Corona-Krise: Die Trockenlegung der Zweitwohnsitze
Zu Ostern werden Zweithaus-Besitzer auf dem Strombadareal in Kritzendorf (Stadt Klosterneuburg) wohl auf dem Trockenen sitzen. Nicht etwa, weil die Donau wegen der Trockenheit zu wenig Wasser führt. Nicht, weil Getränke im Supermarkt ausgehamstert sind. Sondern, weil Klosterneuburg das Rad zur Wasserversorgung – wie jedes Jahr – noch nicht aufgedreht hat. Und diesmal wegen der Corona-Krise sogar länger zugedreht lassen wollte.
Wie in vielen anderen Gemeinden ist man unsicher, wie man mit Zweitwohnsitzern umgehen soll. Vor allem wegen der Angst, das Virus könnte durch diese eingeschleppt werden. Daher wollte der Krisenstab Klosterneuburgs die Saison für die Pächter beim Strombad – es sind großteils Wiener – erst Ende April beginnen lassen.
Das sorgte aber für einen Aufschrei unter den Pächtern, die im Verein Donausiedlung Kritzendorf (VDK) organisiert sind. Obfrau Claudia Vaca kann das nicht nachvollziehen: „Jeder ist so vernünftig, dass er in seinem Garten bleibt.“ Außerdem möchte sie, dass es klar geregelt ist, dass man sich ins Refugium an der Donau zurückziehen kann: „Weil ich möchte nicht schon die Polizei im Nacken spüren, wenn ich in meinem Garten in der Sonne sitze.“
Keine Spielverderber
Und jetzt sieht es so aus, als würde die Stadt doch etwas zurückrudern. Immerhin hätten sich am Montag die Vorgaben des Bunds geändert, meint Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager (ÖVP). Und wenn das jetzt so sei, „dann wollen wir nicht der große Spaßverderber sein und unnötig Stress und Druck erzeugen“. Er hat für heute, Dienstag, den Krisenstab der Stadt einberufen, um das Thema noch einmal zu diskutieren. Wobei er davon ausgeht, dass die Wasserversorgung gemäß der Pachtverträge am 15. April aufgedreht werden wird.
Aufregung auch an einem weiteren beliebten Rückzugsort der Wiener. Am Wochenende ist ein Schreiben von vier Bürgermeistern aus dem Ausseer Land in den sozialen Netzwerken aufgetaucht. Sie beklagten , man habe mit großer Besorgnis festgestellt, „dass sich vermehrt Zweitwohnungsbesitzer und Tagestouristen im steirischen Salzkammergut aufhalten“.
Diese „Gäste“ würden sich den örtlichen Vorgaben und den Anordnungen der Bundesregierung widersetzen. Und sie müssten sich entscheiden, ob sie diese Krise an ihrem Haupt- oder Zweitwohnsitz durchstehen wollen.
Rein rechtlich ist die Lage klar. Denn Fahrten zum Zweitwohnsitz sind erlaubt – sofern die Gemeinde nicht unter Quarantäne steht.
Der danach gescholtene Initiator Klaus Neuper – er ist Bürgermeister von Bad Mitterndorf – steht nach wie vor zu dem Schreiben: „Praktisch auf der ganzen Welt ist die Reisetätigkeit zum Erliegen gekommen, nur Zweitwohnsitzer haben nach wie vor keine Einschränkungen. Es geht nicht darum, uns vor denen zu schützen, sondern auch umgekehrt.“ Die Idee des Briefs sei richtig gewesen. „Der einzige Fehler war, dass er in den sozialen Netzwerken gelandet ist. Es ist ein Hilferuf an die Verantwortungsträger, in diesem Bereich auch eine gesetzliche Grundlage zu schaffen.“
Schon zufrieden
Und das Ganze sei nicht notwendig gewesen. Wenn der steirische Landeshauptmann dasselbe wie sein oberösterreichischer Amtskollege Thomas Stelzer getan hätte, der die Zweitwohnsitzer ebenfalls gebeten hat, zu Hause zu bleiben, wäre er zufrieden.
Nutzung: Die größte Anzahl an Nebenwohnsitzen gibt es in Niederösterreich. Danach folgen Wien und Oberösterreich.
3,89 Millionen Hauptwohnsitze gab es in Österreich laut Statistik Austria im Jahr 2017.
1,2 Millionen Nebenwohnsitze gab es in Österreich.
147,3 Nebenwohnsitze kommen etwa in der Gemeinde Semmering auf 100 Einwohner.
In den Salzburger Quarantäne-Gemeinden sorgten vergangene Woche ebenfalls Autokennzeichen von außerhalb für Ärger. Daraufhin adaptierte das Land die Verordnung. In den betreffenden Orten ist die Zufahrt zu Nebenwohnsitzen nun verboten. Es wurde auch überlegt, dieses Verbot auf das ganze Land auszudehnen, meinte Landeshauptmann Wilfried Haslauer. Das sei aber aus administrativen Gründen nicht erfolgt.
In Tirol sieht der Landeshauptmann Günther Platter nach dem Ende der Selbstisolation noch keine Probleme. Allerdings kann es noch spannend werden. Und zwar in Hinblick auf den Bezirk Kitzbühel, der bei vielen Deutschen beliebt ist und nahe München liegt.
Steine und Schimpfwörter
Sogar mit Steinen sollen sie beschossen worden sein, die ortsfremden Autos. Den Menschen, die nach Ausbruch der Corona-Krise zu Zweitwohnsitzen in den deutschen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein fahren wollten, drohte laut der "Frankfurter Allgemeinen" (FAZ) ziemliches Ungemach.
In den – gerade bei Reichen sehr beliebten – Bundesländern mit Küstenidylle sind seit 19. März „touristische Reisen aus privatem Anlass“ untersagt. Das gilt auch für die Nebenwohnsitze. Was bei den Besitzern nicht nur auf Verständnis stößt. Immerhin zahlen sie vielerorts stattliche Zweitwohnsteuern.
Auch in Frankreich soll es zu unschönen Szenen gekommen sein. Noch bevor am 17. März eine Ausgangssperre verhängt wurde, machten sich viele zu ihren Zweitwohnsitzen auf, viele mit dem Zug. Und das waren gerade im Großraum Paris nicht wenige, ist Frankreich doch mit 3,5 Millionen Zweitresidenzen internationaler Spitzenreiter. In der Bahn sollen Menschen offen angefeindet worden sein.
Die Stimmung ist auch im Großraum New York City aufgeheizt. Die Bewohner der Hamptons, dem Refugium reicher Städter, würden gerne auf deren Besuch verzichten. Diese kauften Supermärkte und Kühlschrank-Händler leer. Und offenbar brachten sie das Virus mit an die langen Sandstrände – die dortigen Spitäler sind völlig überlastet.
Und die Verwaltung von Delaware (nicht der Bundesstaat, sondern ein gleichnamiges County im Südosten des Staates New York) macht, wie die FAZ berichtet, überhaupt klar: „Reise nicht hierher, weder von einem anderen County noch von den fünf New Yorker Bezirken.“
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