Trends und Tipps: So sehen die Gärten der Österreicher aus
Der Nachbar hat die Schaufel ausgepackt. Er zieht einen Graben durchs Schotterbeet und den Rollrasen. Kabel und Leitungsrohre stapeln sich auf dem kleinen Grundstück.
Die Gartenküche muss mit Energie versorgt werden. Die Abwasch unter freiem Himmel braucht einen Anschluss für den Abfluss. Der Anschlüsse nicht genug: Der Kugelgrill war gestern, heute steht ein Gasgrill im Garten oder alternativ dazu ein Grillfass. Versetzt dahinter steht die Couchlandschaft, die von einer beeindruckenden Leuchte illuminiert wird.
Daneben ein Garten, wie vor Pippi Langstrumpfs Villa Kunterbunt. Die Kräuter wachsen rund um die Bäume, die Büsche blühen. Einen Rasenmäher hat man hier lange nicht mehr gesehen.
„Den Garten der Österreicher schlechthin gibt es nicht“, erklärt Karl Ploberger, den man als Gärtner der Nation bezeichnen kann. Trotzdem sieht er zwei Gruppen.
Er sieht Naturnahe und -ferne Gärten. „Und dazwischen jede Menge Mischformen. Aber naturnahe Gärten werden mehr“, sagt er. „Ein Zeichen dafür sind die Insektenhotels.“ Vor ein paar Jahren selten, jetzt ein beliebtes Objekt im Garten. „Zwar eher zu Dekozwecken.“ Aber immerhin.
Die wachsende Liebe zu Blumenwiesen ist auch so ein Signal fürs Naturbewusstsein. Aber nicht enttäuscht sein, wenn sie nicht sprießen. „Sie sind wahnsinnig schwierig“, sagt Ploberger. Was tun, damit sie funktionieren? „Den gesamten Humus abtragen, und viel Sand bis zu 30 cm tief einfräsen.“
Blumenwiesen wollen magere Böden, und sie müssen ungestört wachsen. Betreten verboten. „Gemäht wird nur zwei Mal pro Jahr.“
Von Saatgutmischungen aus dem Supermarkt sollte man die Finger lassen. „Da sind Blumen drinnen, die nur im ersten Jahr blühen.“ Es gibt Firmen, die Saatgut für den eigenen Boden herstellen.
Eigenes Gemüse
„Die Klimaerwärmung, Ressourcen sparen und das Insektensterben rücken immer mehr in das Bewusstsein der Menschen“, erklären die Experten von „Natur im Garten“ – eine niederösterreichische Initiative. Dadurch ändere sich Gartengestaltung und Pflanzenauswahl.
Laut einer Studie des Gartengeräte-Produzenten Gardena sind 49 Prozent der Befragten der Überzeugung, dass sie durch ihr Verhalten im Garten einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Weil es ständig heißer wird, ist ein eigener Pool oder Teich immer interessanter. Auch hier wird es öko: „Weg von der klassischen Wasserpflege hin zu Salz-Elektrolyse-Anlagen oder nachhaltiger Wasserpflege“, heißt es beim Baumarkt Hornbach.
Der KURIER hat die Baumärkte Obi, Hornbach, Lagerhaus gefragt, was die Österreicher gerade gerne haben und eine Auswahl beliebter Produkte bekommen.
Steckelemente für Zäune und Hochbeete
Wenig pflegeintensiv, das Konsta WPC Steckzaun-System (Hornbach)
Outdoor Living
Gefragt im Lagerhaus: ein Hängesessel aus Stahl mit Liegekissen und Sonnenschutz.
Blickdicht
Ungestört sitzen: Zaunelement WPC (Obi)
Robust für draußen
Klappsessel Suriname (Obi)
Dieser Griller sorgt für Hitze
Ein Gasgriller wie jener von Napoleon (Lagerhaus) löst zunehmend den Kugelgrill ab.
Grillfass immer mehr im Kommen
Grillfass (Hornbach) als Alternative zum Kugelgrill.
Outdoor Living
Lounge-Set Olea aus Polyrattan (Obi)
Dieser Schirm ist beliebt
Balkonschirm Sunline Neo (Obi)
Ein weiterer großer Trend zeichnet sich dabei ab: Der Garten verwandelt sich zum Wohnzimmer im Freien. Outdoor-Living nennt man das. Das heißt auch, dass die Grenzen zwischen Außen- und Innenraum fließend sind. Ein stimmiges Gesamtbild muss her.
Gartenoffice seit Corona
Provisorien gibt es kaum. „Jetzt verlegen wir mal Waschbetonplatten, und wenn Geld vorhanden ist, dann machen wir ein Upgrade.“ Diesen Satz gibt es nicht mehr, heißt es von RWA AG, Dienstleister der Lagerhaus-Genossenschaft. Und wenn draußen alles passt, verlegt man den Arbeitsplatz seit Corona gerne ins „Gartenoffice“.
Auch der Wunsch nach selbst gezogenem Gemüse wächst. Paradeiser gehören zu den Pflanzenlieblingen. Es geht ums Tun. „Nicht so sehr um Selbstversorgung“, sagt Großgärtner Wolfgang Praskac. „Beim Gemüse ist das ein bisserl schwierig, bevor der erste Paradeiser im August reif ist, ist man schon verhungert.“
Sein Unternehmen im Tullnerfeld produziert fast alle Pflanzen selbst. „Wir verkaufen sehr viele Obstbäume: Apfel, Birne, Kirsche“, sagt er. Der Trend gehe auch zu speziellen Sorten wie die Winterharte Kaki, mit orangen Früchten oder die sogenannte Indianerbanane. Auch bei „Natur im Garten“ wird der Trend bemerkt. „Minikiwis und Süßkartoffeln haben Einzug gefunden.“
Eines scheint den Österreichern besonders wichtig: ihre Privatsphäre. Metall- und Kunststoffzäune sind hoch im Kurs. Die Thuje ist zwar weg – vor allem wegen der Schädlinge –, die Abschirmung aber bleibt. Kirschlorbeer und Hainbuchen haben sie abgelöst. Wichtig sei, dass die Pflanzen am jeweiligen Standort funktionieren würden. „Es gibt viele, die sind zwar wunderschön, irgendwo ab Florenz oder in England aber halt nicht in Österreich“.
Wenig Arbeit
Möglichst wenig Arbeit wünschen sich viele mit ihrem Garten. Praskac gibt Hoffnung: „Mit zwei Arbeitsdurchgängen pro Jahr sind 90 Prozent der Arbeit erledigt.“ Das sei wenig. Es kommt allerdings auf die Liebe zum Detail an. „Mehr wird es, wenn ich jede verblühte Blüte einzeln abzwicke.“ Das bezeichnet er dann nicht als Arbeit, sondern als Hobby. Ein wunderschönes Hobby.
- 77,6 Prozent der Hauptsitzwohnungen hatten laut Statistik Austria im Jahr 2023 einen Balkon, eine Loggia, eine Terrasse oder einen Wintergarten.
- Wohnung mit Garten:14,7 Prozent aller Gebäude mit mindestens drei Wohnungen verfügten über einen eigenen Garten.
- 68,7 Euro gab ein beitragender Haushalt im Erhebungszeitraum 2019/2020 laut Statistik Austria für Pflanzen und Pflanzenzubehör aus.
- 599 Euro investierten Gartenbesitzer im Vorjahr laut Trendstudie des Unternehmens Bellaflora
- Krisensicher: In einer Studie des Gartengeräteherstellers Gardena gaben 68 Prozent der Befragten an, dass Garten, Balkon und Terrasse angesichts aktueller Krisen an Bedeutung gewinnen.
- 4,2 Stunden verbringen Gartenbesitzer laut Bellaflora-Trendstudie im Frühling pro Tag im Garten
- 84 Prozent der Befragten betrachten demnach ihr persönliches Grün als Rückzugsort. 66 Prozent sehen den Garten als erweitertes Esszimmer und für 60 Prozent ist der Garten sozialer Treffpunkt
- Teuerung und Inflation Laut der Bellaflora-Umfrage wird am meisten bei Bekleidung und Urlaub gespart, wenn das Geld knapp wird. Die Gartenausgaben werden hingegen nur leicht reduziert
Aus für "Gärten des Grauens"
Felsenfest halten sich Steingärten rund um Häuser. Manche lieben es, wenn Schotter das Gefühl von Aufgeräumtheit vermittelt. Das ärgert Ästheten, Naturliebhaber und Insektenfreunde. „Gärten des Grauens“ hat der deutsche Biologe Ulf Soltau die „naturfeindlichen Psychopathengärten aller Art“ genannt und präsentiert sie auf einer Facebook-Seite.
Liebhaber dieser Gärten haben es zunehmend schwer. In der Schweiz will der Kanton Solothurn als erster Kanton ein Verbot einführen. Das hat das Parlament vergangenen Dienstag entschieden. „Das Anlegen von Stein- und Schottergärten, die nicht als anrechenbare Grünfläche gelten, ist untersagt“, heißt es laut SRF in der neuen Fassung der Bauverordnung. Bestehende Gärten sind nicht betroffen. Gegen die Entscheidung kann noch ein Referendum angestrengt werden.
In Deutschland haben bereits einige Kommunen neuen Steingärten einen Riegel vorgeschoben. In Baden-Württemberg sind Schottergärten auf Privatgrundstücken verboten. In Bayern können Gemeinden aus Gründen der Ortsgestaltung die Anlage von Steingärten und Kunstrasen verhindern.
Das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat ab dem Jahr 2024 sein Schottergarten-Verbot verschärft. „Damit wird es einerseits schwer werden, überhaupt noch neue Schottergärten anzulegen. Andererseits können Kommunen den Rückbau bestehender Schottergärten einfacher durchsetzen“, sagte Andrea Wegner von der Verbraucherzentrale NRW der Deutsche Presse-Agentur.
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