„Wenn du so etwas liest, dass du für jemanden die Nummer eins bist, ist das wie Balsam auf der Seele.“
Susanne M. zeigt ein Video, das ihr Major Klaus geschickt hat. Die Musik von einem ihrer Lieblingssänger, Andrea Bocelli, ist da zu hören. Zu sehen sind Bilder von ihr und von ihm. Auch „seine Tochter“ ist dabei. Eine richtige Familienidylle, so scheint es. „Es fühlte sich so wirklich an. Ich hatte Schmetterlinge im Bauch. Für kurze Zeit bin ich da richtig reingekippt.“
Die Fotos für das Video stammen von ihrem Facebook-Account. Wer er ist, weiß Susanne M. bis heute nicht. „Wenn du alleine bist, bist du für so etwas empfänglich. Es schmeichelt, wenn einem jemand so umgarnt und aufmerksam ist.“
Als „Liebesbeweis“ schickt ihr Major Klaus sechs Wochen nach dem Kennenlernen ein Packerl. „Der Zoll hat mich informiert, dass ich 30.000 Euro zahlen muss, damit ich das Paket übernehmen kann.“ Gleichzeitig trudelt ein Foto ein. Major Klaus sitzt vor einem Koffer mit Dollarscheinen. „Ich soll zahlen, hat er geschrieben, denn er kommt gerade nicht an das Geld.“
Schnell sind die Schmetterlinge weg. Susanne M. dämmert es, wen sie da kennengelernt hat. Gezahlt hat sie nicht. „Ich hab’ gesagt beim Geld hört die Freundschaft auf.“
Major Klaus probiert immer wieder, sie telefonisch zu erreichen. Und er droht ihr. „Ich weiß, wo du wohnst.“ Seither ist Susanne M. vorsichtig geworden. Was geblieben ist, ist eine Ernüchterung und die Gewissheit: „Geliebt hat er mich nicht.“
Susanne M. ist kein Einzelfall. Die Fälle von sogenanntem Love- oder Romance Scam (siehe Zusatzbericht) sind stark im Steigen, sagt Julia Krickl von der Informationsplattform der Ombudsstelle watchlist-internet.at. Das Motiv, warum sich Betrüger in Chats, sozialen Medien oder Online-Partnerbörsen das Vertrauen ihres virtuellen Gegenübers erschleichen, ist klar: „Es geht immer ums Geld“, sagt Krickl. Nachdem die Täter das Vertrauen ihrer Opfer gewonnen haben, fordern sie sie auf, Geld zu überweisen oder Gutscheine zu schicken. „Eine ganz neue Spielart sind die Krypto-Love-Scams. Dabei werden die Betroffenen dazu verleitet, angeblich in Krypto-Währungen zu investieren, dabei verlieren sie dann wahnsinnig viel Geld.“
Diese Form des Betrugs geht von Südostasien aus und wird „industriell betrieben“, weiß Krickl. Es ist nicht die eine Person, mit der das Opfer kommuniziert. „Die einzelnen Fake-Profile werden meist von mehreren Personen betrieben. An ein falsches Profil zu gelangen, ist nicht schwer: „Schon um 100 Euro kann man das kaufen. Da werden Fotos in fast jeder Situation mitgeliefert.“
Die Täter werden immer professioneller, die Pandemie war ein „Feuerbeschleuniger“. Ratschläge, wie sich Internet-Nutzer schützen können, sind simpel: Gibt es auf dem Online-Profil der neuen Bekanntschaft nur wenige Informationen und sind die Nachrichten in holpriger Sprache verfasst, ist das verdächtig. „Und wenn schon nach kurzer Zeit von tiefen Gefühlen gesprochen wird, sollten die Alarmglocken läuten.“
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