"Keine Angst"
Jungpfarrer Afrem Kourieh erwähnte die Terrorgefahr während der Messe mit keinem Wort. Erst danach fand er deutliche Worte: "Uns macht man mit sowas keine Angst. Man muss sich nur überlegen, woher die Menschen in unserer Gemeinde kommen. Ich selbst bin in Syrien geboren, war 16 Jahre Geistlicher im Libanon. Dort muss man sich bei solchen Drohungen Sorgen machen."
Auch die Kirchenbesucher hätten sich weder von dem Polizeiaufgebot noch von den angeblichen Anschlagsplänen verängstigen lassen. Dass nicht mehr Menschen zur Messe erscheinen, sei unter der Woche und in der Fastenzeit nicht ungewöhnlich und habe nichts mit der aktuellen Situation zu tun.
Die Polizei, die bereits am Mittwochvormittag in der Kirche war, um sich zu informieren, wann Messen stattfinden, wird laut dem stellvertretenden Obmann der syrisch-orthodoxen Kirche Österreichs, Jonathan Gabriel, zumindest am Donnerstag erneut vor Ort sein, um die Gemeinde zu beschützen.
Die Wiener Polizei gab in diesem Zusammenhang bisher nur bekannt, dass die Anschlagsgefahr gegen religiöse Einrichtungen in der Bundeshauptstadt am Donnerstag weiterhin besteht. Präventive Maßnahmen würden auch am Donnerstag stattfinden. Aus der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) kam zudem der Hinweis, dass sich die Aufmerksamkeit der Behörden auf syrische Einrichtungen konzentriere.
Bei den Gläubigen selbst spielt die Einschätzung der Ermittler am Mittwochabend nur bedingt eine Rolle: "Wenn ich bei Gott bin, kann mir nichts passieren. Wenn ich hier im Gebet bin, bin ich mit Gott. Selbst, wenn ich sterbe, habe ich hier keine Angst davor", erzählte Kirchengeherin Seham S. als sie nach der Messe schnellen Schrittes das gepanzerte Fahrzeug der WEGA passierte.
Beleidigungen in der U-Bahn
Die 54-jährige, die seit 34 Jahren in Österreich lebt, ist mit ihrer Schwiegermutter hier. Die alte, gebückt gehende Frau hat ebenso aus den Nachrichten von der Anschlagswarnung erfahren, die Messe zu besuchen, wollte sie sich dennoch nicht nehmen lassen.
Dass jemand zu so einer Attacke im Stande sein könnte, halten die beiden Frauen für möglich: "Ich verstehe arabisch. In der U-Bahn höre ich immer öfter junge Männer abfällig und beleidigend über 'Ungläubige' reden", meint die Jüngere der beiden mit einem Kopfschütteln, ehe sie mit ihrer Begleiterin in einen Bus steigt.
Im Inneren der Kirche dreht Afrem Kourieh, der seit vier Jahren in Österreich lebt und arbeitet, wenig später das Licht ab. Davor schweift sein Blick noch ein letztes Mal in Richtung des prunkvollen, goldenen Altars. Dann sagt er: "Attentate auf Kirchen werden nie vorher angekündigt. Bei uns gibt die Redewendung, dass Hunde, die laut bellen, nicht beißen."
Darauf kann sich die Polizei, die kurz nach Ende der Messe ebenfalls aufbrach, jedoch nicht verlassen. Solange es keine eindeutige Entwarnung gibt, werden die Beamten wohl weiterhin vor dem Kirche patrouillieren.
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