„Cyber-Cobra“ stellte mehr als 5 Millionen Euro in Kryptos sicher

BESUCH DES CYBERCRIME COMPETENCE CENTERS DES BUNDESKRIMINALAMTES
Im Cybercrime-Competence-Center (C4) des Bundeskriminalamts sitzt die „Speerspitze der Polizei im Kampf gegen die Cyberkriminalität“. Ein Lokalaugenschein.

Eine 35-jährige Wiener Trafikantin starb 2021, nachdem sie ihr Ex-Partner mit Benzin übergossen und angezündet hatte. Dass der Täter mittlerweile zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, ist auch den Ermittlern des Cybercrime-Competence-Center (C4) des Bundeskriminalamts zu verdanken. Daten-Forensiker schafften es dort, Aufnahmen einer durch die Flammen stark beschädigten Überwachungskamera zu sichern. 

Es handelt sich bei Weitem nicht um den einzigen aufsehenerregenden Fall der Multimedia-Forensiker, die Profis darin sind, Videoaufnahmen und Fotos auszuwerten und daraus schlecht erkennbare Details hochzurechnen. Speziell bei unscharfen Fahrzeugkennzeichen hat diese Technik in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Täter überführt.

Dass technologische Fähigkeiten aus der Ermittlungsarbeit nicht mehr wegzudenken sind, zeigt sich im Cybercrime-Competence-Center in der Wiener Leopoldstadt aber noch in vielen anderen Bereichen. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) machte sich davon am Donnerstag selbst ein Bild. Im Zuge des Besuches hatten auch erstmals Medien Zutritt zum Arbeitsplatz der Cybercrime-Ermittler.

BESUCH DES CYBERCRIME COMPETENCE CENTERS DES BUNDESKRIMINALAMTES: HOLZER/KARNER/MITS

Karner hielt fest, dass es zuletzt ein Plus von 30 Prozent bei den Cybercrime-Anzeigen gab. Die Regierung habe daher in der Vorwoche im Ministerrat eine Verschärfung der Strafen für Cybercrime-Delikte beschlossen. „Dieser Bereich ist sehr, sehr vielfältig“, betonte der Innenminister. Dass teils immense Summen auf dem Spiel stehen, zeigte sich bereits wenig später.

Im Gang, vor den Büros jener Polizisten, die Crypto-Betrüger verfolgen, hängt ein großer Bildschirm. In dessen Mitte eine Zahl: 5,2 Millionen. Diese Eurosumme hat das Bundeskriminalamt seit 2017 in Kryptowährungen sichergestellt. Die bei diversen Fällen beschlagnahmten Gelder werden in eigens eingerichteten „Behördenwallets“, also digitalen Brieftaschen, sicher verwahrt.

Die Kriminalisten haben auf dem Bildschirm stets den aktuellen Kontostand dieser Konten im Blick. In mehreren Fällen konnte Geschädigten ihr Geld dank der Ermittlungsarbeit bereits zurücküberwiesen werden.

Internationale Kooperation

Andere Länder hätten sich in diesem Bereich bereits einiges von Österreich abgeschaut, erläuterte Klaus Mits, Abteilungsleiter Cyberkriminalität im BK. Federführend sei das Bundeskriminalamt zudem bei Ermittlungen im Darknet, wo selbst geschriebene Programme bereits ausländischen Behörden zur Verfügung gestellt wurden.

Generell wirken viele der Räumlichkeiten im Cybercrime-Competence-Center wie aus einem Spionagefilm. In einem eigenes eingerichteten Elektroniklabor stellt ein Beamter, den Abteilungsleiter Mits als Daniel Düsentrieb des Hauses bezeichnet, zerstörte technische Geräte wieder her. Von Tätern im Wasser versenkte oder mit dem Hammer zerschlagene Mobiltelefone noch auszulesen, ist eines seiner Spezialgebiete.

Ein paar Türen weiter sitzen die Kfz-Forensiker, die, wenn sie nicht gerade in der Werkstatt im Untergeschoß schrauben, Bewegungsdaten von Autos analysieren und so die Wege Krimineller nachzeichnen.

Das C4, das derzeit 90 Mitarbeiter umfasst und auch als „Cyber-Cobra“ bezeichnet wird, soll schon bald kräftig wachsen. Laut BK-Direktor Andreas Holzer werde man auf 128 Personen aufstocken. Diese dürfte es brauchen, denn wie die unlängst veröffentliche Kriminalstatistik zeigt, haben sich allein während Corona die Internet-Delikte von 28.000 auf 60.000 Anzeigen mehr als verdoppelt.

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