Thomas Schmid hat ausgepackt und will Kronzeuge werden

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Knalleffekt im Casag-Verfahren um die Chatprotokolle. Vertrauter von Ex-Kanzler Sebastian Kurz wurde 15 Tage einvernommen. Das sagt Schmids neuer Anwalt zum KURIER.

Die zentrale Figur zahlreicher Regierungsaffären, der frühere ÖBAG-Chef und Ex-Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid, will Kronzeugenstatus erhalten. "Im Zuge dieser Ermittlungen ist MMag. Thomas SCHMID im April 2022 mit dem Wunsch, zu kooperieren und einen Kronzeugenstatus zu erlangen, an die WKStA herangetreten", heißt es in einer Aussendung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Sie teilt dazu weiter mit:

"In diesem Zusammenhang haben seit Juni 2022 bei der WKStA insgesamt 15 ganztägige Vernehmungen stattgefunden, anlässlich derer der Beschuldigte umfassend befragt wurde.
Aufgrund der möglichen Ermittlungsgefährdung waren die Vernehmungsprotokolle bisher von der Akteneinsicht ausgenommen. Nunmehr wurden diese zum Akt genommen, wodurch sie auch den übrigen Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis gelangen. Ein formeller Kronzeugenantrag wurde bisher nicht gestellt. Im weiteren Verfahren werden die durch die Vernehmungen gewonnen Informationen geprüft und allfällig weitere darauf fokussierte Ermittlungen durchgeführt."

Vertrauter von Sebastian Kurz

Seit bald drei Jahren werten die Oberstaatsanwälte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine Schatzkammer in Form einer Festplatte aus. Diese Festplatte hat Thomas Schmids Daten von seinem Handy "gespiegelt". Schmid war einst ÖVP-Pressesprecher, im Finanzministerium stieg er bis zum Kabinettschef auf, 2015 übernahm er dort zusätzlich die Funktion des Generalsekretärs. Und er galt als enger Vertrauter des ehemaligen österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz.

Thomas Schmid hat ausgepackt und will Kronzeuge werden

Kurz stolperte über Chatprotokolle

Zufallsfund Festplatte

300.000 Chats der vergangenen Jahre sind auf der Festplatte abgespeichert. Sie halten die Republik seither in Atem und brachten auch Kurz als Kanzler zu Fall.

Im Casag-Verfahren sind alle Ermittlungsstränge zusammengefasst, die sich aus dem Ibiza-Video ergeben haben. Darunter etwa die Casinos-Ermittlungen oder auch die Ermittlungen zum sogenannten "Beinschab-Tool" bzw. der ÖVP-Inseratenaffäre. Die WKStA führt in diesem Zusammenhang gegen rund 45 Beschuldigte (natürliche Personen und Verbände) Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue, der falschen Beweisaussage, des Missbrauchs der Amtsgewalt, der Bestechlichkeit, der Bestechung und der Verletzung des Amtsgeheimnisses in unterschiedlichen Beteiligungsformen.

Zwei Hausdurchsuchungen

Am Dienstag gab es deshalb auch zwei weitere Hausdurchsuchungen. Die WKStA dazu: "Diesen Ermittlungen liegt einerseits der Verdacht der Bestechung gemäß § 307 Abs 1 und Abs 2 StGB bzw. Bestechlichkeit gemäß § 304 Abs 1 und Abs 2 StGB sowie des Missbrauchs
der Amtsgewalt in unterschiedlichen Beteiligungsformen gegen zwei Beschuldigte zugrunde. Demnach soll im Zeitraum 2016 bis 2018 ein österreichischer Unternehmer dem damaligen Generalsekretär des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) für die parteiische Unterstützung im Steuerprüfungsverfahren seines Konzerns einen Vorteil, nämlich eine gut bezahlte Führungsposition in diesem Konzern, angeboten haben, damit es zu keiner oder einer möglichst geringen Abgabenfestsetzung kommt."

Untreue-Verdacht

"Andererseits wird gegen drei Beschuldigte wegen des Vorwurfs der Untreue in unterschiedlichen Beteiligungsformen ermittelt. Gegenstand dieser Ermittlungen ist der Verdacht, dass im Jahr 2017 der Generalsekretär und ein weiterer Verantwortlicher des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) budgetäre Mittel zur Finanzierung von parteipolitisch motivierten Beratungskosten eines Consulting-Unternehmens zur Vorbereitung von bevorstehenden Koalitionsverhandlungen im Interesse einer politischen Partei verwendet haben." Das teile die WKStA mit.

Das sagt Schmids neuer Anwalt

Der ehemalige ÖBAG-Chef hat anscheinend schon vor längerer Zeit einen neuen Strafverteidiger engagiert, nämlich Roland Kier aus der Kanzlei Soyer Kier Stuefer. Doch sein Rechtsvertreter gibt sich auf Fragen nach dem angepeilten Kronzeugenstatus zugeknöpft. "Herr Schmid hat mir in dieser Causa gesagt, ich darf mit niemanden über irgend etwas reden. Ich muss mich daran halten. Deshalb sage ich gar nichts dazu", sagt Kier zum KURIER. "Es soll alles im Verfahren geklärt werden und nicht über die Medien."

Beinschab bereits Kronzeugin

Indes hat die in der ÖVP-Inseratenaffäre beschuldigte Meinungsforscherin Sabine Beinschab bereits einen Kronzeugenstatus erhalten. Sie hat umfangreich bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ausgepackt und den Strafverfolgern neue Informationen geliefert. Das sind Grundvoraussetzungen für einen Kronzeugenstatus. Die WKStA ist von der Verfolgung Beinschabs vorläufig zurückgetreten. Beinschab könnte aufgrund ihres Kronzeugen-Status damit straffrei aus der ÖVP-Inseratenaffäre gehen.

FPÖ gegen Kronzeugenstatus

Als Christian Hafenecker (FPÖ) Mittwochnachmittag recht kurzfristig zu einem Pressegespräch lud, da sprach er von "drei Geschenken", die Kanzler Karl Nehammer an diesem "ereignisreichen Tag" bekommen hat. Der Fraktionsführer der FPÖ im U-Ausschuss meinte das natürlich alles andere als ernst, sondern eher zynisch.

Aber was waren sie, die drei Geschenke? Es gab eine Hausdurchsuchung bei einem bekannten Unternehmer, eine bei einer ÖVP-Beraterin - "und Thomas Schmid hat erklärt, dass er Kronzeuge werden will." Für den Freiheitlichen ist Schmid der "Chronist der ÖVP" - "immerhin hat der 300.000 Chats verfasst bzw. an ihnen mitgewirkt." Doch obwohl oder gerade weil Schmid der WKStA bereits 15 Mal für Einvernahmen zur Verfügung stand, ist er zumindest für Hafenecker so gar nicht geeignet, Kronzeuge sein zu dürfen.

Hafenecker ärgert, dass die Justiz den ehemaligen Generalsekretär im Finanzministerium zwar eingehend befragen durfte, Schmid dem U-Ausschuss bislang aber nicht Rede und Antwort stand. "Kronzeuge kann meines Erachtens nur ein Geläuterter sein - und niemand, der dem Parlament auf der Nase herumtanzt."

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