Sammler aus Leidenschaft: Die Kugel rollt auf 100 Flippern
Es gibt Wörter, die Emotionen und Erinnerungen wecken. Kinderkram kann ein solches sein. Wer denkt nicht gerne zurück, als das Sammeln von „Krimskrams“ die Welt bedeutete. Manche bewahren sich diese kindliche Sammelleidenschaft.
Daniel Schmatz aus Neulengbach gehört eindeutig dazu. „Flipperstein“ Schmatz, wie er sich selbst nennt, hat eine einzigartige Sammlung zusammengetragen und daraus sogar ein Museum namens „Eitle Kinderkram“ gemacht.
Mit „Space Shuttle“, „City Slickers“ oder der „Addams Family“ ging die Sammelleidenschaft los. Es handelt sich dabei um Flipper – aber nicht um irgendwelche, sondern nur um solche der berühmten Firmen „Bally“ und „Williams“. Nicht ganz 20 Jahre hat Schmatz gebraucht, um sich seinen Sammel-Traum zu erfüllen. Und so kann er heute auf mehr als 100 Flippern die Kugel rollen lassen. Es handelt sich um sämtliche Bally- und Williams-Flipper von 1985 bis zum Firmenende 2000. Um den Geräten den passenden Platz zu schaffen, hat Schmatz ein ehemaliges Wirtschaftsgebäude des Grillenhofs in Neulengbach dafür hergerichtet. „Das Besondere daran ist, dass die Geräte aufgebaut und zugänglich, anstatt nur eingelagert sind“, betont der Sammler.
In seinem im Vorjahr eröffneten Museum findet sich aber noch viel mehr. Im sogenannten Saal Classic ist eine Lego-Sammlung untergebracht. Natürlich nicht irgendeine: hier sind alle Lego-Sets, die jemals produziert wurden und auch nur entfernt etwas mit Zügen zu tun haben sowie alle Technic-Sets bis ins Jahr 2005 ausgestellt. „Das lässt die Herzen von großen und kleinen Lego-Freunden höher schlagen. Und für die Kinder gibt es eine große Auswahl zum selbst Bauen in jedem Alter“, erklärt Schmatz. Insgesamt sind es 341.797 Lego-Elemente, die in mehr als 330 Vitrinen ausgestellt sind.
Die Besucherzahlen von „Eitle Kinderkram“ halten sich noch in Grenzen, aber Schmatz ist überzeugt, dass er mit seiner Sammelleidenschaft einen Nerv bei Besuchern trifft: „So etwas muss sich erst herumsprechen“, meint er, „wo gibt es das sonst noch in Österreich?“. Geöffnet ist immer sonntags und nach Vereinbarung. Dann führt Daniel Schmatz durch sein Reich und erklärt die Hintergründe. (Infos: kinderkram.eitle.at)
Das Wurlitzer-Fieber
Auch Wilfried Freitag aus Ziersdorf (NÖ) ist früh dem Sammeln verfallen – sein „Krimskrams“ waren mit sechs Jahren zunächst Radios. Mit acht Jahren kam dann ein anderes technisches Gerät dazu, das für Musik sorgte: Der Wurlitzer.
Nun präsentiert der 54-Jährige gleich 100 davon in seinem Museum – allerdings nicht nur Wurlitzer, denn Wurlitzer ist nur der Name eines Herstellers, auch andere Musikboxen bzw. Jukeboxen besitzt er. „Die bekanntesten Hersteller waren alle aus Amerika – auch Wurlitzer“, erklärt der Weinviertler. Seine erste Musikbox hat er von seinem Onkel geerbt. „Die war verunstaltet und ist heute nichts mehr wert, aber für mich war sowieso nur die Musik wichtig“, schmunzelt er. Heute hat der Malermeister viele wertvolle Raritäten in seiner Sammlung – und es werden stetig mehr. „Mein Vater und ich restaurieren zirka drei im Jahr“, sagt er. „Vier“, ergänzt der Senior, „zumindest, wenn es nicht komplette Schrotthaufen sind, das ist nämlich häufig der Fall.“ Ob sein Sohn ihn mit dem Wurlitzer-Fieber infiziert hätte? – „Nein, das war ich schon längst. In meiner Jugend hat man sich dort getroffen, wo es einen gab“, erzählt er. „Sie haben die neuesten Schlager gespielt, noch bevor sie im Radio waren“, ergänzt Wilfried Freitag.
Am ältesten Modell im Museum – einer Seeburg M100A aus dem Jahr 1949 – drückt er auf einen Knopf und schon sieht man, wie die Schellackplatte herausgenommen wird und ein Song beginnt. „Hier hat Seeburg für eine Sensation gesorgt, erstmals konnte auch die B-Seite abgespielt werden. Das bedeutete: doppelte Auswahl“, so Freitag.
In seinem Museum macht man eine Reise durch die Zeit, begleitet von der passenden Musik – Bill Ramsey, Elvis Presley, Ricky Nelson, Neil Diamond, Udo Jürgens („extrem rar“) oder etwa Dieter Bohlen tönen da im „traumhaften Sound“, die eine Musikbox laut Freitag bietet. Deswegen hat er auch eine Sammlung von „weit mehr als 10.000 Platten“ dazu. „Um die kümmert sich mein Sohn“, sagt der Bastler und führt vom Wurlitzer, der aussieht wie jener in der gleichnamigen TV-Sendung von Peter Rapp, über das meistverkaufte Stück weltweit aus dem Jahr 1986 bis zu einem „Ladenhüter“, auf den der Experte besonders stolz ist. „Es ist ein Modell der Firma United, davon gibt es nicht einmal ein Foto in den Sammlerverzeichnissen, sondern nur eine Zeichnung“, erklärt er.
Im Lauf der Zeit wandelten sich die Musikboxen nicht nur technisch, sondern auch optisch – von leuchtenden „Disco-Orgeln“ bis zu solchen, die aussehen wie eine Bauerntruhe (zumindest, bis man den Deckel aufmacht). Doch je lauter die Discos wurden, umso leiser blieben die „Wurlitzer“. Seit ein paar Jahren sei allerdings ein Gegentrend bemerkbar: „Sie sind wieder angesagt. Wir vermieten viele für Hochzeiten und Partys“, erklärt Freitag. Auch damit finanziere sich das Museum und seine Leidenschaft. (Infos: www.jukebox-salon.at)
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