Gericht hebt weitere BVT-Suspendierung auf
In der Affäre um die Zerschlagung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung ( BVT) muss Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) eine weitere Niederlage einstecken. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht schon die Suspendierung von BVT-Chef Peter Gridling aufgehoben hat, hob das Gericht jetzt auch die endgültige Suspendierung der BVT-Mitarbeiters Franz. S. auf. Die zuständige Richterin Brigitte Habermayer-Binder verpasst in ihrem zwölf Seiten starken Urteil dem Innenministerium eine rechtliche Breitseite.
„Das Gericht hat rechtskräftig festgestellt, dass mein Mandant mangels jeglichen Anfangsverdachts eines Amtsmissbrauchs oder eines Dienstvergehens nicht suspendiert wird“, sagt Johannes Neumayer, Anwalt des BVT-Chefinspektors, zum KURIER. „Diese Entscheidung zeigt, dass die Gerichte in Österreich hervorragend und unparteiisch arbeiten.“ Zuvor hatte Neumayer schon die vorläufige Suspendierung von Franz S. erfolgreich gekippt.
Offenbar hat das Ministerium bei der Suspendierung bloß den Tatverdacht aus einer Hausdurchsuchungsanordnung der Korruptionsstaatsanwaltschaft angeführt. Demnach soll Franz S. bei der Weitergabe von drei nordkoreanischen Passrohlingen an den südkoreanischen Geheimdienst beteiligt gewesen sein. Laut Gericht ließ das Innenressort völlig offen, wie Franz S. an der angelasteten Pflichtverletzung mitgewirkt haben soll.
„Es ist aus der derzeit vorliegende Aktenlage keine Involvierung von Franz S. an der inkriminierte Beschaffung und Weitergabe der Passrohlinge ersichtlich“, heißt es in der druckfrischen Entscheidung. Noch dazu war laut Gericht dieser Umstand der Generaldirektorin für die Öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis, spätestens seit September 2017 bekannt. Mehr noch: Das Innenministerium hat die Weitergabe im Oktober 2017 noch als „üblich und regulär“ bezeichnet. Zwar führte das Ministerium laut Gericht an, dass Zeugen angegeben haben, die Passrohlinge im Stahlschrank des BVT-Mitarbeiters S. gesehen zu haben, aber zugleich musste das Ministerium einräumen „keine Kenntnis vom Inhalt der Zeugenaussagen zu haben“. das ist aber eigenartig. Denn: Bei zwei Zeugenaussagen war ein Kabinettsmitarbeiter Kicksl sogar persönlich anwesend. Er hatte die "Belastungszeugen" zur Einvernahme bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft(WKStA) begleitet.
„Im Ergebnis begründet das Innenministerium somit seinen Tatverdacht nicht durch die Schlussfolgerung von Tatsachen, sondern ausschließlich damit, dass gegen Franz S. strafrechtliche Ermittlungen laufen, was im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur keine hinreichende Begründung ist“, heißt es weiter.
„Wie schon zuvor bei Gridling zerreißt das BVwG auch die Suspendierung von Franz S. in der Luft. Diese Entscheidung bestätigt unsere Annahme, dass es Innenminister Kickl vor allem darum gegangen ist, das BVT zu destabilisieren, um eine Machtübernahme mit der Brechstange vorzunehmen. Dafür lässt er auch schnell einmal Polizeibeamte fallen“, sagt Stephanie Krisper, die für die Neos im U-Ausschuss zur Causa BMI/BVT sitzen wird, im Gespräch mit dem KURIER.
Laut Neumayer hat der BVT-Beamte Franz S., der im Nachrichtendienst-Referat die Gruppe Nachrichtendienste China Asien leitet, bereits seine Dienstwaffe wieder und wird - nach seinem Urlaub - am Montag wieder den Dienst antreten.
Parlamentarische Kontrolle
Im Namen des nun nicht mehr suspendierten Beamten Franz S. und „anderer erfahrener und besorgter Kollegen der Dienststelle“ fordert Anwalt Neumayer den Erhalt des BVT statt der geplanten Zersplitterung. Die Geheimsphäre der Staatsschützer müsse aber besser gewahrt werden, auch eine parlamentarische Kontrolle wäre sinnvoll. Die Abgeordneten sollten außerdem die Rechtsschutzbeauftragten (RSB) auswählen. Das bisheriges Wirken der RSB sei laut Aktenlage nicht optimal. Auch die Bewilligung der Hausdurchsuchung via Telefon ist dem Anwalt ein Dorn im Auge.
Inzwischen hat die BVT-Causa bereits Auswirkungen auf die gesamten Polizei. Wöchentlich treffen in den Redaktionen anonyme Anschuldigungen gegen missliebige Führungskräfte ein. Einige Beamte rechnen bereits mit weiteren Ermittlungen in den eigenen Reihen.
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