Es ist ein Lebenslauf, wie ihn wohl kaum jemand vorweisen kann. Vier eng bedruckte Seiten sind notwendig, um die wissenschaftlichen Arbeiten und Kurse die Patricia Fous-Zeiner (43) absolviert hat, aufzuzählen: Krisenintervention, Flugmedizin, Drogenlenker, Corona oder Terror sind nur einige ihrer Themen. Seit 1. März ist sie die erste Chefärztin der Wiener Polizei. Sie setzte sich gegen sechs - großteils männliche - Konkurrenten durch.
"Sie war schlichtweg die beste", sagt jemand mit Einblick in den Bewerbungsprozess. Weder gab es eine (rechtlich erlaubte) Bevorzugung aufgrund des Geschlechts, noch aufgrund ihres Vaters, der frühere legendäre Chefarzt Reinhard Fous, der auch als "Vater des Alkomaten" gilt. Wie die anderen (sehr wenigen) Frauen in polizeilichen Spitzenfunktionen, sieht sie sich nicht als Vorkämpferin: Sie freue sich "auf spannende Aufgaben" und sei "sehr stolz", dass sie befördert wurde. "Aber die Pionierin im chefärztlichen Dienst war Frau Dr. Baldi, die von 1981 bis 2012 in der damaligen BPD Graz tätig war."
Bereits jeder dritte Polizeischüler ist eine Frau, auch jeder vierte Uniformierte ist weiblich. Seit 1991 sind Frauen bei der Polizei zugelassen, aber bei den höheren Funktionen beträgt ihr Anteil gerade einmal elf Prozent. An der Spitze der Pyramide schaut es noch schlimmer aus: Fünf Sektionschefs im Innenministerium, BMI-Kabinettschef, Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Bundespolizeidirektor, Leiter wichtiger Dienststellen wie Bundeskriminalamt, Korruptionsamt oder Verfassungsschutz - weit und breit nur Männer. Mit Michaela Kohlweiß ist gerade einmal eine von neun Landespolizeidirektorenstellen weiblich besetzt, nämlich in Kärnten.
Nicht weil sie sich darum riss, sondern auch mangels anderer Frauen, wurde Kohlweiß im Vorjahr Leiterin eines Ministeriumsprojekts, das herauszufinden soll, woran es hapert. Das wollte schon 2019 ein wissenschaftliches Projekt an der Grazer Karl-Franzens-Universität herausfinden. Für genauere Befragungen fand man allerdings zu wenige Frauen in Spitzenpositionen. Als mögliche Ursachen wurden identifiziert: Dienstliche Bewertungen werden vornehmlich durch männliche Chefs abgegeben, die Frauen tendenziell schlechter bewerten. Polizistinnen wären zwar körperlich im Einsatz mitunter schwächer, würden dies aber durch ihre bessere soziale Kompetenz etwa bei Verhandlungen oder Befragungen mehr als ausgleichen.
Seit über 30 Jahren im Dienst
Als Vorurteil wird in der Studie gezeigt, dass Frauen etwa wegen ihrer Familie Amtshandlungen oder Ermittlungen früher beenden würden. Das sei bei den männlichen Kollegen genauso, etwa wenn diese zum Fußball-Training wollen. Die Wissenschaft setzt dabei wenig Hoffnung auf eine rasche Lageänderung, es benötige noch Zeit, bis sich eine Änderung bei der männerdominierten Polizei durchsetze. Zwar haben die Frauen in den vergangenen 30 Jahren tatsächlich eine gewaltige Wesensänderung des Polizeiapparates bewirkt, bis das ganz nach oben durchdringt, wird aber wohl noch viel Zeit vergehen.
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