Polizei und Heer üben die zweite Migrationswelle
Eines ist sicher: In den kommenden Wochen und Monaten wird es wieder mehr Migration in bzw. nach Europa geben. Das ist dem Wegfall der corona-bedingten Grenzkontrollen zuzuschreiben. Das Wiener Zentrum für Migrationspolitik rechnet damit, das im Herbst bereits wieder die gleichen Migrationszahlen wie im Vorjahr erreicht werden.
Laut aktuellen Schätzungen des Innenministeriums in Wien befinden sich derzeit rund 100.000 bis 120.000 Migranten in Griechenland, rund 20.000 befinden sich derzeit auf dem Weg über den West-Balkan. Doch vor allem Kroatien und Bosnien haben ihre Vorgangsweise verschärft, die Polizei geht nun härter (manche sagen überhart) gegen die Flüchtlinge vor.
Route über Tunesien
Eine Zunahme gibt es auch bei der Migrationsroute über Tunesien nach Europa, zuletzt starben hier 55 Menschen bei einem Bootsunglück. Der Weg über dieses afrikanische Land scheint attraktiver zu werden.
Man registriert bei der Polizei außerdem eine zunehmende Aktivität der Schlepper in sozialen Medien, vor allem die gefährlichen Container-Transporte sind derzeit auf der Balkanroute wieder auf dem Vormarsch, weil sich die Migranten wegen der Corona-Maßnahmen nicht unter den normalen Personenverkehr mischen können.
„Wir stellen in den vergangenen Tagen und Wochen wieder verstärkt Aufgriffe fest – wie etwa vergangenes Wochenende im Bezirk Bruck/Leitha“, sagt Brigadier Gerald Tatzgern vom Innenministerium. „Vergangene Woche wurden in Slowenien 22 Migranten in einem Tankwagen entdeckt. Hier zeichnet sich eine gefährliche Entwicklung ab“.
25.000 Todesopfer
Derartige Transporte führten zu den Tragödien von Parndorf (71 Tote) und London (39 Tote). Laut dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan starben in den vergangenen acht Jahren in Summe 25.000 Menschen im Mittelmeer.
Wegen der zunehmenden Aktivitäten auf den Schlepperrouten planen Innenminister Karl Nehammer und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP) für Donnerstag und Freitag kommender Woche eine große Übung an der Staatsgrenze in Nickelsdorf. „Diese wird aber jedenfalls kleiner und weniger martialisch als jene von Innenminister Herbert Kickl“, heißt es aus dem Innenressort gegenüber dem KURIER.
Diese Übung sorgte für Schlagzeilen, weil sie den gleichen Namen wie eine rechtsextreme Bewegung trug und – auch innerhalb der Exekutive – als Show bezeichnet wurde. Deshalb bleibt die jetzige Übung gleich ohne Namen.
An der namenlosen Übung werden etwa 130 Bedienstete aus den Landespolizeidirektionen Niederösterreich, Burgenland und der Steiermark teilnehmen. Das Bundesheer wird mit 80 Soldatinnen und Soldaten sowie mit einem Black Hawk-Hubschrauber und weiterem technischen Gerät vertreten sein, heißt es.
„Die Vorbereitung auf mögliche Einsatzszenarien – vor allem wenn sie interministerielle Zusammenarbeit erfordert – muss in regelmäßigen Abstand trainiert und geübt werden. Nur so kann der Einsatzerfolg gewährleistet werden“, sagt Innenminister Karl Nehammer.
„Die vergangenen und laufenden Einsätze haben gezeigt, wie wichtig die gute Zusammenarbeit von Polizei und Bundesheer ist“, betont auch Tanner. „Aus diesem Grund sind gemeinsame Übungen unerlässlich. Durch eben solche Übungen werden wir laufend besser.“
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