Mehr als 100.000 Menschen feierten am Freitag in Tel Aviv die Pride-Parade, eines der wichtigsten Ereignisse der LGBTIQ-Community. Es war die erste Großveranstaltung seit Beginn der Pandemie in Israel. Im dichten Gewühl an Feiernden an der Strandpromenade wirkte es, als hätte man Corona schon vergessen. Alle Maßnahmen waren vor Wochen aufgehoben worden.
Am Tag der Parade aber verhängte die neue israelische Regierung – ohne große Ankündigung – wieder eine Maskenpflicht in Innenräumen. Ein Rückschritt, den die Israelis noch verkraften können. Was das Land im Nahen Osten mehr schmerzt: Das Einreiseverbot für Touristen, das am 1. Juli hätte fallen sollen, wurde bis 1. August verlängert. Voraussichtlich. Weitere Verschärfungen, etwa bei der Maskenpflicht, sind nicht ausgeschlossen.
Die Delta-Mutante bereitet dem „Impfweltmeister“ größte Sorge. Und obwohl Israel in Sachen Corona-Strategie als großes Vorbild für Österreich gilt, geht man jetzt offenbar getrennte Wege: Israel verschärft, Österreich will ab 1. Juli lockern. Wie berichtet, soll die Maskenpflicht überall da, wo die 3-G-Regel gilt (geimpft, genesen, getestet), fallen.
55 Prozent vollimmunisiert
In Israel waren Anfang Juni praktisch alle Maßnahmen aufgehoben worden, als es pro Tag nur noch zehn bis 20 neue Infektionsfälle gab. In der vergangenen Woche waren es wieder mehr als 100 pro Tag, am Sonntag sogar mehr als 200 neue Fälle – großteils mit der Delta-Variante.
Gebaut hatte man auf die hohe Durchimpfungsrate: 55 Prozent der israelischen Bevölkerung ab 18 Jahren sind zweifach geimpft (Österreich: 37,3 Prozent). Delta scheint vor der Impfung aber nur bedingt halt zu machen: Laut dem israelischen Gesundheitsministerium ist fast jeder dritte Neuinfizierte eigentlich vollimmunisiert.
Die gute Nachricht: Bei Geimpften sind keine schweren Verläufe bekannt, und als Verbreitungsherde wurden bereits die Schulen identifiziert. Vermutet wird, dass Kinder, die mit ihren (geimpften) Eltern im Ausland waren, die Variante eingeschleppt haben. Zum Start der Sommerferien diese Woche sagt Ministerpräsident Naftali Bennett: „Ich bitte alle, die nicht ins Ausland reisen müssen, dies nicht zu tun.“ Nachsatz: „Das ist kein Befehl, sondern eine Bitte.“
Auch Australien verschärft
Die Delta-Variante ist inzwischen auch in Australien angekommen – ein Kontinent, der die Pandemie bisher gut eindämmen konnte. Auch jetzt wird hart durchgegriffen: Sydney, die größte Stadt Australiens, und das Umland inklusive der nahe gelegenen Küstengemeinden ist seit Samstag für mindestens zwei Wochen abgeriegelt. Mehr als fünf Millionen Menschen sind davon betroffen.
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