Fest steht, dass die Gräben in der Gesellschaft immer tiefer werden. Die „Dachstein Dialoge“ wollen einen Gegenentwurf bieten. Wie?
Das Thema Toleranz wird immer härter angegriffen und wird gerade deswegen leider immer wichtiger. Wir wollen, dass Menschen neuen Ideen begegnen und miteinander ins Gespräch kommen. Wir wollen informieren, provozieren, nachdenklich machen.
Worum wird sich Ihr Vortrag drehen?
Darüber, wie offene, tolerante, demokratische Gesellschaften in schwierigen Zeiten möglich sind. Die Frage ist: Wie können wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie ist und nicht, wie wir sie gerne sehen möchten. Wir müssen uns mit Meinungen, die nicht unsere sind, auseinander setzen. Und mit Fakten, die wir nicht wahrhaben möchten. Denn das ist die Grundlage dafür, gute Entscheidungen zu treffen.
Das hört sich zwar schön an, doch meist erreicht man nur die, die ohnedies zustimmen. Was kann da ein Festival ausrichten?
Dieses Jahr sind wir noch ein sehr kleines Festival. Ab dem nächsten Jahr wird es aber ein Stipendiatenprogramm geben, um dem entgegenzuwirken, was Sie da ansprechen. Wir werden ein Dutzend Geschichte-Studenten aus Konfliktregionen aus der ganzen Welt einladen. Sie werden sechs Wochen lang am Dachstein wohnen und einen Kurs über Geschichte von Menschenrechten, Bürgerrechten und Toleranz absolvieren. Das können sie dann in ihrer Heimat im Unterricht vermitteln.
Und so etwas funktioniert?
Ja! Darum haben wir auch die indische Aktivistin Megha Malhotra aus Kalkutta eingeladen, deren Stiftung dieses Konzept mit pakistanischen und indischen Geschichte-Lehrern bereits umgesetzt hat. Und das war uns eine Inspiration.
Sie wollen also die Menschen in Krisenregionen erreichten?
Wir wollen beides tun: Wenn da ein Dutzend junger Menschen sechs Wochen am Dachstein lebt, wird das auch in der Region bei den Menschen mit denen sie zu tun haben, etwas ändern. Die jungen Leute werden außerdem unter der Leitung des Regisseurs Michael Sturminger ein Theaterstück über ihre Biografien erarbeiten. Das wird dann auch gezeigt.
Die „Dachstein Dialoge“ werden ausgerechnet am Wahlwochenende stattfinden. Ein Zufall?
Wir haben das Festival geplant, ehe der Wahltermin feststand. Natürlich ist es ein interessantes Zusammentreffen, weil es bewusst macht, wie wichtig es ist, über solche Dinge zu sprechen. Auch über ideologische Gräben hinweg. Wir müssen Entscheidungen in Sachen Klimawandel treffen und in Sachen neue strategische Ausrichtung in Europa. Wir können es uns nicht leisten, uns auf unsere Meinungshochburgen zurückzuziehen und zu sagen, alle Menschen, die nicht so denken wie ich, sind böse. Das Herz der Demokratie ist nicht, dass die Tugendhaften gewinnen und die Feinde verlieren. Der Kompromiss ist das Herz der Demokratie.
Die Dachstein Dialoge sind auf mehrer Jahre angelegt?
Wir reden über die ersten 100 Jahre (lacht). Im Ernst: So ein Festival braucht einige Jahre, um sich einzuführen. Wir haben ehrgeizige Pläne und wollen, dass es ein international erstklassiges Festival für Dialog und Diskurs wird.
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