Image-GAU für Tirol: "Rabenschwarze Tage für Tourismus"
Die "Marke Tirol", wie sie von Politikern und Wirtschaftsvertretern im alpin geprägten Bundesland gerne stolz genannt wird, ist nachhaltig beschädigt. Das steht bereits fest, selbst wenn die Dimension erst nach Ende der Corona-Krise greifbar sein wird.
Denn mit Ischgl steht einer der größten Wintersportorte Tirols im Zentrum von negativen Schlagzeilen weltweit. Das Dorf im Paznauntal wird als das „Wuhan Europas“ bei der Ausbreitung des Coronavirus bezeichnet.
In Ischgl wie auch im Ötztal, am Arlberg, im Zillertal und nun auch im kleinen Skigebiet Axamer Lizum nahe Innsbruck gelten Après-Ski-Parties als Auslöser der Verbreitung von Covid-19. Die Frage nach der Verantwortung wird längst gestellt.
Aufklärung angesagt
Der Tourismus, eine wichtige Säule der Tiroler Wirtschaft, steht auf wackeligen Beinen und vor einer ungewissen Zukunft. „Das sind rabenschwarze Tage für den Tourismus“, sagt Mario Gerber, Branchensprecher der Tiroler Hotellerie. Für den VP-Landtagsabgeordneten ist klar: „Es wird Aufklärung geben müssen.“ Das habe sich auch die Bevölkerung verdient.
Welche Vorwürfe stimmen, könne er aus heutiger Sicht nicht bewerten: „Ich glaube nicht alles, was ich lese. Aber wenn manche Dinge stimmen, dann ist das starker Tobak. Für das Image des Tiroler Tourismus ist das alles nicht förderlich.“ Derzeit geht es aus Gerbers Sicht zunächst aber darum, wie die Betriebe und deren Mitarbeiter durch die Krise kommen: „Wir wissen nicht, wo wir gerade stehen.“
Wie in allen durch die Corona-Krise betroffenen Branchen ist auch für den Tourismus derzeit noch vollkommen unklar, wann der Betrieb wieder anlaufen kann. Hinzu kommt die Ungewissheit, wie stark der Ruf Tirols als Urlaubsland gelitten hat.
Mehr als zwölf Millionen Gäste kamen 2019 ins Land. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) will sie mit „offensiven Maßnahmen“ umwerben. Er ortet zwar ebenfalls einen Schaden, meinte bei einer Videopressekonferenz am Freitag aber auch: „Es wird wieder die Zeit kommen, wo man ein Urlaubsland aussucht. Und da wird Tirol mit Sicherheit auch immer eine große Rolle spielen.“
Gerhard Walter, ehemaliger Tourismuschef von Kitzbühel und Lech am Arlberg, glaubt zwar, dass der Imageschaden wiedergutzumachen ist: „Aber das wird eine Zeit lang dauern. Ich glaube nicht, dass das so schnell und spurlos an uns vorübergeht, wie es sich der ein oder andere vielleicht denkt.“
Nachwehen bei Familien
Besonders bei Familien, die ein höheres Sicherheitsbedürfnis hätten, könne der entstandene Eindruck noch länger nachwirken, vermutet der Tourismusprofi, der in Galtür, dem Nachbarort von Ischgl, aufgewachsen ist. Die Tiroler Krisenkommunikation ist aus Walters Sicht jedenfalls „nicht glücklich gelaufen. Jetzt fährt der Zug in eine Richtung.“
Die Corona-Auswirkungen im Tourismussektor könnten in Tirol jedenfalls Verluste in Milliardenhöhe bedeuten. Das Tiroler Wirtschaftsberatungsunternehmen Ennemoser Consulting rechnete vor, dass ein Verlust von 15 Millionen Nächtigungen und 4 Milliarden Euro Regionaleinkommen drohe.
Gäste
Im Tourismusjahr 2019 kamen 12,4 Millionen Urlauber nach Tirol – Tagesgäste nicht mitgerechnet. Die Zahl der Nächtigungen betrug fast 50 Millionen
Quellmärkte
Die größte Gästegruppe sind die Deutschen (52,1 Prozent der Nächtigungen). Allein hier sollen hunderte Urlauber mit dem Coronavirus aus dem Tiroler Skiurlaub zurückgekommen sein
Wertschöpfung
In Tirol ist der Tourismus eine wichtige Wirtschaftssäule. Das gilt insbesondere für die einst strukturschwachen Talschaften, denen die Urlauber Wohlstand in entlegenen Bergdörfer gebracht haben. 4,5 Milliarden Euro – und damit jeder dritte Euro in Tirol – werden laut der Branche direkt oder indirekt in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft verdient
Möglicher Schaden
Die Corona-Auswirkungen im Tourismussektor könnten in Tirol Verluste in Milliardenhöhe bedeuten. Das Tiroler Wirtschaftsberatungsunternehmen Ennemoser Consulting rechnete vor, dass ein Verlust von 15 Millionen Nächtigungen und 4 Milliarden Euro Regionaleinkommen drohe
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