Die "professionellen" Klimaaktivisten: Wer sie bezahlt und dahintersteht
An der Briefkasten-Adresse „Brick Row, GL5 1DF“ in der mittelenglischen Stadt Stroud laufen alle Spuren der internationalen (auch österreichischen) Klimabewegungen zusammen. Extinction Rebellion hat hier ebenso seinen Hauptsitz wie die Essens-Aktivisten Robin Food oder die Klimakleber der Letzten Generation.
Tatsächlich findet man an der Adresse aber nur ein leer stehendes Lagerhaus. Und zwar dieses:
Als Verantwortliche sind bei allen Gruppen die gleichen zwei Namen angeführt: Gail Bradbrook und George Barda. Erstere wurde durch Drogen zur Aktivistin, Barda demonstriert seit vielen Jahren gegen Kapitalismus, für das Klima oder mischt bei Studentenprotesten mit.
Auch bei der Aktivierung von Geldreserven ist die Lage eher monoton. Der „Climate Emergency Fund ist der Hauptfinanzierer des A22-Netzwerks und der Rekrutierung, Schulung und des Kapazitätsaufbaus unseres 11-Mitglieder-Projekts“, heißt es in einer gemeinsamen Deklaration.
Eines der elf Mitglieder des Netzwerkes ist die Letzte Generation Österreich.
Öl-Millionen für Protest
Der Climate Emergency Fund wurde 2019 von der Öl-Erbin Aileen Getty gegründet. Mit Millionenaufwand wurden von diesem – laut eigenen Angaben – 106 Organisationen gegründet und 30.000 Aktivisten ausgebildet. Über seine Geldflüsse nach Österreich schweigt man sich aber aus.
Laut Welt am Sonntag, die interne Chats zugespielt bekam und an Seminaren teilnahm, bekommen die Aktivisten bis zu 1.300 Euro monatlich als Gehalt ausbezahlt. Unter Umständen können sie sogar sozialversicherungspflichtig angestellt werden. Auch Mietkosten werden mitunter finanziert, schließlich wird die Zeit für Klebeaktionen benötigt, geregelte Arbeit ist da nicht drin.
In Österreich soll der US-Fonds zumindest Plakate, Flyer, Banner und Superkleber finanzieren, sagte eine Aktivistin der Letzten Generation dem profil. Florian Wieser, Pressesprecher der Letzten Generation, bestreitet das. Allerdings stimmt es, dass sieben Personen im Angestelltenverhältnis stehen.
Eher mysteriös bis dubios ist die Finanzierung von Extinction Rebellion Österreich. Im Hintergrund wurde im Juli 2019 eine „Partei für das Überleben der Menschheit“ gegründet, bestätigt das Innenministerium. Protagonisten und die Satzung werden geheim gehalten. Eine Anfrage dazu ließ die Gruppe unbeantwortet. Spenden werden aber auch über ein Vereinskonstrukt lukriert.
Sich selbst teilen die Aktivisten der Letzten Generation in „Bienenköniginnen“ (Anführer kleiner Gruppen) und „Klebebienen“ (Fußvolk) ein. Einen höherrangigen Anführer scheint es nicht zu geben.
Drei Kategorien
Verfassungsschützer teilen die Aktivisten in drei Kategorien ein: Die erste Gruppe unterstützt finanziell oder logistisch, hält sich aber stets im Hintergrund. Die zweite wird selbst aktiv, nimmt an Aktionen teil, will aber keine Probleme mit der Obrigkeit bekommen. Und die dritte ist bereit, für ihre Überzeugung ins Gefängnis zu gehen.
Wobei es durchaus Überschneidungen gibt, also Personen, die in mehreren Gruppen aktiv sind. Dafür spricht auch, dass Extinction Rebellion und Letzte Generation im Herbst gemeinsame Großaktionen planen.
Antje Daniel, Protestforscherin an der Universität Wien, sprach zuletzt von einer „Professionalisierung“ der Klimabewegung. Tatsächlich gibt es Newsletter, brandaktuelle Twitterinfos und Pressefotos von jeder Aktion.
Klimaschutz und Linksextremisten
Während Linksextremisten die Medien verteufeln, sind zumindest große Teile der Klimaschutzbewegung an einer positiven Berichterstattung interessiert. Dennoch gibt es immer wieder Versuche der Extremisten, die Klimabewegung zu unterwandern – etwa die deutsche Bewegung „Ende Gelände“, die eine friedliche Demo vor der Wiener Urania ziemlich eskalieren ließ.
Im Gegensatz zur vor allem von Schülern getragenen Bewegung Fridays for Future haben sich die Teilnehmer laut Daniel mittlerweile stark verändert: „Die Aktivisten von Extinction Rebellion und Letzte Generation haben sehr unterschiedliche Biografien, da sind auch Erwachsene dabei, die berufstätig sind. Es sind vor allem bei der Letzten Generation Personen involviert, die eine Form von Enttäuschung erlebt haben.“
Denn, so die Expertin: „Es gibt den neuen Begriff der Klimaangst. Und Studien zeigen, dass damit Angststörungen und Depressionen einhergehen. Das wird als etwas existenziell Bedrohendes erlebt.“
Greta Thunbergs Rolle
Die bisherigen Galionsfiguren nehmen hingegen immer kleinere Rollen ein, meint die Universitätsprofessorin: „Öffentliche Figuren wie Greta Thunberg sind für die Mobilisierung nicht mehr so wichtig wie vor vier oder fünf Jahren.“
Die Aktivisten verfangen sich aber zunehmend in dem Problem, dass ihre Klebeaktionen immer unpopulärer in der Bevölkerung werden.
„Am Anfang war Verständnis da, aber das schwindet – auch bei uns“, sagt eine ranghohe Person aus dem heimischen Sicherheitsapparat. Die Polizei lässt die Aktivisten deshalb immer häufiger einfach kleben, auch die Übergriffe von erbosten Autofahrern nehmen zu.
Von den konkreten Forderungen der verschiedenen Gruppen ist jedenfalls auch sechs Jahre nach dem Beginn der Proteste nichts umgesetzt. Bis 2025 werden die Treibhausemissionen kaum auf Null gesenkt werden, nicht einmal die Grüne Verkehrs- und Klimaschutzministerin, Leonore Gewessler, nutzte die Chance der Energiekrise, um das klimaschonende Tempo 100 auf Autobahnen einzuführen.
Bisher wenig Erfolge durch die Proteste
Verschiedenste Klimagesetze in Österreich sind auf die lange Bank geschoben. Also – frei nach William Shakespeare – viel Lärm um nichts?
Zumindest die Forscherin Daniel sieht positive Aspekte für die Protestbewegung: „Die Klimagerechtigkeitsaktivisten schaffen es, das Thema Klima – trotz Corona, Inflation oder Ukrainekrieg – immer wieder ins Bewusstsein zu bringen. Allerdings wird in den Medien mehr über den Ärger und das Im-Stau-Stehen berichtet. Wenn wieder über das eigentliche Thema geschrieben wird, ist ihr Dilemma gelöst.“
Wieser ist trotz der nicht zählbaren Erfolge überzeugt: „Unser vordergründige Strategie ist es, mit aufsehenerregenden und provokanten Protesten die Warnungen der Wissenschaften vor der Klimakatastrophe in die öffentliche Debatte zu bringen. Diese Strategie geht voll auf.“
Kommentare