Nach mehr als 60 Jahren wieder neues Leben auf Salzburger Alm

Nach mehr als 60 Jahren wieder neues Leben auf Salzburger Alm
Über 60 Jahre wurden am Salzburger Teil des Untersbergs keine Rinder mehr aufgetrieben. Bis ein junger Landwirt auf ein altes Weiderecht zurückgriff.

Auf Österreichs Almen gehen wieder die Wölfe um. Bauern in Tirol, Kärnten und Salzburg sind in Aufruhr. Sie warnen, dass die vielen Risse durch die Raubtiere dazu führen könnten, dass Almen nicht mehr bewirtschaftet werden. Und in der Folge ohne grasende Tiere die typischen Wiesen verschwinden und die Flächen von Buschwerk überwuchert würden.

Die Zahl der Almen ist in Österreich schon vor der Rückkehr der Wölfe in die heimischen Alpen stark zurückgegangen. Zur Jahrtausendwende gab es noch 9.163 Almen, 2020 waren es nur noch 8.081. Die Zahl der aufgetriebenen Tiere hat sich in diesem Zeitraum hingegen sogar gesteigert – von rund 432.000 auf rund 435.000.

8.081 Almen gibt es in ganz Österreich – Stand 2020. Im Jahr 2000 waren es noch 9.163. Die meisten Almen gibt es in Tirol (2.073),  Kärnten (1.821) und Salzburg (1.750).

435 Tausend Almtiere wurden 2020 in die Berge aufgetrieben. Das sind sogar mehr als zur Jahrtausendwende (432.000).

302 Tausend Rinder verbringen den Sommer auf der Alm. Der Rest sind Ziegen, Schafe und Pferde.

Am Salzburger Teil des Untersbergs wurden seit über 60 Jahren keine Rinder mehr aufgetrieben. Bis ein junger Landwirt auf ein altes Weiderecht zurückgriff und im Vorsommer erstmals wieder fünf Tiere auf die Vierkaseralm in 1.600 Metern Höhe brachte. Mittlerweile hat sich ihre Zahl auf zwölf erhöht.

Freiwillige Helfer

Möglich ist das, weil Freiwillige des Alpenvereins den Bauern beim Freischneiden der zugewachsenen Almfläche unterstützen. Sie stehen gerade wieder für vier Tage im Arbeitseinsatz.

Von den vier Landwirten, die die Alm ursprünglich bewirtschaftet haben – daher der Name – hatten alle im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert ihre Almgründe und Rechte verkauft. Einzig die Familie von Sebastian Feldbacher aus Großgmain behielt Nutzungsrechte.

Durch eine genetische Veränderung enthält die Milch der Kuh Insulin.

Durch eine genetische Veränderung enthält die Milch der Kuh Insulin.

1958 ließen die Großeltern des heute 31-Jährigen die Alm aber auf. Hütte und Stall verfielen, die Weideflächen wucherten mit Latschen zu. „2018 hatte ich einen schweren Arbeitsunfall und bin einige Zeit im Rollstuhl gesessen“, sagt der Nebenerwerbslandwirt. „Da hab ich es schätzen gelernt, wieder auf den Berg gehen zu können.“ Dabei besann er sich der alten Alm und beschloss, sie wiederzubeleben.

Unterstützung kam vom Salzburger Alpenverein. Nach 2020 und 2021 werden auch diese Woche noch bis Sonntag 20 Helfer im Zuge einer „Almpartnerschaft“ die Flächen schwenden – also Gebüsch und Sträucher zurückschneiden. Bevor die ersten Rinder auf die Alm zurückkehrten, mussten zunächst der steile und schmale Zustiegsweg rindertauglich gemacht und ein Teil der Alm mit Stacheldraht umzäunt werden. „Bis letztes Jahr wurden 1.400 ehrenamtliche Stunden geleistet“, bilanziert Feldbacher. Sein Weiderecht umfasst rund 85 Hektar. Aber nur gut acht Hektar gelten als wirkliche Almfläche.

Uni begleitet Almprojekt

„Die Tiere nehmen die neuen Flächen sofort an“, erklärt Gudrun Wallentin, Ökologin und Geoinformatikerin an der Universität Salzburg. Die Uni begleite das Almprojekt wissenschaftlich. „Wir schauen uns an, wie so eine Renaturierung einer Alm funktioniert. Unsere Hypothese ist, dass die Biodiversität wächst.“ Latschen seien Monokulturen, sie verrotten schlecht, der Boden unter ihnen versauere. „Typische Alm- und Heilkräuter, also das gute Gras für die Rinder, wächst dann nicht mehr.“

Schafe oder Ziegen gibt es auf der Alm übrigens nicht, weil diese als „unreines Getier“ in der Urkunde stehen würden, so Feldbacher. Auch Milchwirtschaft ist kein Thema. „Ich könnte die Milch gar nicht verbringen“, sagt der Bauer. Er würde das Fleisch der Tiere in Zukunft gerne direkt vermarkten. „Meine Rinder gehen von Geburt an alles zu Fuß. Das sorgt nicht nur für weniger Tierleid, sondern auch für stressfreies Fleisch.“

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