Raserautos beschlagnahmen: Experten äußern Bedenken

Mit Tempo 110 über den Wiener Ring zu brettern oder mit 170 km/h durch den Tauerntunnel – das kann künftig nicht nur den Führerschein kosten, sondern auch den fahrbaren Untersatz. Entsprechende Forderungen der Bundesländer Wien, Salzburg und Kärnten sowie mehrerer SPÖ-Politiker werden nun von der Regierung umgesetzt. Nur kurz nach der umstrittenen Radlernovelle wird nun die Straßenverkehrsordnung (StVO) erneut geändert.
Geplant ist ein mehrstufiges Modell, das allerdings nicht ganz so scharf ist wie in Italien oder der Schweiz, wo es zusätzlich auch noch Haftstrafen gibt. Zunächst entscheidet der Polizist vor Ort, ob das Auto zwei Wochen konfisziert wird. 60 km/h im Ort oder 70 im Freilandbereich zu viel, sollen diese Maßnahme künftig rechtfertigen. Das kann also auch geborgte und geleaste Autos und Motorräder treffen. Rund 400 derartige Fälle werden erwartet.
BH entscheidet
Wie es mit dem Fahrzeug danach weitergeht, das entscheidet schließlich die Bezirksbehörde (aber kein Gericht). Sie kann das Fahrzeug versteigern lassen. Kommt es dazu, dann gehen 70 Prozent der Einnahmen an den Verkehrssicherheitsfonds, der Rest an die betroffene Gemeinde. Insgesamt könnte das jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag bringen.
In diversen Online-Umfragen sind ungefähr 60 bis 70 Prozent der Österreicher für diese harte Maßnahme gegen Raserexzesse. Auch die Mehrheit der Verkehrsexperten steht dem Regierungsplan nicht abgeneigt gegenüber.
ÖAMTC-Chefjurist Martin Hoffer findet etwa den Vorschlag als „Ultima Ratio“ gut, allerdings gehöre das ins Strafgesetzbuch und nicht in die StVO. Denn diese würde der Roadrunner-Szene mehr Schlupflöcher ermöglichen. Außerdem würden andere Länder zwar die Verfahrenskosten einbehalten, nicht aber die komplette Verkaufssumme.

Unterschiedliche Strafen
Konkret kann die angekündigte Novelle auch zu einer unverhältnismäßigen Bestrafung der Lenker führen, warnt ARBÖ-Generalsekretär Gerald Kumnig: „Die Beschlagnahmung ist als Strafe zu werten. Daher zahlt jemand, dessen 1.000-Euro-Fahrzeug beschlagnahmt wird, eigentlich viel weniger Strafe als jemand, der sein 100.000 Euro-Auto abgeben muss.“ Kumnig sieht ebenso verfassungsrechtliche Bedenken wie der ÖAMTC.
Schwierig wird die Lage jedenfalls bei Fahrzeugen, die dem Raser gar nicht gehören. Zwar soll es dann für die Delinquenten entsprechend längere Führerscheinentzüge geben. Doch die Details dazu sind noch unklar. Als wichtigen ersten Schritt bezeichnet es Stadträtin Ulli Sima (SPÖ), die die Beschlagnahme zuletzt mehrfach eingefordert hatte. Sie möchte aber auch einen Straftatbestand wie in Deutschland, wo allein die Teilnahme an einem illegalen Straßenrennen mit bis zu zwei Jahren Haft bedroht ist. Die FPÖ kritisiert hingegen die „autoritären Enteignungsfantasien einer grünideologischen Ministerin“.
Die angesprochene Leonore Gewessler sieht das Auto hingegen als Tatwaffe, die man Extremrasern aus der Hand nehmen müsse. Bei Wiederholungstätern solle das Fahrzeug zwingend versteigert werden. „Bei den Geschwindigkeiten, über die wir hier reden, hat im Straßenverkehr niemand mehr volle Kontrolle über sein Fahrzeug“, sagte Gewessler. Die Novelle würde ohnehin nur eine kleine Gruppe von Unbelehrbaren treffen. Verfassungsrechtliche Probleme erwartet sie nicht, da es ein entsprechendes Gutachten des Verfassungsjuristen Peter Bußjäger gibt.
Eigentlich wurden vergangenes Jahr erst im September die Maßnahmen für Raser verschärft, so wurde die Entzugsdauer des Führerscheins für Schnellfahren auf ein Monat erhöht. Dies habe allerdings nicht den gewünschten Erfolg gehabt, heißt es aus Regierungskreisen.
Teil der Novelle hätte eigentlich auch ein Grenzwert für Cannabis am Steuer sein sollen. Doch dies fand keine Zustimmung beim Koalitionspartner ÖVP. Deshalb bleibt es vorerst beim Raserpaket. Die entsprechende StVO-Novelle geht nun in Begutachtung.
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