Ibiza-Detektiv kämpft gegen seine Auslieferung
Es müsste schon ein Wunder geschehen, sagen Justiz-Insider, wenn Julian H., der Regisseur des Ibizia-Videos, nicht von Deutschland nach Österreich ausgeliefert werden würde. Es sei bloß eine Frage der Zeit. Denn der Detektiv wehrt sich seit seiner Festnahme am 10. Dezember 2020 in Berlin sprichwörtlich mit Händen und Füßen gegen den Europäischen Haftbefehl.
H. steht in Österreich im Verdacht des Suchtgifthandels, der versuchten Erpressung wegen des versuchten Verkaufs des Videos an Strache und der Verwendung eines gefälschten slowenischen Führerscheins (Urkundenfälschung).
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat beantragt, die Auslieferung des Verfolgten für (teilweise) zulässig zu erklären. Das Kammergericht Berlin prüft, ob alle formalrechtlichen Gründe für eine Auslieferung vorliegen, nicht aber den tatsächlichen Tatverdacht. So müssen die vorgeworfenen Taten in beiden Ländern entsprechend strafbar sein und die Haftbedingungen in Österreich der Europäischen Menschenrechtscharta entsprechen.
Politisches Asyl
Inzwischen hat Julian H. in Deutschland Asyl beantragt, er hält sich für „politisch verfolgt“ und er behauptet, in Österreich kein faires Verfahren zu erhalten.
Es sei nicht ersichtlich, „dass den von H. zur Last gelegten Handlungen eine politische Motivation zugrunde lag“, stellt das Kammergericht Berlin vor zehn Tagen im 22-seitigen Beschluss fest. „Den Versuch des Anwalts Johannes Eisenberg, seinen Mandanten H. als einen „ungewöhnlich mutigen Mann darzustellen, der Österreich von der Geisel (sic!) einer faschistischen Partei befreit hat, bleibt ohne Erfolg.“
Wäre es H. tatsächlich darum gegangen, so das Berliner Gericht, hätte Julian H. nicht zwei Jahre mit der Veröffentlichung des Videos zugewartet. „Hingegen erklärt der Zeitablauf unschwer aus den im EU-Haftbefehl geschilderten Versuchen H.s, das Video verschiedenen Personen und schließlich die gesamten Aufzeichnungen Strache selbst erpresserisch zum Kauf anzubieten“, stellt das Kammergericht Berlin fest. Das bestreitet H. vehement.
Indes soll er in seinem Asylantrag in Deutschland eine etwaige politische Verfolgung durch die österreichischen Behörden vorgebracht haben. Das Berliner Gericht zweifelt aber die Ernsthaftigkeit des Asylbegehrens an.
Julian H. lebe seit 2015 in Deutschland und wisse seit Längerem, dass in Österreich ermittelt wird. „Wäre H. ernsthaft der Auffassung, politisch verfolgt zu sein, hätte sich eine frühere Einbringung des Asylantrags aufgedrängt“, meint die Berliner Justiz.
976 Häftlinge
Auch räumt das Kammergericht ein, dass bei den Ermittlungen in Österreich womöglich Personen beteiligt waren, die sich Strache politisch verbunden fühl(t)en und deshalb einseitig zu Lasten von Julian H. ermittelt haben, aber es gebe keine Zweifel daran, dass in Österreich die Durchführung eines fairen Verfahrens gewährleistet sei.
Dessen Berliner Anwalt hat ein Schreckenszenario von den schlechten Haftbedingungen in Österreich gezeichnet. So wurde vorgebracht, dass in der Justizanstalt Wien-Josefstadt bis zu acht U-Häftlinge in einem 14 Quadratmeter großen Haftraum untergebracht werden bzw. insgesamt 1.200 Häftlinge auf 990 Haftplätzen.
Laut Kammergericht Berlin sollen diese Angaben auf „die eigenen früheren Hafterfahrungen des Julian H. aus dem Jahr 2015“ zurückgehen. Die Berliner Justiz verlangte nun von der Staatsanwaltschaft Wien Aufklärung.
Diese teilte vorige Woche der Berliner Justiz mit, dass derzeit auf 990 Haftplätzen 967 Häftlinge in der Justizanstalt Wien-Josefstadt untergebracht sind. Die Haftbedingungen entsprechen den Grundsätzen der Menschenrechtscharta der EU und H.s Unterbringung unter derartigen Haftbedingungen kann zugesichert werden.
„Wenn das Ganze scheiße läuft, kann ich mich eingraben gehen“
Aufgezeichnet: Das verhängnisvolle Treffen auf Ibiza war nicht das einzige. Davor und danach soll sich Detektiv Julian H. öfters mit Johann Gudenus getroffen haben. Auch von diesen Treffen wurden Aufnahmen angefertigt, die die Ermittler nun transkribiert haben. Ein Auszug (im Original, Anm.):
Gudenus: Schau, ich hab jetzt mit mehreren Leuten gesprochen. Bauträger, Genossenschaften. Und der ist einer, Top-Wohnbauträger. Der macht nichts anderes. Grundstücke kaufen, umwidmen, bauen, nur alte Sachen.
H.: Das ist der Kontakt, den du im Rathaus hast?
Gudenus: Das ist ein anderer wieder. Ich bin breit aufgestellt. Rathaus, hab ich auch geredet. Das ist ein Lobbyist, der zu Rot und Grün einen guten Zugang hat.
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H.: Vielleicht schaff ma sogar Ibiza und vielleicht Urlaub.
Gudenus: Ja, könn ma vielleicht gemütlich ein, zwei Abende, a bissl was.
H.: (lacht) ab bissl was...
Gudenus: Checken dort, na? Strache ist auch dort übrigens, falls du...
H.: Ja perfekt, da könnt ma das überhaupt machen.
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H.: Er soll ihr halt irgendwie auch ein bissl Zuversicht geben, auf diese, hinsichtlich dieser Strabag-Geschichte. Was da in Ibiza diskutiert wurde. Und schauma mal. Also ich mein, es ist zumindest. Weil momentan ist so...
Gudenus: Es stockt, ja. Du musst dich auch mal in unsere Lage versetzen. Das, das soll jetzt kein Angriff sein, ja? Ich hab ein, ein Grundvertrauen. Aber in Wirklichkeit haben wir, wir noch immer nicht, keinen Pass von ihr gesehen. Ja? Von dir auch nicht. Ja? Also wir haben keine Bonität.
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Gudenus: Was ich auch einmal in zwei Jahren mache, ist, dass ich mein, mein Büro entwanzen lasse. Und das Auto.
H.: Also das Auto ist, glaub ich, meiner Meinung. Ich mein es geht sicher.
Gudenus: Im Auto wird am meisten geredet.
H.: Ja, aber beim Auto ist schwer. Beim Auto brauchst, braucht ein paar. Da brauchst schon permanente Stromversorgung.
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H.: Aber da ist von beiden Seiten so viel Paranoias, dass ich Paranoia schon bekomm. Und ich hab ein Sicherheitsunternehmen.
Gudenus: Ja eh.
H.: Und das ist für mich heikel. Und ich bin in der Geschichte relativ. Ich hab net viel davon. Wenn das Ganze irgendwo auf irgendeiner Seite scheiße läuft, dann kann ich mich eingraben gehen.
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Gudenus: Du, hast du was da? Ich hätt einen Guster. (Laut Ermittlern soll sich das Gespräch um Suchtgift drehen)
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