3-G-Check: Corona-Kontrollen in der Gastro oft viel zu lasch
Charmant ist sie ja, die sprichwörtliche österreichische Gemütlichkeit. Dass sie sich auch im zweiten Sommer der Corona-Pandemie in der Gastronomie (wo, wenn nicht dort?) breitmacht, birgt aber auch Gefahren: Bei der Kontrolle der 3-G-Regeln hat sich ein Schlendrian eingeschlichen, bei der Gästeregistrierung gilt Ähnliches.
Ob ihre Kunden tatsächlich geimpft, genesen oder getestet sind, das wird in den Kaffee- und Wirtshäusern immer seltener kontrolliert. Das ist zumindest der Eindruck vieler Österreicherinnen und Österreicher.
Ganz so falsch dürften sie in ihrem Gefühl nicht liegen. Das ergab auch ein KURIER-Lokalaugenschein in Dutzenden Lokalen in Wien und den Bundesländern: Zwar meint es so mancher Wirt ernst mit den Kontrollen, zu denen er per Verordnung verpflichtet ist – in mindestens der Hälfte aller Stichproben ist das aber nicht der Fall.
Die Bandbreite der Nachlässigkeit ist dabei groß: In so mancher Gaststätte wird gar nicht nach einem 3-G-Nachweis gefragt. Andernorts fällt der Blick auf die Dokumente so kurz und oberflächlich aus, dass der Zutritt auch mit längst abgelaufenem Test möglich ist. Am Eingang aufgebaute Zutrittskontrollen sind oft lasch und lückenhaft. Wer rasch daran vorbeischlüpfen will, der schafft das zumeist auch.
Ärger über die Regierung
Und wieder anderswo kokettiert man gar mit dem Regelbruch: Wer seinen Impfpass oder sein Testzertifikat vorzeigen will, wird mit einer knappen Handbewegung gestoppt: „Interessiert uns nicht“ oder „Ja, wird schon passen“. So oder so ähnlich lauten die freundlicheren Antworten. Oft schwingt auch Verärgerung über die Regeln mit, deren Überprüfung die Bundesregierung den Wirten überantwortet hat.
In dem einen oder anderen Urlaubsort haben Einheimische gar gute „Tipps“ parat, wo man „spontan“ auch ungetestet „auf einen Drink gehen“ könne.
Der KURIER hat bei den Tests die Verantwortlichen zur Rede gestellt. Die Antworten gleichen einander stark – und veranschaulichen die eingangs erwähnte Gemütlichkeit. „Normalerweise frage ich immer“, sagt eine Kellnerin in der Wiener Innenstadt und blickt entschuldigend. „Meine Schicht hat gerade erst begonnen, Sie sind mein erster Kunde“, erklärt ein anderer.
Und natürlich ist der Gast zwar König – ein bisschen Mitschuld darf er aber trotzdem tragen: „Eigentlich zeigen das die Gäste immer von selbst vor“, meint ein Kellner in vorwurfsvollem Ton.
Bloß anekdotische Evidenz? Nein, nicht unbedingt. Auch die behördlichen Kontrollen, die seit 19. Mai fast überall laufen, zeigen Verfehlungen auf.
In Wien etwa wurden (Stand Ende der Vorwoche) exakt 1.963 Kontrollen durchgeführt. Worauf die Kontrollore schauen? Etwa, ob Hygienevorschriften eingehalten, die 3-G-Nachweise überprüft und Sperrstunden eingehalten werden. Aber auch, ob der Mindestabstand gewahrt wird und der Barbetrieb eingestellt ist.
Das Ergebnis: 418 Anzeigen und Organmandate, rund 190 davon wegen Verstößen gegen Corona-Bestimmungen. Die Dunkelziffer ist freilich höher, viele Nachlässigkeiten lassen sich durch die Kontrollore nachträglich nicht feststellen. Manchmal wurde auch hart durchgegriffen: In 35 Fällen lösten die Behörden ganze Veranstaltungen auf.
Andere Städte – etwa St. Pölten, Salzburg und Linz – wollen oder können keine Zahlen nennen. Aber die Entwicklung bestätigen auch sie: Man habe den Eindruck, dass mit den zunehmenden Öffnungsschritten „freier und liberaler“ mit 3-G umgegangen werde, heißt es (leicht euphemistisch) aus Linz. „Während zu Beginn der Gast automatisch seinen 3-G-Nachweis herzeigte, versuchen es nun immer mehr ohne.“
Ärztekammer warnt
Die Ärztekammer warnt: Man beobachte einen „sorglosen Umgang“ mit der Regel, sagt Präsident Thomas Szekeres. Dies sei „höchst alarmierend“. Er fordert alle Branchen – explizit nennt er die Gastro – auf, besser zu kontrollieren. Man dürfe „den Fortschritt in der Pandemiebekämpfung nicht mutwillig verspielen“.
Mario Pulker, Gastro-Obmann in der Wirtschaftskammer, verwehrt sich gegen „unfaire Pauschalurteile“. Dass „manche Kellner im Stress im Freien vielleicht vergessen, jeden zu überprüfen“, räumt er im KURIER-Gespräch aber ein.
Versöhnlicher Schluss: Nicht überall wird geschlampt. Manche Wirte gleichen Test- und Impfnachweise gar mit dem Lichtbildausweis ab. Auch in den Freibädern ist man bei den Kontrollen (vor und im Bad) quer durch alle Länder streng.
Und: Mancherorts regt der Umgang mit den Regeln auch zum Schmunzeln an. So wie in jenem oberösterreichischen Gasthaus, in dem niemand im Dorf kontrolliert wird – bis auf den unbeliebten Bürgermeister, der ob seines fehlenden Tests letztens nach Hause geschickt wurde. Auch das: herrlich österreichisch.
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