Millionencoup: Minister heizt Rechtsstreit an
In nur einer Nacht haben 68 Bankkunden in Niederösterreich und Wien ein Vermögen im zweistelligen Millionenbereich verloren. Seit November ist völlig unklar, was sie von ihrem gestohlenen Hab und Gut aus den Bankschließfächern zurückbekommen. Einige haben bereits die Banken geklagt, andere setzen auf Verhandlungen ihrer Anwälte.
Der Rechtsstreit wird nun jedenfalls noch einmal ordentlich angeheizt – und zwar ausgerechnet durch Konsumentenschutzminister Rudolf Anschober (Grüne). Wie aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung seines Ministeriums hervorgeht, müssen die Institute voll für die Safeinhalte haften. Der Oberste Gerichtshof sieht das allerdings völlig anders.
Drei Banken
Am 13. November knackten zumindest 7 unbekannte Personen (eine Täterin und sechs Männer) 68 Schließfächer – 29 in der Bank Austria in Klosterneuburg, 31 in der Raiffeisenbank Mödling und 8 in der Raiffeisen-Filiale in Wien-Döbling.
100.000 Euro Belohnung
Trotz einer Alarmauslösung in einer Bank konnten die Gangster flüchten. Die Tätergruppe war seit August 2020 mehr als 40-mal zum Auskundschaften und Manipulieren in die Saferäume eingedrungen. Mit einem Skimming-Tool wurden die Kartenlesegeräte manipuliert und die Daten der Kunden abgesaugt. Versteckte Kameras filmten die Eingabe des PIN-Codes im Saferaum. Für Hinweise auf die Täter sind 100.000 Euro Belohnung ausgesetzt.
Vertragsklauseln in den Safemietverträgen, wonach die Banken bei leichtem Verschulden nur bis zu einer Höchstgrenze von 3.500 Euro geradestehen müssen, sieht Anschobers Ministerium als „gesetzeswidrig und unwirksam“ an. „Das Konsumentenschutzgesetz verbietet Haftungsbeschränkung bei leichtem Verschulden in Fällen, in denen das Unternehmen Sachen des Verbrauchers in seinen Gefahrenbereich übernimmt.
Bei Safe-Mietverträgen kommt es zu einer solchen Gefahrenübernahme, da sich das Kreditinstitut ausdrücklich verpflichtet, den Safe und damit auch die in ihm befindlichen Sachen zu sichern“, so Anschober. Das Sicherheitssystem werde ausschließlich vom Kreditinstitut gestaltet und kontrolliert. Es sei daher kein sachlicher Grund erkennbar, warum sein Versagen Kunden zur Last fallen sollte, so das Ministerium.
OGH sagt das Gegenteil
Völlig verwundert über diese Aussage ist man bei der Raiffeisenbank. „Die Rechtsansicht des Bundesministeriums widerspricht damit der höchstgerichtlichen Judikatur“, sagt Unternehmenssprecherin Michaela Haber. Nach einem Verbandsprozess der Arbeiterkammer gegen die Raiffeisenbank betreffend der Klauseln für die Kundensafes, wurden die Haftungsbeschränkungen vom OGH als wirksam anerkannt.
Hinter den Kulissen laufen Verhandlungen, wie viel von dem Millionenschaden die Banken ihren Kunden ersetzen. Über die Inhalte wurde bisher Stillschweigen vereinbart. Haber will nur so viel verraten: „Wir führen konstruktive Gespräche mit den betroffenen Kunden, die wegen der Besonderheit des Sachverhalts nachvollziehbarerweise länger dauern.“
Wie vom KURIER berichtet, hatte eine gewiefte Bande am 13. November in einer konstatierten Aktion 68 Schließfächer geknackt – 29 in der Bank Austria in Klosterneuburg, 31 in der Raiffeisenbank Mödling und 8 in der Raiffeisen-Filiale Wien-Döbling. Es fehlen Geld, Schmuck, Uhren und Wertpapiere in zweistelliger Millionenhöhe. Die Tätergruppe war seit August 2020 mehr als 40-mal unbehelligt zum Auskundschaften in die Saferäume eingedrungen.
Wenn ein vermeintlich sicheres Schließfachsystem derart leicht umgangen wird, sehen die Opferanwälte, der Verbraucherschutzverein (VSV) und die Plattform für kollektiven Rechtsschutz „Cobin Claims“ die Banken in der Pflicht. Diese argumentieren allerdings mit ihren Haftungsbeschränkungen.
Zusatzversicherung
Wer also keine Zusatzversicherung über den Inhalt des Safes abgeschlossen hat, sei streng genommen nur bis 3.500 Euro versichert. Ein wesentlicher Knackpunkt ist vor allem der Nachweis und die Dokumentation des Safeinhalts, sagt Opferanwalt Johannes Schriefl.
Nur zu behaupten, ein paar hunderttausend Euro verwahrt zu haben, sei vermutlich zu wenig. Problematisch könnte es für jene werden, die ihr Vermögen in anonymen Sparbüchern gebunkert haben. „In solchen Fällen müssten wir ja Meldung an die Finanz machen“, so Haber.
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