendeiner Station“. Derzeit herrsche eine „Post-Pandemie-Situation“. Schon Corona sei in Bezug auf die Arbeitsbedingungen ein „Brandbeschleuniger“ gewesen und habe die „Energiereserven“ beim Personal verbraucht. Jetzt komme der Nachholschub von Operationen hinzu. Derzeit würde ein regelrechter „Kampf um OP-Slots“ herrschen, der noch durch den Personalmangel verschärft werde.

In Tirols Spitälern ist die Versorgung der Patienten trotz einer äußerst angespannten Personalsituation offenbar gewährleistet. „Alle Berufsgruppen sind dahinter, dass die Versorgung aufrecht bleibt“, sagte etwa Birgit Seidl, Betriebsratsvorsitzende der tirol kliniken, am Freitag der APA. Der Schwerpunkt des Personalmangels liege in der Pflege und nicht der Ärzteschaft, hieß es aus der Innsbrucker Klinik. Die Ärztekammer sah indes keine Gefährdung der Notfallversorgung.

In den Vorarlberger Krankenhäusern sei die Situation zwar angespannt, aber nicht so sehr wie in anderen Bundesländern. Das sagte am Freitag auf APA-Anfrage Gerald Fleisch, Geschäftsführer der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft (KHBG). „Die Notversorgung ist sowieso gewährleistet, dringliche medizinische Eingriffe sind es auch“, betonte Fleisch. Einen Personalmangel gebe es sowohl in der Pflege als auch in der Ärzteschaft.

Der Mangel in der Pflege sei grundsätzlich nicht dramatisch, wirke sich aber deshalb aus, „weil er ungleich verteilt ist“. Bei den Ärzten habe man grundsätzlich eine gute Situation, wenn es auch zwei, drei Abteilungen mit Schwierigkeiten gebe. 

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