Acht Prozent der Österreicher haben laut Statistik Austria eine registrierte Behinderung. Viele Menschen sind deshalb auf Online-Shopping angewiesen, auch weil sie oft nur schwer die Wohnung verlassen oder schwere Einkäufe transportieren können. Sie benötigen auch im Internet etwa größere Schriften, einfache Sprache oder Informationen, die vorgelesen werden.
Manche können auch nur Tastaturen bedienen statt Mäuse oder müssen sogar per Augensteuerung arbeiten. Insgesamt müssen rund 60 Punkte erfüllt sein, damit eine Seite als behindertengerecht gilt.
Ab Juni 2025 muss jeder Internetauftritt in der EU von Firmen ab zehn Mitarbeitern oder zwei Millionen Euro Jahresumsatz diese Vorgabe erfüllen. Bei Zuwiderhandlung drohen dann Strafen bis zu 80.000 Euro. Eigentlich ist das alles seit 2006 in Österreich vorgeschrieben, wurde aber bisher weitgehend ignoriert.
Für viele Firmen könnte es deshalb bald ein böses Erwachen geben, warnt Werner Rosenberger von der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen. Als Beispiel hat der Barrierefrei-Experte die zwölf beliebtesten Online-Märkte getestet - von Amazon über Interspar bis Gurkerl oder Foodora.
"Sieben von zwölf der beliebtesten Webshops für Lebensmittel in Österreich sind demnach in der jetzigen Form für viele Menschen mit Behinderungen nicht nutzbar. Mehr als die Hälfte also", erklärt Rosenberger. Selbst beim Testsieger Billa sieht man laut dem Fachmann kleine Probleme mit dem Schriftkontrast.
Gute Bewertungen erhielten auch Foodora, Flink, Shöpping oder Amazon. Drei Webshops erwiesen sich hingegen als "überhaupt nicht zugänglich" für Menschen mit Behinderungen.
Barrierefreiheit wird ab Juni 2025 zum Gesetz
Es gehe nicht darum, Firmen an den Pranger zu stellen, sondern um Bewusstsein zu schaffen und auf die drohenden Strafen hinzuweisen, betont der Experte. "Gerade bei den Dingen des täglichen Bedarfs kann es für Menschen mit Beeinträchtigungen eine enorme Einschränkung der Lebensqualität und auch der Selbstständigkeit bedeuten, wenn ein Web-Shop für sie nicht oder nur eingeschränkt nutzbar ist."
Manche nutzen das Internet für bis zu 100 Prozent ihrer Einkäufe. Deshalb sind Menschen mit Behinderungen auch für die Betreiber eigentlich eine wichtige Kundschaft.
Das neue Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) tritt jedenfalls mit 28. Juni 2025 in Kraft. Bis dahin müssen auch private Anbieter bestimmter Produkte und Dienstleistungen die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen. Dabei sind sie selbst für die Prüfung der Konformität zuständig.
Dass es sich für Unternehmen auch abseits der gesetzlichen Verpflichtung auszahlt, ihren Internetauftritt barrierefrei zu gestalten, kann die Münze Österreich bestätigen – Betreiberin eines der umsatzstärksten Webshops Österreichs, der seit Juli diesen Jahres mit dem WACA-Barrierefreisiegel zertifiziert ist:
„Barrierefreie Webseiten sind nicht nur ein Zeichen für eine inklusive Gesellschaft, sondern bieten auch erhebliche wirtschaftliche Vorteile. Sie ermöglichen es, eine größere Zielgruppe zu erreichen und erhöhen die Kundenzufriedenheit durch eine verbesserte User Experience. Die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben schützt vor rechtlichen Konsequenzen, während die erhöhte Benutzerfreundlichkeit die Kundenbindung stärkt und Beschwerden reduziert“, sagt Gerhard Starsich, Generaldirektor der Münze Österreich.
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