Rotes Kreuz: Nun auch Streit um mögliches Corona-Millionengeschäft
„Ich habe meinen Leuten gesagt: Fahrt das Testen zurück“, sagte US-Präsident Donald Trump im Juni 2020 – und erntete dafür Kopfschütteln. Die Idee dahinter war so einfach wie bestechend. Denn wenn weniger getestet wird, gibt es auch weniger Covid-Erkrankte.
Etwas ähnliches schlug offenbar auch Rot-Kreuz-Geschäftsführer Gerry Foitik im Krisenstab der Bundesregierung vor. Das belegt sein internes Strategiepapier vom 15. Oktober, das dem KURIER vorliegt. Denn dort ist folgendes zu lesen:
Also künftig weniger Tests, um die Zahl der Corona-Infizierten niedrig zu halten - zugunsten des Tourismus?
Bundesrettungskommandant Foitik reagiert verschnupft, als ihn der KURIER dazu kontaktiert. „Das war nicht für die Öffentlichkeit gedacht, auch nicht für die Medien. Fest steht, Sie sollten das jedenfalls nicht haben“, sagt er.
Das Papier stammt von ihm, bestätigt er, war aber ausschließlich für den Krisenstab gedacht. „Es geht hier in keiner Weise um Manipulation von Zahlen“, sagt Foitik. Es gehe um die Vergleichbarkeit mit anderen Ländern. In Österreich werden aktuell Kontaktpersonen 1 - also Menschen, die engen Kontakt zu bestätigten Infizierten hatten, getestet. Täglich würden 500 bis 700 Personen aus diesem Personenkreis positiv registriert.
„Das ist nicht relevant“
Foitik: „Dabei ist das Ergebnis gar nicht relevant. Wenn jemand negativ getestet wird, muss er trotzdem in Quarantäne. Ist er positiv, hat aber keine Symptome, gibt es keine therapeutischen Konsequenzen.“
Andere Länder würden diese Testungen erst gar nicht durchführen - und das führe zu einer Schieflage im internationalen Vergleich. Aktuell hat die EU Österreich als „rot“ eingestuft. „Da hilft das ohnehin nichts.“ Wenn es Österreich schaffe, die Corona-Zahlen deutlich zu verringern und knapp vor „grün“ zu stehen, könnte die Überlegung in die Realität umgesetzt werden. „Um mit anderen Ländern vergleichbar zu sein“, wiederholt Foitik.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch bezeichnete das Strategiepapier jedenfalls als „in höchstem Maße aufklärungsbedürftig“. Sollte es tatsächlich Pläne geben, wonach weniger Tests durchgeführt werden sollen, um die CoV-Zahlen zu drücken, handle es sich um „einen handfesten Skandal“, so Deutsch.
Digitale Lösung, die es schon gibt?
In Foitiks Schreiben gibt es noch eine weitere Stelle, die bemerkenswert scheint. Unter dem Punkt “Digitalisierung (Testen und Contact Tracing)“ schreibt er: “Daher brauchen wir digitale Instrumente – die viel besser skalieren können. Hier ein Beispiel, dessen Umsetzung (digital) 3 Wochen dauert und 3 Millionen kostet.“
Für Ärger sorgt, dass Foitik in der Folge ein Produkt beschreibt, dass es in patentierter Form bereits seit mehreren Monaten auf dem heimischen Markt gibt. Das österreichische Start-up LEAD Horizon, das Anfang 2020 von Wirtschaftsberater Michael Putz und dem österreichischen Virologen Christoph Steininger gegründet wurde, brachte nämlich einen Gurgeltest in Form eines Selbst-Test-Sets inklusive digitaler Lösung auf den Markt.
„Grundsätzlich freut es uns, dass Organisationen, wie etwa das Rote Kreuz, unser erprobtes und erfolgreiches Produkt kopieren möchten. Diese Versuche des Roten Kreuz, auch in der Testlogistik Anschluss an Innovationsführer aus der Forschungsszene zu finden mit einer drei Millionen Euro teuren eigenen Lösung, lassen jedoch wertvolle Zeit ungenutzt verstreichen und verschwenden Steuergelder. Wir haben bereits eine digitale Variante entwickelt und diese ist seit mehreren Monaten bei BIPA und Apotheken sehr erfolgreich im Einsatz“, sagt Steininger.
Eine eigens entwickelte Web-App diene dazu, einerseits Personen sicher durch den Testprozess zu führen und andererseits in einem zweistufigen Verfahren deren Identität zu prüfen. Foitik sagt dazu gegenüber dem KURIER: „Mit denen haben wir nix zu tun. uns geht es ums öffentliche Testen. Wir wollen, dass etwas weitergeht.“
Gesundheitsminister Rudi Anschober zur Anregung, die Testungen zu reduzieren: „Derzeit ist das kein zentrales Thema für mich. Aus virologischer Sicht ist entscheidend, dass die betroffenen K1 in Quarantäne gehen. Am Beginn der Pandemie wurden sie aus Ressourcengründen nicht getestet, sondern nur abgesondert. Seit Ende Mai ist das anders. Es wäre sinnvoll, wenn in Europa in diesen Fragen einheitlich vorgegangen werden würde.“
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