Rückweisungen: "Das ist unmenschlich und ungerecht"

Abdullah (li.) und Ahmed wurden am Sonntag abgeholt
Irakische Brüder, 19 und 11 Jahre, wurden aus Grazer Heim abgeholt. Doch sie sind nicht abschiebefähig - "derzeit".

"Ich geh’ jetzt auf die Barrikaden. Das sind Kinder", ärgert sich Doro Blancke. Die Steirerin betreut mit dem Verein "Gib mir deine Hand" Flüchtlinge, unter ihnen auch Abdullah und Ahmed: Die Brüder flüchteten alleine über die Balkanroute aus dem Irak und kamen im Februar in Spielfeld an.

Doch Sonntagfrüh wurden sie aus einem Heim der Caritas in Graz geholt: Der 19-jährige Abdullah und sein elfjähriger Bruder sollen zurück nach Kroatien. Noch am Sonntag wurden sie nach Wien gebracht, um von dort aus abgeschoben zu werden. Denn auch die Geschwister sind, was allgemein unter "Dublin-III-Fall" eingereiht wird: Flüchtlinge, für deren Asylverfahren sich Österreich nicht zuständig betrachtet, weil sie über ein anderes EU-Land kamen. Auch in ihrem Fall wieder einmal Kroatien.

Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Caritas in Wien, bemüht sich, Abdullah und Ahmed die Rückweisung nach Kroatien zu ersparen. "Der Kleine weint die ganze Zeit und ist extrem verunsichert", schildert Schwertner.

Das passt zum Befund, den ein Grazer Psychiater bereits im September erstellt hat: Ahmed beschrieb, er sei im Irak entführt und geschlagen worden. Obwohl in Österreich in Sicherheit könne der Bub deshalb "schlecht schlafen und habe solche Angst, dass er sich nicht einmal innerhalb der Wohnung alleine auf die Toilette gehen traue", heißt es im Bericht. Die Einschätzung des Mediziners ist deutlich: "Es besteht derzeit keine Tauglichkeit für eine Überstellung in ein anderes EU-Land."

Frist bis 20. Dezember

Abdullah und Ahmed gehören zu jenen rund 2000 Betroffenen, die bereits gültige Rückweisungs-Bescheide bekommen haben. Werden sie nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten vollzogen, muss Österreich die Asylverfahren selbst abwickeln: Bei den Brüder läuft diese Frist genau in einer Woche ab, am 20. Dezember. "So kurz vor Weihnachten zwei Brüder, die allein geflüchtet sind, abschieben zu wollen, ist an Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit nicht zu überbieten", ärgert sich Klaus Schwertner.

Ein Rechtsanwalt arbeitet an der Beschwerde dagegen, die sich auch auf das jüngste Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes stützt. Darin wird die Rechtmäßigkeit von Rückweisungen aus Österreich nach Kroatien bezweifelt, solange nicht der Europäische Gerichtshof über eine Klage Sloweniens entschieden hat. Doch aufschiebende Wirkung hat diese Beschwerde keine.

Montagabend kann Schwertner dann aber Entwarnung geben: Die Rückweisung der Brüder ist - fürs Erste - gestoppt. Bei der Gesundheitsüberprüfung Abdullahs und Ahmeds im Familienabschiebezentrum Zinnergasse wurde festgestellt, dass sie "derzeit" nicht abschiebefähig seien.

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