Straßenverkehrsordnung: Mehr Sicherheit durch Schulstraßen

Der Artikel ist Teil einer KURIER-Serie zum Schulstart. Hier finden Sie etwa, warum sich manche Kinder schwerer mit dem Schulstart um 8 Uhr tun als andere und hier, was eine Verkehrspsychologin über die Tücken des Schulwegs für unsere Kinder sagt.
In der 33. Novelle der Straßenverkehrsordnung wurde den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet, sehr leicht vor Schulen Schulstraßen einzurichten – diese Möglichkeit tritt ab Oktober dieses Jahres in Kraft. Begleitend wird ein neues, einheitliches Straßenschild eingeführt, das Schulstraßen künftig deutlich kennzeichnet. In einer Schulstraße darf die Fahrbahn begangen werden und das Radfahren ist in Schrittgeschwindigkeit erlaubt. Kraftfahrzeuge von Anrainern dürfen zu- und abfahren und müssen dabei auch Schrittgeschwindigkeit einhalten.
Zusätzlich kann die Straße oder der Straßenabschnitt mechanisch abgesperrt werden, etwa mit Pollern, Sperrgürteln oder Zäunen.Maria Zögernitz, vom Klimabündnis Österreich, erklärt dazu: „Zwei Drittel aller Kinder waren bei der bislang letzten österreichweiten Erhebung (2013/14), wie Kinder zur Schule kommen, schon klimafreundlich unterwegs.
Und doch dominiert vor fast allen Schulen zu Schulbeginn das eine Drittel, das mit dem Auto kommt.“ Meist „Elterntaxi“ genannt. Viele Eltern nehmen das Auto, weil der Schulweg gut in eine Wegekette passt. Schule-Arbeit etwa, oder Schule-Einkauf.

Aber auch aus einem paradoxen Grund nehmen viele Eltern das Auto: Weil sie ihr Kind wegen der vielen Autos als gefährdet erachten und sie ihr Kind dieser Gefahr nicht aussetzen wollen. Ohne zu merken, dass sie nicht Teil der Lösung, sondern das Problem sind.
500 Bildungseinrichtungen hat sich das Team „klimaaktivmobil“ um Maria Zögernitz schon angeschaut. Eines der Ergebnisse nach rund einem Jahr intensive Arbeit mit den Schulen war oft eine Schulstraße. Was bisher als temporäre Maßnahme mit zeitlich begrenzten Durchfahrtsbeschränkungen möglich war, ist ab Herbst eben durch die Novellierung der Straßenverkehrsordnung ganz einfach möglich.
Zögernitz hält viel von der Schulstraße: „Zu Schulbeginn herrscht konzentriert extrem hoher Verkehr vor den Schulen. Eine Schulstraße schützt die Kinder und drängt Elterntaxis zurück. So sorgt sie für mehr Sicherheit.“
Wichtig bei allen Maßnahmen, sagt Zögernitz, sei die Einbindung aller Betroffener. Kinder, Eltern, Lehrer, Anrainer, Polizei. Dann könne eine Schulstraße sehr erfolgreich umgesetzt werden.
Beispiele gibt es viele. Acht davon in Wien, wie etwa in der Vereinsgasse. Vor der Volksschule im zweiten Bezirk gilt seit Herbst 2018 an Schultagen zwischen 7:45 und 8:15 Uhr ein temporäres Fahrverbot für Autos und Motorräder. Die Evaluierung zeigt: Das temporäre Fahrverbot brachte mehr Sicherheit für die Kinder.

Das Verkehrsaufkommen vor der Schule ist gesunken, der Eltern-Bringverkehr stark zurückgegangen. Sowohl vor der Schule als auch im umliegenden Grätzl, eine befürchtete Verlagerung des Verkehrs blieb aus. Im Mai 2020 wurde die Schulstraße Vereinsgasse auf den Nachmittag ausgeweitet. Kathrin Ivancsits von der Mobilitätsagentur Wien weiß auch: „Es gibt einen positiven Nebeneffekt: die Kinder kommen vermehrt aktiv – zu Fuß oder mit dem Rad – zur Schule.
Neben der Vereinsgasse gibt es in Wien noch in der Phorusgasse (Wieden, Vormittag), Gilgegasse (Alsergrund, Vormittag), Fuchsröhrenstraße (Simmering, Vormittag), Deckergasse und Rothenburgstraße (beide Meidling, beide Vormittag, Herbststraße (Ottakring, Vormittag) und in der Wichtelgasse (Hernals, Vormittag und Nachmittag).
Aber auch in den Bundesländern gibt es bereits temporäre „Schulstraßen“. Allerdings nach den Aufzeichnungen von „klimaaktivmobil“ erst rund 15. Hier ein besonders gelungenes Beispiel:
In Salzburg wurde die Schulstraße in Bad Hofgastein zur „echten“ Schulstraße- mit einem temporären Fahrverbot zu Schulbeginn und Schulende.

Auch hier zeigen sich alle begeistert. Schon nach zwei Monaten fällt die Bilanz positiv aus, wie Direktorin Heidi Schmidl berichtet: „Das temporäre Fahrverbot bringt nicht nur mehr Sicherheit für die Kinder. Generell ist das Verkehrsaufkommen vor der Schule nicht nur in den angegebenen Zeitintervallen, sondern auch darüber hinaus gesunken. Der Eltern-Bring und Hol-Verkehr findet so gut wie gar nicht mehr statt. So konnten alle bisherigen gefährlichen Situationen vor der Schule entschärft werden.“
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